Diese Geschichte stellt einen bescheidenen Versuch meinerseits dar, kleinere logische Fehler im Hintergrundwissen rund um das X-Universum zu erklären. Ich habe mich dabei bemüht, trotzdem so nah wie möglich an den Originalinformationen zu bleiben, aber ein klein wenig werde ich die Wahrheit dafür vermutlich, sagen wir, 'zurechtbiegen' müssen.
Ich gebe zu, sonderlich originell ist die Grundidee meiner Geschichte nicht, ich halte es deswegen für gut möglich, dass sie von irgendjemandem in einer Story oder Aufwändigerem (*angstvoller Blick in die Modder-Ecke*) schon einmal aufgegriffen wurde. Bitte nicht gleich "Plagiat" schreien - ich kann nicht alle Storys oder Mods kennen (von letzteren kenne ich gar nichts...) und ich wollte garantiert kein Plagiat schaffen oder Ideenklau betreiben.

Ein letzter Hinweis vorneweg: ich kann mit der Zura-Zeitrechnung nicht allzuviel anfangen, deswegen werde ich unsere herkömmliche terranische Zeitrechnung verwenden.
So, genug Geschwafel. Fangen wir endlich an...
Prolog
"Herzlich Willkommen zu einer neuen Sendung von Argon Today! Wir schreiben den 24. Januar 768 und dies sind die Nachrichten des Tages.
Heute nachmittag um 14:00 Standardzeit hat der Pontifex Maximus Paranidia die Schließung aller Sprungverbindungen in die paranidischen Sektoren verfügt. Der Erlass wurde mit der Absicht begründet, geheime Waffenlieferungen von "dem heiligen Xaar feindlichen Mächten" in die von den Rebellen kontrollierten Sektoren zu unterbinden. Damit erreicht der Konflikt zwischen den regierungstreuen Truppen des Priesterherzogs und den Gefolgsleuten des selbsternannten Propheten Moranckasset eine neue Dimension. Die Regierung der Föderation hat bei der paranidischen Botschaft eine offizielle Beschwerde eingereicht, war ansonsten auf unsere Anfrage hin jedoch zu keiner weiteren Stellungnahme bereit.
- Bei einem Überfall der Kha'ak auf das System Drei Welten wurden heute Morgen zwei boronische Frachter sowie drei Abfangjäger der Föderationsstreitkräfte zerstört. Wie die lokale Systemadministration mitteilte, kam es..."
Die Stimme der Nachrichtensprecherin wurde für einen kurzen Moment vom Geräusch einer zu Boden fallenden Bierflasche übertönt. Gelangweilt schaute Alan Yoshiro Tokugawa auf die am Boden liegende Flasche, deren Inhalt sich gerade großzügig über das ebenfalls am Boden liegende Kündigungsschreiben der TerraCorp verteilte. Mühevoll bückte er sich nach vorne, um Bierflasche und Kündigung aufzuheben. Fristlose Kündigung, stand da, wegen "unbefugten Eindringens in ein internes, der strengsten Geheimhaltung unterliegendes Firmennetzwerk", einmaliger Vorfall in der Geschichte der TerraCorp, rechtliche Konsequenzen zu erwarten, bla bla.
Mit der rechten Hand knüllte Tokugawa den Zettel ruckartig zusammen und warf ihn in Richtung Mülleimer. Natürlich traf er nicht. Dass er seine Neugierde aber auch nie zügeln konnte! Aber der Zugang, den er in diesem löchrigen Firewall entdeckt hatte, war einfach zu verlockend gewesen...
Mit Mühe richtete er sich auf und streckte sich, wobei seine Knochen laut und deutlich zu hören waren. Gut, er war trotz seines Talentes nicht gerade weit in der Hierarchie aufgestiegen, aber in welcher Firma war er das vorher sonst schon? Sonderlich viel Geld hatte er natürlich auch nie verdient. Deswegen hockte er hier auch noch in seinem kleinen Apartement auf Sunrise im Sektor Linie der Energie.
Tokugawa machte sich, motiviert durch lautes Bauchgrummeln, auf den Weg zum Kühlschrank, nahm ein Cahoona-Steak heraus und beförderte es schwungvoll in den Multifunktionsofen.
Eine Viertelstunde später befand sich das Cahoona-Steak in Alan Tokugawas Magen. Na, immerhin das erledigt. Jetzt noch...
Türklingeln.
Alan lief zur Tür und betätigte den Öffner. Draußen stand ein Mann mittleren Alters mit Vollbart und einer Kapuze über dem Kopf. "Sei gegrüßt! Spreche ich mit Alan Yoshiro Tokugawa?", fragte der Mann mit freundlicher, wohlklingender Stimme.
"Oh nein, nicht ihr Goner schon wieder! Habe ich euch nicht erst letzten Monat gesagt, dass ich keine Missionierung nötig habe? Andauernd werde ich wegen irgendeinem Müll genervt... sowas sollte man verbieten..."
"Warte doch, mein Freund! Ich bin nicht hier, um dich zu unserem Glauben zu bekehren - auch jetzt nicht, da wir endlich den Kontakt zu unserer Heimat wiederhergestellt haben. Darf ich eintreten?", fragte der ungebetene Besucher. Wie fast alle Goner pflegte er seine Mitmenschen permanent zu duzen.
Alan Tokugawas Gesichtsausdruck wechselte von "total genervt" auf "gelangweilt". "Na wenns denn sein muss..." antwortete er und trat ein wenig zur Seite, damit der Fremde eintreten konnte.
"Schöne... Wohnung hast du hier", meinte der Goner, während er sich in der Wohnung umsah und dabei den Bierfleck und die zwei Klamottenhügel auf dem Boden geflissentlich zu ignorieren versuchte. Sonderlich groß war das Apartement nicht, alle Küchenutensilien nahmen inklusive Ofen, Arbeitsfläche und Kühlschrank nur eine Ecke des Raumes ein, der offensichtlich gleichzeitig als Küche, Wohn- und auch Schlafzimmer herhalten musste. Der TV-Holoprojektor lief immer noch, wenngleich ArgoTV mittlerweile eine billige Show präsentierte, die man wohl schon vor Jahrhunderten großspurig als "Entertainmentfernsehen" angepriesen hätte. Alan ließ das Gerät allerdings laufen, er wollte dem Goner nicht das Gefühl geben, er würde hier den ganzen Abend mit ihm verbringen wollen.
"Na schön, jetzt sagen Sie mir erstmal wer Sie sind und was Sie ausgerechnet bei einem frischgebackenen Arbeitslosen wie mir wollen."
"Ähm ja, Verzeihung, natürlich möchte ich mich erst einmal vorstellen. Mein Name ist Jonas Parka und wie ich schon erwähnt habe, komme ich von den Gonern. Ich möchte dir ein Angebot machen."
Ich möchte dir ein Angebot machen. Klar doch! Einfach so! Alan machte ein ungläubiges Gesicht.
"Nein, nein. Die Gemeinschaft der Goner ist sehr an dir und deinen Fähigkeiten interessiert. Wir haben einige Nachforschungen über dich angestellt und glauben, dass du für uns sehr nützlich sein kannst. Du hast ja mit geradezu unglaublichen Ergebnissen Informatik, Robotik und höhere Mathematik an der Polytechnischen Akademie Trantor studiert..."
"...die ein knappes Jahr nach meinem Abschluss von den Kha'ak in einen rauchenden Aschehaufen verwandelt wurde. Schön, Mister Parka, dass Sie so viel über mich wissen. Und warum interessieren Sie sich so für mich? Ausgerechnet für mich?"
Der Goner grinste in fast schon unverschämter Manier. "Wir sind von deinen Fähigkeiten sehr beeindruckt, Alan. Eventuell hat auch dein Nachname etwas..."
"Fangen Sie bloß nicht damit an", seufzte Alan. "Ja, natürlich kommt der Name Tokugawa nicht von irgendwo, sondern von dem Ieyasu Tokugawa, der vor weiß Gott wie vielen Jahrhunderten Japan geeint und beherrscht hat. Mein Vater, die kami mögen ihn gut behandeln, war verrückt davon. Es hat nicht viel gefehlt und er hätte mir auch den Namen Ieyasu gegeben..." Alan schwieg eine Weile betreten, wodurch die Geräuschkulisse der schlechten HoloVid-Sendung für einige Sekunden wieder den Raum erobern konnte. Schließlich unterbrach Jason Parka das kurze Schweigen.
"Durch deine guten Abschlussergebnisse hast du das Interesse der Goner auf dich gezogen. Die Gemeinschaft der Glaubenden rekrutiert von Zeit zu Zeit äußerst begabte Nicht-Mitglieder, die für besondere Projekte herangezogen werden. Wir wollten erst ein mal deinen Charakter und deine Fähigkeiten genauestens überprüfen - aber ich muss sagen, du hast dich ausgezeichnet entwickelt." Dieser letzte Satz klang in Alans Ohren, als würde er ihn wie ein Argnu auf dem Bauernmarkt anpreisen. "Du wurdest zweimal, nennen wir es "unehrenhaft", entlassen - einmal vor drei Jahren bei der Jonferson Space Dynamics Division und jetzt bei der TerraCorp. Der Grund ist beide Male der gleiche: Eindringen in streng geheime Datennetzwerke. Bei der TerraCorp hast du dir ja mal ganz schön die Finger verbrannt, würde ich sagen..." Der Goner schaute ihn prüfend an, als würde er darauf warten, dass Alan selbst die Antwort geben würde, aber der war viel zu verdutzt, um irgendetwas zu sagen.
"Wir wissen alles, mein Freund. Angesichts deiner Neugier ist es überhaupt ein Wunder, dass die TerraCorp dich überhaupt noch eingestellt hat - na gut, die hatten auch keinen blassen Schimmer, warum du bei Jonferson gegangen wurdest. Was du in beiden Firmen in den Systemen gefunden hast, ist für uns nicht von Belang. Aber du hast bei der TerraCorp etwas weiterverfolgt, was für uns höchst interessant ist. Die TerraCorp hat dir angeboten, in ihren Diensten deine eigene Forschungsarbeit aus Universitätszeiten weiterzuverfolgen, nämlich die Erforschung der Sprungtortechnologie des Alten Volkes."
"Danke, das ist mehr als genug!" unterbrach Alan den Goner. Er war vollkommen fassungslos. Diese Kerle hatten sein gesamtes Leben seit seinem Universitätsabschluss permanent beschattet! Da war es absolut kein Wunder, dass sie wussten, dass er eine nicht zu bändigende Neugierde hatte, insbesondere in Bezug auf alles, was irgendwie mit Sprungtechnik zu tun hatte. Dummerweise war er bei der TerraCorp geflogen, bevor er wesentlich an seiner Arbeit weiterforschen konnte.
"Schön, Sie wissen alles über mich! Und jetzt? was wollen Sie von mir? Was wollen die Goner von mir? Oder...", Alans Augen verengten sich zu kleinen Schlitzen, "...sind Sie am Ende gar kein Goner?"
"Wir bieten dir an, an einem einzigartigen Projekt teilzuhaben, mein Freund."
"Beantworten Sie erst meine Frage!"
Jonas Parka wich erschrocken zurück. Erst zögerte er, dann griff er in seinen Mantel und nestelte dort ein wenig herum.
Alan Tokugawa riss die Augen auf und duckte sich reflexhaft. Unbegründet, wie sich schnell zeigte, denn sein Besucher zog keine Waffe aus dem Mantel, sondern einen kleine leuchtende Kugel, auf deren Oberfläche ein weithin bekanntes Symbol eingraviert war.
Ein offizielles Siegel des Obersten Rates der Goner!
"Ich hoffe, du glaubst mir jetzt endgültig, dass ich von höchster Stelle gesandt wurde. Unser Projekt ist von höchster Bedeutung für die Gemeinschaft der Goner. Deshalb suchen wir die fähigsten und talentiertesten Köpfe des bekannten Universums auf. Deshalb habe ich dich aufgesucht, Bruder. Was das Ziel des Projektes ist, kann ich dir hier und jetzt noch nicht verraten - es muss streng geheim bleiben, denn es könnte sein, dass wir, nun ja, eventuell Probleme bekommen könnten. Nur so viel - es ist sehr gut möglich, dass wir in der Anfangsphase stecken bleiben. Falls uns aber der Durchbruch gelingt, werden sich uns bisher ungeahnte Möglichkeiten eröffnen, gleichzeitig könnte es aber auch für uns alle sehr gefährlich werden. Und falls du zusagst, werden wir dich wahrscheinlich für Wochen oder Monate, im schlimmsten Fall vielleicht sogar Jahre nicht mehr nach Hause zurückkehren lassen können, wegen der Geheimhaltung. Aber wir verfolgen ein lohnendes Ziel, und sollten wir erfolgreich sein, so wird es sich auch für dich lohnen: die Erfolgsprämie beträgt nicht weniger als zehn Millionen Credits pro Mann und Nase."
Schweigen herrschte im Raum. Alan Yoshiro Tokugawa schritt nachdenklich und langsam durch den Raum, während der Goner auf seinem Platz stehen blieb. Alan öffnete die Tür zum kleinen Balkon. Er ging hinaus und betrachtete eine Weile den Sternenhimmel. Er ging wieder hinein und betrachtete eine Weile den Bierfleck und die Klamottenhaufen. Dann drängte sich der HoloVid-Projektor wieder in sein Gedächtnis. Im Moment beteuerte einer der Gäste der Entertainmentshow mit leicht irrsinnigen Blick, dass er von einem mysteriösen UFO entführt und auf einer Reise quer durch das ganze Universum mitgenommen worden sei, worauf der Moderator mit verständnisvollem Blick nickte.
Das gab Alan Tokugawa den letzten nötigen Anstoß.
"Ich machs."
"Gut", meinte der Goner nur. "Wir brechen am besten so schnell wie möglich auf. Pack die wichtigsten Dinge ein, wir müssen uns heute noch auf den Weg machen!"
Alan tat, wie ihm geheißen, und folgte dem Goner hinaus in die Nacht.