Gib Mir Die Welt Plus 5%
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Fabian fühlte sich großartig als er seine Rede für den nächsten Tag vorbereitete. Sein Traum von Prestige und Macht wurde endlich Wirklichkeit. Sein Beruf als Goldschmied stellte ihn nicht länger zufrieden, er brauchte eine Herausforderung, mehr Aufregung in seinem Leben und endlich wurde sein Plan Realität. Seit Generationen war das Tauschen von Waren die gängige Art des Handels. Eine Familie lebte davon, sich auf bestimmte Wa-ren zu spezialisieren und den eventuellen Überschuß wiederum als Gewinn mit Waren eines anderen Händlers auszutauschen. Der Marktplatz war laut und staubig und die Marktschreier in ihrem Element. Dem Volk gefiel das Treiben, es war immer interessant und gab viel Neues zu hören. In letzter Zeit allerdings nahm der Umtrieb zu und Streitigkeiten wurden zur Regel - ein neues System war nötig! In jeder Gemeinde gab es einen Bürgerrat, der dafür sorgte, daß den Bürgern Selbstverwaltung und Freiheit gewährleistet war. Nie-mand konnte zu etwas gezwungen werden was gegen den eigenen Willen war. Das allein war die Pflicht des Bürgerrates und der Bürgermeister wurde demokratisch gewählt.
Dennoch war der Bürgermeister manchen Situationen nicht gewachsen, insbesondere wenn es darum ging bei Uneinigkeiten auf dem Marktplatz festzulegen ob ein Messer einem oder zwei Körben Mais entsprach, oder ob eine Kuh mehr Wert war als ein Wagen. Fabian hatte nun angekündigt, daß er die Lösung für diese Probleme hätte und am nächsten Tag der Öffentlichkeit vorstellen würde. Tags darauf erläuterte Fabian vor einer großen Menschenmenge sein neues System, das er „Geld“ nannte. Es klang logisch und die Leute wollten wissen wo zu beginnen sei. „Das Gold, aus dem ich Schmuck mache, ist ein erstklassiges und wertvolles Metall, das nicht rostet und lange währt. Also werde ich aus Gold Münzen herstellen und nenne diese Goldtaler“. Ein Taler habe einen bestimmten Wert und „Geld“ als Mittel zum Tausch sei wesentlich praktischer als der Austausch von Waren als solchen. Einer der Bürgermeister brachte zur Rede, daß es nicht zu schwierig sei, selbst Gold zu schürfen und damit Taler herzustellen. „Das wäre kriminell und muß auf jeden Fall unterbunden werden“, entgegnete Fabian, nur vom Bürgerrat zugelassene Mün-zen sind erlaubt und werden zur Sicherheit mit einem Siegel versehen. Das klang fair, allerdings unterbrach der Kerzenmacher: „Ich habe Anrecht auf die meisten Taler, da jeder Bürger meine Kerzen braucht“. „Auf keinen Fall“, schrie einer der Bauern, „ohne mein Ge-müse würden wir alle hungern - ich verdiene die meisten Taler“.
Fabian ließ sie eine Weile streiten und machte dann folgenden Vorschlag: „Da ihr euch nicht einigen könnt, schlage ich vor, jedem einzelnen so viele Taler zu leihen wie er will, unter der Voraussetzung, daß diese zurückgezahlt werden können. Da ich das Geld zur Verfügung stelle, habe ich das Recht auf eine Vergütung, und für jede 100 Taler bekomme ich 105 am Ende des Jahres zurück. Diese 5 Taler nenne ich Zins und sind mein Verdienst. Dies schien vernünftig und 5% hörte sich geringfügig an. Fabian verlor keine Zeit und stellte die nächsten Tage und Nächte Münzen her. In der folgenden Woche standen die Leute Schlange und liehen die ersten Taler nach der Inspektion des Bürgermeisters, anfangs nur ein paar wenige um das neue System auszuprobieren. Das neue Konzept „Geld“ funktionierte erstklassig und der Wert der Waren wurde „Preis“ genannt. Dieser wurde aufgrund des Aufwandes und der Zeit festgelegt, die in Form von Arbeit erleistet wurde. In einer der Städte des Landes lebte Alban, der einzige Uhrmacher dort und die Kundschaft war bereit einen recht hohen Preis für seine Uhren zu bezahlen. Dann öffnete ein neuer Uhrmacher einen Laden und Alban war gezwungen seine Preise zu senken um nicht alle seine Kunden an die neue, billigere Konkurrenz zu verlieren.
Dies war freier Wettbewerb im ursprünglichen Sinne und entwickelte sich in allen denkba-ren Branchen. Hindernisse im Sinne von Tarifen gab es nicht, genausowenig Schutz vor Bankrott. Der Lebensstandard stieg und ein jeder wunderte sich, wie ein Leben vor „Geld“ möglich war. Am Ende des Jahres suchte Fabian diejenigen Leute auf, die Geld von ihm geliehen hatten. Manche hatten mehr als sie aufgenommen hatten, was zugleich bedeute-te, daß andere weniger hatten, da es sich um eine bestimmte Summe handelte, die zirku-lierte. Diejenigen, die mehr besaßen, zahlten die 100 Taler plus 5 zurück, mußten aber dennoch neues Geld leihen um weiter im neuen Geschäft zu bleiben. Die anderen jedoch merkten zum ersten Mal, daß sie Schulden hatten. Fabian nahm Hypotheken über Teile ihrer Besitztümer auf bevor er neues Geld ausgab und jeder suchte nach den fehlenden fünf Talern, die so schwer zu finden waren.
Niemandem wurde klar, daß das Land als Ganzes niemals wieder unverschuldet sein konnte bis alle Taler zurückgezahlt waren und selbst in diesem Falle fehlten die fünf Taler pro geliehenen hundert, die niemals existierten. Nur Fabian wußte, daß diese Summe niemals existierte und folglich die Rechnung nicht für jeden aufgehen konnte. Si-cherlich hatte er die einen oder anderen Taler für seine eigenen Zwecke verwendet, nie-mals allerdings konnte er 5% der gesamten Wirtschaft als Einzelperson verbrauchen, und schließlich war er nur ein Goldschmied. In seinem Atelier hatte er einen Tresor und man-che Kunden vertrauten ihm gegen ein geringes Entgelt ihre Münzen an, wofür sie eine Quittung erhielten. Bei manchen Einkäufen war es einfach praktisch anstelle von Münzen direkt mit Fabians Quittungen zu bezahlen und diese Methode setzte sich ohne Einwand durch.
Fabian stellte fest, daß es recht unwahrscheinlich war, daß auch nur einer seiner Kunden plötzlich alle Münzen zurückforderte. Also, dachte er sich, warum mehr Münzen herstellen wenn sie nicht gebraucht werden und er fing an, die existierenden Münzen anstelle neuer auszuleihen, anfangs mit großer Vorsicht, aber nach und nach mit größtem Selbstver-ständnis. Er sagte sich: In der Tat ist es nicht mein Gold - aber es ist in meinem Besitz und das ist was zählt. Freunde, Bekannte sowie Unbekannte, selbst Feinde brauchten Geld für ihre Geschäfte und solange sie Sicherheiten vorweisen konnten war dem Verleih von Geld keine Grenze gesetzt. Fabian schrieb einfach Quittungen aus, obwohl diese über Zeit ein Vielfaches des Wertes seiner Münzen im Tresor überschritten. Solange niemand sein Geld zurückverlangte war dies kein Problem und er führte genauestens Buch. Der Geldverleih war in der Tat ein lukratives Geschäft. Fabians sozialer Status stieg so schnell wie sein Wohlstand und jedes Wort und jede Phrase was finanzielle Angelegenheiten anbetraf galt als von fast prophetischer Natur. Goldschmiede aus anderen Teilen des Landes waren sehr interessiert an seinem Erfolg und Fabian berief ein Treffen der Goldschmiede ein, das unter Geheimhaltung stattzufinden hatte. Schließlich durfte der Schwindel nicht an die Öffentlichkeit gelangen. Nach dem Treffen dieser verschwiegenen Allianz begannen die Goldschmiede in allen Teilen des Landes nach Fabians Anweisungen Geld zu verleihen.
Mittlerweile waren Fabians Quittungen genauso akzeptiert wie Goldmünzen und wurden in seinem Tresor unter Verschluß gehalten. Wenn ein Händler einem anderen einen be-stimmten Betrag bezahlen wollte, korrigierte Fabian lediglich die Nummern in seinem Buch und das Geld wechselte den Besitzer. Der Austausch von Quittungen etablierte sich und man gab diesen die Bezeichnung „Scheck“. In einem weiteren Treffen mit den Gold-schmieden stellte Fabian eine neue Idee vor, die in der Tat bald danach den Bürgermei-stern und Regierungsbeamten unterbreitet wurde: Fabian alarmierte, daß gefälschte Schecks aufgetaucht sind und bestürzt baten die Beamten um Fabians Rat. Mein Vor-schlag ist, unterbreitete Fabian, daß die Regierung schwer zu fälschende Scheine druckt. Wir Goldschmiede tragen hierfür gerne die Kosten, uns erspart dies schließlich die Zeit für all das Ausfüllen der Quittungen. Dies schien einleuchtend und die Beamten stimmten oh-ne Einwand zu. Außerdem, fuhr Fabian fort, würden bestimmte Individuen aus Gold heim-lich Taler herstellen und folglich sollte jede Person die Gold findet verpflichtet werden, die- ses bei den Behörden einzureichen, wobei selbstverständlich das dem Wert entsprechen-de Entgelt in Form von Münzen und Scheinen dafür ausgehändigt würde. Der Vorschlag wurde angenommen und in der Tat stellten sich die neuen Geldscheine als überaus hand-lich dar, dennoch wurden nach wie vor 90% aller Transaktionen „intern“ in Form von Schecks abgewickelt. Bisher verlangte Fabian 3% dafür, Geld in seinem Tresor zu bewa-chen und zu verwalten. Der nächste Schritt in Fabians Plan bestand nun darin, frei verfüg-bares Vermögen von außerhalb mit Hilfe von sogenanntem „Zins“ als Anlage in seinen Tresor zu locken.
Der Zinssatz betrug 3% und es wurde folglich angenommen, daß Fabian das Geld für 5% weiterverlieh, mit 2% Profit seinerseits, was akzeptabel schien und zudem besser war als die 3% die er bisher für das Bewachen des Geldes forderte. Das Vermögen, das Fabian nun verwaltete, wuchs schnell und er war in der Lage, das drei-, vier- manchmal sogar das acht- oder neunfache der Einlagen weiterzuverleihen. Vorsicht war geboten, denn ein Kun-de aus zehn verlangte gelegentlich die eingelegte Summe in Form von Scheinen und Mün-zen. Diese Praxis stellte sich als überaus lukrativ dar, da Fabian von z. B. 900 DM Buch-vermögen, die er teilweise aus 100 DM eigentlicher Einlagen ableitete, 45 DM Zins erwirtschaften konnte, was reell 42% Zins entspricht und nicht 2% wie allgemein an-genommen werden sollte.
Die anderen Goldschmiede folgten in dieser Manier und Geld wurde durch den Füllfe-derhalter erschaffen, zuzüglich Zins. In der Tat war der Druck von Geld in Regierungs-hand und das Volk unter dem Eindruck, daß Fabian und die Goldschmiede lediglich die Verwalter dieses Gutes waren. Eines Tages hinterfragte ein schlauer Denker das System und konfrontierte Fabian: Für 100 DM werden 105 DM in Rückzahlung verlangt, da diese fünf fehlenden DM nicht existieren, kann die Rechnung nicht aufgehen. Ein Bauer kultiviert Korn, ein Industrieller produziert Waren, du allerdings bist der einzige der Geld verwaltet.
Angenommen es gäbe nur zwei Geschäftsmänner im Land die die gesamte Wirtschaft kon-trollierten und diese würden 90% allen Geldes in Form von betriebswirtschaftlichen Ausga-ben und Löhnen auszahlen und die restlichen 10% als Gewinn verzeichnen, dann würden von den ursprünglichen 200% Gesamtkapital nach wie vor 10% fehlen, da die entspre-chende Summe niemals existiert hat. Um dich allerdings zu bezahlen, müssen wir unsere Waren für DM 210 anstelle DM 200 verkaufen. Falls einem der zwei dieses gelingt, bedeu-tet dies DM 105 an Umsatz für diesen, und in Folge nur DM 95 für den anderen. Zudem kann nicht die gesamte Warenmenge umgesetzt werden, da schlicht nicht genug Geld ver-fügbar ist. Das System kann nur funktionieren, wenn die 5 DM Zins pro 100 DM geliehenen Geldes mit in die Gesamtrechnung mitaufgenommen werden. Fabian hörte aufmerksam zu und erwiderte: Wirtschafts- und Finanzwissenschaften sind wesentlich komplexer um der-art vereinfacht abgehandelt und dargestellt zu werden, ein Verständnis dieser Themen ver-langt ausgiebiges und vertieftes Fachwissen. Ich schlage vor die betriebswirtschaftliche Effizienz zu steigern, die Produktion anzukurbeln sowie Ausgaben zu senken. Ich stelle mich als Berater in diesen Dingen gerne zur Verfügung.
Fabian galt als der Experte, Einwände waren zwecklos, schließlich boomte die Wirtschaft, das Land verzeichnete einen enormen Aufschwung. Um die Zinsraten zu vertuschen waren die Händler gezwungen die Preise zu steigern. Die Angestellten und Arbeiter beklagten sich über zu niedere Löhne, die Arbeitgeber ihrerseits rechtfertigten diese mit den Gefahren potentiellen Bankrotts. Bauern waren unfairen Absatzpreisen ausgesetzt, während die Kunden über ungerechtfertigt hohe Preise klagten. Schließlich kam es zu Streiks, bis dahin ein unbekanntes Phänomen. Teile der Bevölkerung verarmten, teilweise so schlimm, daß selbst Freunde und Verwandte nicht mehr im Stande waren auszuhelfen.
Der ursprüngliche Reichtum und Wohlstand - fruchtbare Böden, uralte Wälder, riesige Viehherden und mineralhaltige Erde - schien vergessen. Alles drehte sich um Geld und dieses wiederum schien immer knapp. Niemand hinterfragte das System als solches, schien es doch als von den Volksvertretern verwaltet! Einige wenige waren in der Lage ihren Überschuß zusammenzulegen und Verleih- und Finanzinstitute zu gründen, wobei 6% Zins angeboten wurden, was besser war als Fabians 3%. Allerdings konnte nur Geld verliehen werden, das in der Tat deren Eigentum war, ungleich Fabians Methode Geld per Füllfederhalter zu erschaffen. Diese Finanzinstitute irritierten Fabian und seine Kolle-gen, und innerhalb kürzester Zeit wurden diese aufgekauft und somit unter Kontrolle gebracht. Die gesamtwirtschaftliche Lage verschlechterte sich und Arbeiter bemerkten die unproportional hohen Einkommen ihrer Arbeitgeber. Diese ihrerseits hielten ihre Arbeits-kräfte für faul und ineffizient. Jeder begann seinen Nächsten zu beschuldigen. Die Gouver-neure hatten keine Antwort, und die akuten Probleme der aufkommenden Armut zu lösen schien ohnehin wesentlich wichtiger.
Sozialprogramme wurden eingerichtet und per Gesetz wurde ein jeder Bürger ver-pflichtet Beiträge zu leisten. Dies wiederum erzürnte die Bürgerschaft, da Abgaben gegen des Willen des Einzelnen klarem Diebstahl gleichkamen. Diese Sozialabgaben schienen zumindest im Ansatz Abhilfe zu schaffen, bald allerdings wuchs die Abhängigkeit und die damit verbundene Regierungsbürokratie. Die meisten der Gouverneure waren in-tegre Regierungsvertreter mit guten Absichten. Um die Bürgerschaft aber nicht weiter zu belasten, begannen sie Fabian zu beleihen, ohne sich im Geringsten klar zu sein, wie die-se Anleihen zurückgezahlt werden sollten. Eltern waren nicht mehr in der Lage die Lehrer für ihre eigenen Kinder zu bezahlen, genausowenig wie den Hausarzt oder den Busfahrer. Schritt für Schritt war die Regierung gezwungen, diese Funktionen zu übernehmen und zu verwalten. Lehrer, Ärzte und viele andere Berufsgruppen wurden zu Beamten, was der ur-sprünglichen Passion und Berufung nicht zugute kam. Ein jeder wurde Teil dieser giganti-schen Maschinerie. Niemand war interessiert, Initiative zu ergreifen - berufliche Erfolgser- lebnisse wurden ignoriert, Einkommen waren gleichgeschaltet und eine Beförderung stand nur dann an wenn ein Vorgesetzter starb. In solcher Lage beschlossen die Gouverneure Fabian um Rat zu fragen, da dieser offensichtlich verstand Geldangelegenheiten richtig zu verwalten. Seiner Meinung zufolge war das Volk als solches nicht in der Lage mit Geld umzugehen und folglich war ein Kontrollsystem von Regierungsseite vonnöten. Grundlage sollte selbstverständlich sein, daß alle Menschen gleich sind und in diesem Sinne ein jeder aufgrund seines Besitzes besteuert werden sollte. Selbstverständlich soll-ten Schulen und Krankenhäuser ausgeschlossen werden. Nach seiner Rede erwähnte er beiläufig , daß gewisse Gläubiger doch bitte ihre persönlich vereinbarte Zahlung abzustat- ten hätten und daß im Falle von Zahlungsunfähigkeit zumindest der fällige Zinsbetrag zu leisten sei. Niemand hinterfragte Fabians Philosophie und eine Einkommenssteuer wurde eingerichtet. Es galt die Devise: Steuern zahlen oder Gefängnis.
Wiederum waren die Händler gezwungen die Preise anzuheben. Arbeiter verlangten höhe-re Löhne, Arbeitgeber ihrerseits meldeten den Bankrott an oder ersetzten Teile ihrer Arbei-terschaft mit Maschinen. Die Arbeitslosigkeit stieg und die Regierung war gezwungen wei-tere Sozialprogramme zu verabschieden. Tarife und andere Schutzmaßnahmen wurden eingesetzt um bestimmte Industriezweige zu schützen und so mancher wunderte sich ob der Sinn der Produktion darin lag, Waren herzustellen oder lediglich das Volk zu be-schäftigen. Die Lage verschlechterte sich und es wurden die verschiedensten Maßnah-men erprobt um die eskalierenden Preise unter Kontrolle zu halten. Weitere Formen der Besteuerung wurden eingeführt und bald waren 50 verschiedene Steuern auf einem Laib Brot, angefangen bei der Grundsteuer des Bauern bis zur Mehrwertssteuer der einkaufenden Hausfrau. „Expertengremien“ wurden zusammengestellt um im Auftrag der Regierung die Lage unter Kontrolle zu bringen, was in nichts anderem als Restrukturierung und neuen Formen der Besteuerung resultierte. Fabian verlangte seinen Zins und ein im-mer größerer Anteil all dieser Steuern wurde verwendet um diese Zahlung aufzubringen.
Politische Parteien bildeten sich von denen eine jede einen anderen Ansatz zur Lösung der Probleme versprach. Es wurden alle denkbaren Aspekte abgehandelt, angefangen von den Unterschieden in Persönlichkeiten, Idealismus und Ideologie, nur der Kern des Ge-schehens wurde übergangen. In einer Stadt schließlich stellte sich der fällige Zinsbetrag als größer heraus als der Betrag des erwirtschafteten Einkommens und Zins wurde auf den unbezahlten Zins erhoben. Schritt für Schritt brachte Fabian so den wahren Wert des Landes unter seine Kontrolle. Sein Ziel war es einen jeden Bürger unter komplette Kontrolle zu bringen. Systemgegner wurden durch finanziellen Druck im Zaum gehal-ten oder wurden als unrealistisch und lächerlich dargestellt. Als Mittel dazu dienten die inzwischen von Fabian aufgekauften Fernseh- und Radiostationen sowie die von ihm kontrollierten Zeitungen und Verlage. Und trotz der ursprünglich guten Absichten der Jour-nalisten wurde niemandem klar, daß grundsätzlich nur die Symptome der Probleme abge-handelt wurden, nie jedoch die Ursache der Misere in Frage gestellt wurde. Es gab mehre-re Zeitschriften die linksorientiert waren, genauso wie rechtsgerichtete Zeitungen heraus-gegeben wurden. Für den Mann der Mitte war gleichermaßen gesorgt und solange nie-mand das System als solches hinterfragte waren hier keine Grenzen gesetzt. Das ganze Land schuldete Fabian nun Geld und mit Hilfe der Medien konnte er einem jedem Glauben machen was er wollte.
Was nun war von Interesse für die Reichen nachdem diese alle materiellen Verlockungen verkostet hatten? Macht war die Antwort, Macht über andere. Die Idealisten also hatte Fa-bian in den Medien plaziert, die wahre Kontrolle dagegen ging von den Mächtigen der Poli-tik aus. Die meisten Goldschmiede waren hier zu finden, da die Kontrolle der Massen den ultimativen Kick darstellte. Ein extrem arrogantes Klassenbewußtsein kristallisierte sich heraus und die Mächtigen waren überzeugt, daß die Masse Kontrolle brauchte um zu funktionieren. Zu herrschen wiederum maßte sich diese Klasse als Recht der höheren Ge-burt an. Landesübergreifend waren nun zahlreiche Geldverleihinstitute zu finden und obgleich diese scheinbar miteinander konkurrierten arbeiteten diese in Wirklichkeit eng zusammen. Mit der Absegnung des Gouverneurs schließlich wurde eine Zentralbank eingerichtet. Die Einlagen hierfür stellten Anleihen dar, die durch reelles Geld gedeckt wur-den, welches sich in den einzelnen Sparkassen befand. Dem Anschein nach handelte es sich um eine Regierungsinstitution, wobei in Realität kein einziger Volksvertreter jemals Zugang zu den Kontrollgremien hatte.
Die Regierung ihrerseits mußte nun nicht mehr Geld direkt von Fabian aufnehmen sondern konnte sich an die Zentralbank wenden, wobei als Sicherheit für die Kredite die zukünftigen Zinseinnahmen galten. Dies war in Einklang mit Fabians Plan um abzulenken und dennoch im Hintergrund die Fäden zu ziehen. Seine Devise lautete: Ich halte mich komplett aus der Gesetzgebung des Landes heraus solange ich als Berater in Finanzahngelegenheiten he- rangezogen werde. Es war einerlei, welche Partei regierte, da Fabian den Lebensfluß des Volkes kontrollierte: das Geld. Schließlich kam Fabian seinem Endziel nahe. 10% allen Geldes war nach wie vor in Form von Münzen und Scheinen im Umlauf, was den ein-zelnen Individuen eine gewisse Freiheit und Kontrolle über ihr eigenes Leben gab. Um Diebstahl und Verlust entgegenzukommen schlug Fabian vor eine kleine Plastikkarte für jeden Einzelnen auszustellen, mit Identifikationsnummer, Name und Photo. Mit dieser Kar-te konnte bezahlt werden und die verfügbare Geldmenge des Individuums konnte über ei-nen Zentralcomputer abgerufen werden. Für den Einzelkunden war dies attraktiv, da bei der Rückzahlung am Monatsende kein Zins anfiel, die Geschäftsleute dagegen hatten we-sentlich höhere Ausgaben, die einen längeren Zeitraum zur Abzahlung verlangten und die 1,5% anfallenden Zinsen pro Monat wurden so zu 18% Jahreszins. Diese 18% wiederum wurden in den Preis der Endprodukte einberechnet und an den Kunden weitergegeben, obgleich diese Summe an erster Stelle niemals existierte. Die Geschäftsleute mußten 118 DM pro 100 geliehener Mark rückerstatten, Geld das nie im Umlauf war!
Fabian seinerseits genoß Prestige und höchsten gesellschaftlichen Rang. Kleine Unter-nehmen meldeten nun reihenweise Bankrott an und spezielle Lizenzen wurden gesetzlich eingerichtet, die es den verbleibenden Firmen schwer machten, unabhängig weiterzuexi-stieren. Fabian selbst kontrollierte alle Großunternehmen und somit deren Zulieferer, unter deren Druck schlußendlich selbst der letzte unabhängige Schlosser, Elektriker und Bäcker zu weichen hatte. Fabian plädierte nun für eine komplette Abschaffung von Münzen und Papiergeld um ganz den Weg für seine Plastikkarte zu ebnen. Im Falle des Verlustes sollte einem jedem eine Identifikationsnummer in die Hand tätowiert werden, die un-ter einem speziellen Licht gelesen und an einen Computer weitergeleitet werden konnte. Dieser wiederum war an einen Zentralcomputer gekoppelt in dem alle Daten eines jeden Individuums gespeichert wurden. Fabian hatte nun die endgültige Kon-trolle über jeden.
Quelle http://www.gandhi-auftrag.de
Mehr zum Thema Geldsysteme gibts u.a. hier
http://www.systemfehler.de/
http://www.geldcrash.de/
http://www.geldreform.de/
Fabian fühlte sich großartig als er seine Rede für den nächsten Tag vorbereitete. Sein Traum von Prestige und Macht wurde endlich Wirklichkeit. Sein Beruf als Goldschmied stellte ihn nicht länger zufrieden, er brauchte eine Herausforderung, mehr Aufregung in seinem Leben und endlich wurde sein Plan Realität. Seit Generationen war das Tauschen von Waren die gängige Art des Handels. Eine Familie lebte davon, sich auf bestimmte Wa-ren zu spezialisieren und den eventuellen Überschuß wiederum als Gewinn mit Waren eines anderen Händlers auszutauschen. Der Marktplatz war laut und staubig und die Marktschreier in ihrem Element. Dem Volk gefiel das Treiben, es war immer interessant und gab viel Neues zu hören. In letzter Zeit allerdings nahm der Umtrieb zu und Streitigkeiten wurden zur Regel - ein neues System war nötig! In jeder Gemeinde gab es einen Bürgerrat, der dafür sorgte, daß den Bürgern Selbstverwaltung und Freiheit gewährleistet war. Nie-mand konnte zu etwas gezwungen werden was gegen den eigenen Willen war. Das allein war die Pflicht des Bürgerrates und der Bürgermeister wurde demokratisch gewählt.
Dennoch war der Bürgermeister manchen Situationen nicht gewachsen, insbesondere wenn es darum ging bei Uneinigkeiten auf dem Marktplatz festzulegen ob ein Messer einem oder zwei Körben Mais entsprach, oder ob eine Kuh mehr Wert war als ein Wagen. Fabian hatte nun angekündigt, daß er die Lösung für diese Probleme hätte und am nächsten Tag der Öffentlichkeit vorstellen würde. Tags darauf erläuterte Fabian vor einer großen Menschenmenge sein neues System, das er „Geld“ nannte. Es klang logisch und die Leute wollten wissen wo zu beginnen sei. „Das Gold, aus dem ich Schmuck mache, ist ein erstklassiges und wertvolles Metall, das nicht rostet und lange währt. Also werde ich aus Gold Münzen herstellen und nenne diese Goldtaler“. Ein Taler habe einen bestimmten Wert und „Geld“ als Mittel zum Tausch sei wesentlich praktischer als der Austausch von Waren als solchen. Einer der Bürgermeister brachte zur Rede, daß es nicht zu schwierig sei, selbst Gold zu schürfen und damit Taler herzustellen. „Das wäre kriminell und muß auf jeden Fall unterbunden werden“, entgegnete Fabian, nur vom Bürgerrat zugelassene Mün-zen sind erlaubt und werden zur Sicherheit mit einem Siegel versehen. Das klang fair, allerdings unterbrach der Kerzenmacher: „Ich habe Anrecht auf die meisten Taler, da jeder Bürger meine Kerzen braucht“. „Auf keinen Fall“, schrie einer der Bauern, „ohne mein Ge-müse würden wir alle hungern - ich verdiene die meisten Taler“.
Fabian ließ sie eine Weile streiten und machte dann folgenden Vorschlag: „Da ihr euch nicht einigen könnt, schlage ich vor, jedem einzelnen so viele Taler zu leihen wie er will, unter der Voraussetzung, daß diese zurückgezahlt werden können. Da ich das Geld zur Verfügung stelle, habe ich das Recht auf eine Vergütung, und für jede 100 Taler bekomme ich 105 am Ende des Jahres zurück. Diese 5 Taler nenne ich Zins und sind mein Verdienst. Dies schien vernünftig und 5% hörte sich geringfügig an. Fabian verlor keine Zeit und stellte die nächsten Tage und Nächte Münzen her. In der folgenden Woche standen die Leute Schlange und liehen die ersten Taler nach der Inspektion des Bürgermeisters, anfangs nur ein paar wenige um das neue System auszuprobieren. Das neue Konzept „Geld“ funktionierte erstklassig und der Wert der Waren wurde „Preis“ genannt. Dieser wurde aufgrund des Aufwandes und der Zeit festgelegt, die in Form von Arbeit erleistet wurde. In einer der Städte des Landes lebte Alban, der einzige Uhrmacher dort und die Kundschaft war bereit einen recht hohen Preis für seine Uhren zu bezahlen. Dann öffnete ein neuer Uhrmacher einen Laden und Alban war gezwungen seine Preise zu senken um nicht alle seine Kunden an die neue, billigere Konkurrenz zu verlieren.
Dies war freier Wettbewerb im ursprünglichen Sinne und entwickelte sich in allen denkba-ren Branchen. Hindernisse im Sinne von Tarifen gab es nicht, genausowenig Schutz vor Bankrott. Der Lebensstandard stieg und ein jeder wunderte sich, wie ein Leben vor „Geld“ möglich war. Am Ende des Jahres suchte Fabian diejenigen Leute auf, die Geld von ihm geliehen hatten. Manche hatten mehr als sie aufgenommen hatten, was zugleich bedeute-te, daß andere weniger hatten, da es sich um eine bestimmte Summe handelte, die zirku-lierte. Diejenigen, die mehr besaßen, zahlten die 100 Taler plus 5 zurück, mußten aber dennoch neues Geld leihen um weiter im neuen Geschäft zu bleiben. Die anderen jedoch merkten zum ersten Mal, daß sie Schulden hatten. Fabian nahm Hypotheken über Teile ihrer Besitztümer auf bevor er neues Geld ausgab und jeder suchte nach den fehlenden fünf Talern, die so schwer zu finden waren.
Niemandem wurde klar, daß das Land als Ganzes niemals wieder unverschuldet sein konnte bis alle Taler zurückgezahlt waren und selbst in diesem Falle fehlten die fünf Taler pro geliehenen hundert, die niemals existierten. Nur Fabian wußte, daß diese Summe niemals existierte und folglich die Rechnung nicht für jeden aufgehen konnte. Si-cherlich hatte er die einen oder anderen Taler für seine eigenen Zwecke verwendet, nie-mals allerdings konnte er 5% der gesamten Wirtschaft als Einzelperson verbrauchen, und schließlich war er nur ein Goldschmied. In seinem Atelier hatte er einen Tresor und man-che Kunden vertrauten ihm gegen ein geringes Entgelt ihre Münzen an, wofür sie eine Quittung erhielten. Bei manchen Einkäufen war es einfach praktisch anstelle von Münzen direkt mit Fabians Quittungen zu bezahlen und diese Methode setzte sich ohne Einwand durch.
Fabian stellte fest, daß es recht unwahrscheinlich war, daß auch nur einer seiner Kunden plötzlich alle Münzen zurückforderte. Also, dachte er sich, warum mehr Münzen herstellen wenn sie nicht gebraucht werden und er fing an, die existierenden Münzen anstelle neuer auszuleihen, anfangs mit großer Vorsicht, aber nach und nach mit größtem Selbstver-ständnis. Er sagte sich: In der Tat ist es nicht mein Gold - aber es ist in meinem Besitz und das ist was zählt. Freunde, Bekannte sowie Unbekannte, selbst Feinde brauchten Geld für ihre Geschäfte und solange sie Sicherheiten vorweisen konnten war dem Verleih von Geld keine Grenze gesetzt. Fabian schrieb einfach Quittungen aus, obwohl diese über Zeit ein Vielfaches des Wertes seiner Münzen im Tresor überschritten. Solange niemand sein Geld zurückverlangte war dies kein Problem und er führte genauestens Buch. Der Geldverleih war in der Tat ein lukratives Geschäft. Fabians sozialer Status stieg so schnell wie sein Wohlstand und jedes Wort und jede Phrase was finanzielle Angelegenheiten anbetraf galt als von fast prophetischer Natur. Goldschmiede aus anderen Teilen des Landes waren sehr interessiert an seinem Erfolg und Fabian berief ein Treffen der Goldschmiede ein, das unter Geheimhaltung stattzufinden hatte. Schließlich durfte der Schwindel nicht an die Öffentlichkeit gelangen. Nach dem Treffen dieser verschwiegenen Allianz begannen die Goldschmiede in allen Teilen des Landes nach Fabians Anweisungen Geld zu verleihen.
Mittlerweile waren Fabians Quittungen genauso akzeptiert wie Goldmünzen und wurden in seinem Tresor unter Verschluß gehalten. Wenn ein Händler einem anderen einen be-stimmten Betrag bezahlen wollte, korrigierte Fabian lediglich die Nummern in seinem Buch und das Geld wechselte den Besitzer. Der Austausch von Quittungen etablierte sich und man gab diesen die Bezeichnung „Scheck“. In einem weiteren Treffen mit den Gold-schmieden stellte Fabian eine neue Idee vor, die in der Tat bald danach den Bürgermei-stern und Regierungsbeamten unterbreitet wurde: Fabian alarmierte, daß gefälschte Schecks aufgetaucht sind und bestürzt baten die Beamten um Fabians Rat. Mein Vor-schlag ist, unterbreitete Fabian, daß die Regierung schwer zu fälschende Scheine druckt. Wir Goldschmiede tragen hierfür gerne die Kosten, uns erspart dies schließlich die Zeit für all das Ausfüllen der Quittungen. Dies schien einleuchtend und die Beamten stimmten oh-ne Einwand zu. Außerdem, fuhr Fabian fort, würden bestimmte Individuen aus Gold heim-lich Taler herstellen und folglich sollte jede Person die Gold findet verpflichtet werden, die- ses bei den Behörden einzureichen, wobei selbstverständlich das dem Wert entsprechen-de Entgelt in Form von Münzen und Scheinen dafür ausgehändigt würde. Der Vorschlag wurde angenommen und in der Tat stellten sich die neuen Geldscheine als überaus hand-lich dar, dennoch wurden nach wie vor 90% aller Transaktionen „intern“ in Form von Schecks abgewickelt. Bisher verlangte Fabian 3% dafür, Geld in seinem Tresor zu bewa-chen und zu verwalten. Der nächste Schritt in Fabians Plan bestand nun darin, frei verfüg-bares Vermögen von außerhalb mit Hilfe von sogenanntem „Zins“ als Anlage in seinen Tresor zu locken.
Der Zinssatz betrug 3% und es wurde folglich angenommen, daß Fabian das Geld für 5% weiterverlieh, mit 2% Profit seinerseits, was akzeptabel schien und zudem besser war als die 3% die er bisher für das Bewachen des Geldes forderte. Das Vermögen, das Fabian nun verwaltete, wuchs schnell und er war in der Lage, das drei-, vier- manchmal sogar das acht- oder neunfache der Einlagen weiterzuverleihen. Vorsicht war geboten, denn ein Kun-de aus zehn verlangte gelegentlich die eingelegte Summe in Form von Scheinen und Mün-zen. Diese Praxis stellte sich als überaus lukrativ dar, da Fabian von z. B. 900 DM Buch-vermögen, die er teilweise aus 100 DM eigentlicher Einlagen ableitete, 45 DM Zins erwirtschaften konnte, was reell 42% Zins entspricht und nicht 2% wie allgemein an-genommen werden sollte.
Die anderen Goldschmiede folgten in dieser Manier und Geld wurde durch den Füllfe-derhalter erschaffen, zuzüglich Zins. In der Tat war der Druck von Geld in Regierungs-hand und das Volk unter dem Eindruck, daß Fabian und die Goldschmiede lediglich die Verwalter dieses Gutes waren. Eines Tages hinterfragte ein schlauer Denker das System und konfrontierte Fabian: Für 100 DM werden 105 DM in Rückzahlung verlangt, da diese fünf fehlenden DM nicht existieren, kann die Rechnung nicht aufgehen. Ein Bauer kultiviert Korn, ein Industrieller produziert Waren, du allerdings bist der einzige der Geld verwaltet.
Angenommen es gäbe nur zwei Geschäftsmänner im Land die die gesamte Wirtschaft kon-trollierten und diese würden 90% allen Geldes in Form von betriebswirtschaftlichen Ausga-ben und Löhnen auszahlen und die restlichen 10% als Gewinn verzeichnen, dann würden von den ursprünglichen 200% Gesamtkapital nach wie vor 10% fehlen, da die entspre-chende Summe niemals existiert hat. Um dich allerdings zu bezahlen, müssen wir unsere Waren für DM 210 anstelle DM 200 verkaufen. Falls einem der zwei dieses gelingt, bedeu-tet dies DM 105 an Umsatz für diesen, und in Folge nur DM 95 für den anderen. Zudem kann nicht die gesamte Warenmenge umgesetzt werden, da schlicht nicht genug Geld ver-fügbar ist. Das System kann nur funktionieren, wenn die 5 DM Zins pro 100 DM geliehenen Geldes mit in die Gesamtrechnung mitaufgenommen werden. Fabian hörte aufmerksam zu und erwiderte: Wirtschafts- und Finanzwissenschaften sind wesentlich komplexer um der-art vereinfacht abgehandelt und dargestellt zu werden, ein Verständnis dieser Themen ver-langt ausgiebiges und vertieftes Fachwissen. Ich schlage vor die betriebswirtschaftliche Effizienz zu steigern, die Produktion anzukurbeln sowie Ausgaben zu senken. Ich stelle mich als Berater in diesen Dingen gerne zur Verfügung.
Fabian galt als der Experte, Einwände waren zwecklos, schließlich boomte die Wirtschaft, das Land verzeichnete einen enormen Aufschwung. Um die Zinsraten zu vertuschen waren die Händler gezwungen die Preise zu steigern. Die Angestellten und Arbeiter beklagten sich über zu niedere Löhne, die Arbeitgeber ihrerseits rechtfertigten diese mit den Gefahren potentiellen Bankrotts. Bauern waren unfairen Absatzpreisen ausgesetzt, während die Kunden über ungerechtfertigt hohe Preise klagten. Schließlich kam es zu Streiks, bis dahin ein unbekanntes Phänomen. Teile der Bevölkerung verarmten, teilweise so schlimm, daß selbst Freunde und Verwandte nicht mehr im Stande waren auszuhelfen.
Der ursprüngliche Reichtum und Wohlstand - fruchtbare Böden, uralte Wälder, riesige Viehherden und mineralhaltige Erde - schien vergessen. Alles drehte sich um Geld und dieses wiederum schien immer knapp. Niemand hinterfragte das System als solches, schien es doch als von den Volksvertretern verwaltet! Einige wenige waren in der Lage ihren Überschuß zusammenzulegen und Verleih- und Finanzinstitute zu gründen, wobei 6% Zins angeboten wurden, was besser war als Fabians 3%. Allerdings konnte nur Geld verliehen werden, das in der Tat deren Eigentum war, ungleich Fabians Methode Geld per Füllfederhalter zu erschaffen. Diese Finanzinstitute irritierten Fabian und seine Kolle-gen, und innerhalb kürzester Zeit wurden diese aufgekauft und somit unter Kontrolle gebracht. Die gesamtwirtschaftliche Lage verschlechterte sich und Arbeiter bemerkten die unproportional hohen Einkommen ihrer Arbeitgeber. Diese ihrerseits hielten ihre Arbeits-kräfte für faul und ineffizient. Jeder begann seinen Nächsten zu beschuldigen. Die Gouver-neure hatten keine Antwort, und die akuten Probleme der aufkommenden Armut zu lösen schien ohnehin wesentlich wichtiger.
Sozialprogramme wurden eingerichtet und per Gesetz wurde ein jeder Bürger ver-pflichtet Beiträge zu leisten. Dies wiederum erzürnte die Bürgerschaft, da Abgaben gegen des Willen des Einzelnen klarem Diebstahl gleichkamen. Diese Sozialabgaben schienen zumindest im Ansatz Abhilfe zu schaffen, bald allerdings wuchs die Abhängigkeit und die damit verbundene Regierungsbürokratie. Die meisten der Gouverneure waren in-tegre Regierungsvertreter mit guten Absichten. Um die Bürgerschaft aber nicht weiter zu belasten, begannen sie Fabian zu beleihen, ohne sich im Geringsten klar zu sein, wie die-se Anleihen zurückgezahlt werden sollten. Eltern waren nicht mehr in der Lage die Lehrer für ihre eigenen Kinder zu bezahlen, genausowenig wie den Hausarzt oder den Busfahrer. Schritt für Schritt war die Regierung gezwungen, diese Funktionen zu übernehmen und zu verwalten. Lehrer, Ärzte und viele andere Berufsgruppen wurden zu Beamten, was der ur-sprünglichen Passion und Berufung nicht zugute kam. Ein jeder wurde Teil dieser giganti-schen Maschinerie. Niemand war interessiert, Initiative zu ergreifen - berufliche Erfolgser- lebnisse wurden ignoriert, Einkommen waren gleichgeschaltet und eine Beförderung stand nur dann an wenn ein Vorgesetzter starb. In solcher Lage beschlossen die Gouverneure Fabian um Rat zu fragen, da dieser offensichtlich verstand Geldangelegenheiten richtig zu verwalten. Seiner Meinung zufolge war das Volk als solches nicht in der Lage mit Geld umzugehen und folglich war ein Kontrollsystem von Regierungsseite vonnöten. Grundlage sollte selbstverständlich sein, daß alle Menschen gleich sind und in diesem Sinne ein jeder aufgrund seines Besitzes besteuert werden sollte. Selbstverständlich soll-ten Schulen und Krankenhäuser ausgeschlossen werden. Nach seiner Rede erwähnte er beiläufig , daß gewisse Gläubiger doch bitte ihre persönlich vereinbarte Zahlung abzustat- ten hätten und daß im Falle von Zahlungsunfähigkeit zumindest der fällige Zinsbetrag zu leisten sei. Niemand hinterfragte Fabians Philosophie und eine Einkommenssteuer wurde eingerichtet. Es galt die Devise: Steuern zahlen oder Gefängnis.
Wiederum waren die Händler gezwungen die Preise anzuheben. Arbeiter verlangten höhe-re Löhne, Arbeitgeber ihrerseits meldeten den Bankrott an oder ersetzten Teile ihrer Arbei-terschaft mit Maschinen. Die Arbeitslosigkeit stieg und die Regierung war gezwungen wei-tere Sozialprogramme zu verabschieden. Tarife und andere Schutzmaßnahmen wurden eingesetzt um bestimmte Industriezweige zu schützen und so mancher wunderte sich ob der Sinn der Produktion darin lag, Waren herzustellen oder lediglich das Volk zu be-schäftigen. Die Lage verschlechterte sich und es wurden die verschiedensten Maßnah-men erprobt um die eskalierenden Preise unter Kontrolle zu halten. Weitere Formen der Besteuerung wurden eingeführt und bald waren 50 verschiedene Steuern auf einem Laib Brot, angefangen bei der Grundsteuer des Bauern bis zur Mehrwertssteuer der einkaufenden Hausfrau. „Expertengremien“ wurden zusammengestellt um im Auftrag der Regierung die Lage unter Kontrolle zu bringen, was in nichts anderem als Restrukturierung und neuen Formen der Besteuerung resultierte. Fabian verlangte seinen Zins und ein im-mer größerer Anteil all dieser Steuern wurde verwendet um diese Zahlung aufzubringen.
Politische Parteien bildeten sich von denen eine jede einen anderen Ansatz zur Lösung der Probleme versprach. Es wurden alle denkbaren Aspekte abgehandelt, angefangen von den Unterschieden in Persönlichkeiten, Idealismus und Ideologie, nur der Kern des Ge-schehens wurde übergangen. In einer Stadt schließlich stellte sich der fällige Zinsbetrag als größer heraus als der Betrag des erwirtschafteten Einkommens und Zins wurde auf den unbezahlten Zins erhoben. Schritt für Schritt brachte Fabian so den wahren Wert des Landes unter seine Kontrolle. Sein Ziel war es einen jeden Bürger unter komplette Kontrolle zu bringen. Systemgegner wurden durch finanziellen Druck im Zaum gehal-ten oder wurden als unrealistisch und lächerlich dargestellt. Als Mittel dazu dienten die inzwischen von Fabian aufgekauften Fernseh- und Radiostationen sowie die von ihm kontrollierten Zeitungen und Verlage. Und trotz der ursprünglich guten Absichten der Jour-nalisten wurde niemandem klar, daß grundsätzlich nur die Symptome der Probleme abge-handelt wurden, nie jedoch die Ursache der Misere in Frage gestellt wurde. Es gab mehre-re Zeitschriften die linksorientiert waren, genauso wie rechtsgerichtete Zeitungen heraus-gegeben wurden. Für den Mann der Mitte war gleichermaßen gesorgt und solange nie-mand das System als solches hinterfragte waren hier keine Grenzen gesetzt. Das ganze Land schuldete Fabian nun Geld und mit Hilfe der Medien konnte er einem jedem Glauben machen was er wollte.
Was nun war von Interesse für die Reichen nachdem diese alle materiellen Verlockungen verkostet hatten? Macht war die Antwort, Macht über andere. Die Idealisten also hatte Fa-bian in den Medien plaziert, die wahre Kontrolle dagegen ging von den Mächtigen der Poli-tik aus. Die meisten Goldschmiede waren hier zu finden, da die Kontrolle der Massen den ultimativen Kick darstellte. Ein extrem arrogantes Klassenbewußtsein kristallisierte sich heraus und die Mächtigen waren überzeugt, daß die Masse Kontrolle brauchte um zu funktionieren. Zu herrschen wiederum maßte sich diese Klasse als Recht der höheren Ge-burt an. Landesübergreifend waren nun zahlreiche Geldverleihinstitute zu finden und obgleich diese scheinbar miteinander konkurrierten arbeiteten diese in Wirklichkeit eng zusammen. Mit der Absegnung des Gouverneurs schließlich wurde eine Zentralbank eingerichtet. Die Einlagen hierfür stellten Anleihen dar, die durch reelles Geld gedeckt wur-den, welches sich in den einzelnen Sparkassen befand. Dem Anschein nach handelte es sich um eine Regierungsinstitution, wobei in Realität kein einziger Volksvertreter jemals Zugang zu den Kontrollgremien hatte.
Die Regierung ihrerseits mußte nun nicht mehr Geld direkt von Fabian aufnehmen sondern konnte sich an die Zentralbank wenden, wobei als Sicherheit für die Kredite die zukünftigen Zinseinnahmen galten. Dies war in Einklang mit Fabians Plan um abzulenken und dennoch im Hintergrund die Fäden zu ziehen. Seine Devise lautete: Ich halte mich komplett aus der Gesetzgebung des Landes heraus solange ich als Berater in Finanzahngelegenheiten he- rangezogen werde. Es war einerlei, welche Partei regierte, da Fabian den Lebensfluß des Volkes kontrollierte: das Geld. Schließlich kam Fabian seinem Endziel nahe. 10% allen Geldes war nach wie vor in Form von Münzen und Scheinen im Umlauf, was den ein-zelnen Individuen eine gewisse Freiheit und Kontrolle über ihr eigenes Leben gab. Um Diebstahl und Verlust entgegenzukommen schlug Fabian vor eine kleine Plastikkarte für jeden Einzelnen auszustellen, mit Identifikationsnummer, Name und Photo. Mit dieser Kar-te konnte bezahlt werden und die verfügbare Geldmenge des Individuums konnte über ei-nen Zentralcomputer abgerufen werden. Für den Einzelkunden war dies attraktiv, da bei der Rückzahlung am Monatsende kein Zins anfiel, die Geschäftsleute dagegen hatten we-sentlich höhere Ausgaben, die einen längeren Zeitraum zur Abzahlung verlangten und die 1,5% anfallenden Zinsen pro Monat wurden so zu 18% Jahreszins. Diese 18% wiederum wurden in den Preis der Endprodukte einberechnet und an den Kunden weitergegeben, obgleich diese Summe an erster Stelle niemals existierte. Die Geschäftsleute mußten 118 DM pro 100 geliehener Mark rückerstatten, Geld das nie im Umlauf war!
Fabian seinerseits genoß Prestige und höchsten gesellschaftlichen Rang. Kleine Unter-nehmen meldeten nun reihenweise Bankrott an und spezielle Lizenzen wurden gesetzlich eingerichtet, die es den verbleibenden Firmen schwer machten, unabhängig weiterzuexi-stieren. Fabian selbst kontrollierte alle Großunternehmen und somit deren Zulieferer, unter deren Druck schlußendlich selbst der letzte unabhängige Schlosser, Elektriker und Bäcker zu weichen hatte. Fabian plädierte nun für eine komplette Abschaffung von Münzen und Papiergeld um ganz den Weg für seine Plastikkarte zu ebnen. Im Falle des Verlustes sollte einem jedem eine Identifikationsnummer in die Hand tätowiert werden, die un-ter einem speziellen Licht gelesen und an einen Computer weitergeleitet werden konnte. Dieser wiederum war an einen Zentralcomputer gekoppelt in dem alle Daten eines jeden Individuums gespeichert wurden. Fabian hatte nun die endgültige Kon-trolle über jeden.
Quelle http://www.gandhi-auftrag.de
Mehr zum Thema Geldsysteme gibts u.a. hier
http://www.systemfehler.de/
http://www.geldcrash.de/
http://www.geldreform.de/
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Robison und freitag
DIE FREIGELD-ZINS- ODER KAPITALTHEORIE
5.1. Robinsonade, als Prüfstein für diese Theorie
Als Prüfstein für die Richtigkeit der hier entwickelten Zinstheorie, wie auch, um
dem gerade in dieser Frage so sehr in uralten Vorurteilen befangenen Leser das Ver-
ständnis zu erleichtern, schicke ich folgende Robinsonade voran.
Vorbemerkung. Der Kürze halber lasse ich den hier beschriebenen Darlehnsvertrag
ohne den regelnden Einfluß des Wettbewerbs sich vollziehen. Ließe ich den Wettbewerb
in die Darlehnsverhandlungen eingreifen, etwa so, daß auf einen Darlehnsnehmer (Fremd-
ling) mehrere Darlehnsgeber (mehrere Robinsons) kämen, so würde der Vertrag noch
viel günstiger für den Darlehnsnehmer ausfallen können, als es hier geschieht. - Eine
zweite Voraussetzung ist, daß die beiden Vertragsschließenden die Freiland-Grundsätze
anerkennen, weil deren Nichtanerkennung unter den obwaltenden Verhältnissen zu
Kampf und Raub, nicht zum Vertrage führen würde.
Robinson baute einen Kanal und mußte sich also auf 3 Jahre, der Dauer der ganzen
Arbeit, mit Vorräten versehen. Er schlachtete Schweine, bedeckte das Fleisch mit Salz,
füllte ein Loch in der Erde mit Getreide und deckte es sorgfältig zu. Er gerbte Hirsch-
felle und verarbeitete sie zu Kleidern, die er in einer Kiste verschloß, nachdem er als
Mottenscheuche noch eine Stinktierdrüse hineingelegt hatte.
Kurz, er sorgte nach seiner Ansicht gut für die nächsten drei Jahre.
Wie er nun eine letzte Berechnung darüber anstellte, ob sein "Kapital" für das ge-
plante Unternehmen auch ausreichen würde, sah er einen Menschen auf sich zuschreiten.
Hallo, rief der Fremdling, mein Kahn ist hier zerschellt, und so landete ich auf dieser
Insel. Kannst du mir mit Vorräten aushelfen, bis ich einen Acker urbar gemacht und
die erste Ernte eingeheimst habe?
Wie schnell flogen bei diesen Worten die Gedanken Robinsons von seinen Vorräten
zum Zins und zur Herrlichkeit des Rentnerlebens! Er beeilte sich, die Frage zu bejahen.
Vortrefflich! antwortete der Fremdling, aber ich will dir sagen, Zins zahle ich nicht;
sonst ernähre ich mich lieber von Jagd und Fischfang. Mein Glaube verbietet mir sowohl
Zins zu nehmen, wie auch Zins zu geben.
R.: Da hast du eine prächtige Religion. Aus welchem Grunde aber glaubst du denn,
daß ich dir Vorräte aus meinen Beständen herleihen werde, wenn du mir keinen
Zins gibst?
Fr.: Aus Eigennutz, Robinson; auf Grund deines wohlverstandenen Vorteiles, weil du
dabei gewinnst, und sogar ziemlich viel.
R.: Das, Fremdling, mußt du mir erst vorrechnen. Ich gestehe, daß ich nicht einsehe,
welchen Vorteil ich davon haben kann, dir meine Vorräte zinsfrei zu leihen.
Fr.: Nun, ich will dir alles vorrechnen, und wenn du es mir nachrechnen kannst, so
wirst du mir das Darlehn zinsfrei geben und dich noch bei mir bedanken. Ich
brauche zunächst Kleider, denn du siehst, ich bin nackt. Hast du einen Vorrat
an Kleidern?
R.: Die Kiste ist bis oben voll.
Fr.: Aber Robinson, wirklich, ich hätte dich für gescheiter gehalten! Wer wird denn
Kleider für drei Jahre in Kisten vernageln, Hirschleder, den Lieblingsfraß der
Motten! Außerdem müssen diese Kleider immer gelüftet und mit Fett eingerieben
werden, sonst werden sie hart und brüchig.
R.: Du hast recht, aber wie sollte ich es anders machen? Im Kleiderschrank sind sie
nicht besser geborgen; im Gegenteil, hier kommen Ratten und Mäuse noch zu
den Motten hinzu.
Fr.: Oh! Auch in die Kiste würden die Ratten gedrungen sein, - sieh, da haben sie
schon genagt!
R.: Wahrhaftig! Man weiß sich auch wirklich nicht davor zu retten!
Fr.: Du weißt dich nicht vor Mäusen zu schützen, und du sagst, du hättest rechnen
gelernt? Ich will dir sagen, wie Leute in deiner Lage sich bei uns gegen Mäuse,
Ratten, Motten, Diebe, gegen Brüchigwerden, Staub und Schimmel schützen.
Leihe mir diese Kleider, und ich verpflichte mich, dir neue Kleider zu machen,
sobald du welche brauchst. So bekommst du ebensoviele Kleider zurück, wie du
mit geliefert hast, und zwar werden diese Kleider, weil neu, bedeutend besser sein
als diejenigen, die du später aus dieser Kiste ziehen würdest. Obendrein werden
sie nicht mit Stinktieröl verpestet sein. Willst du das tun?
R.: Ja, Fremdling, ich will dir die Kiste mit den Kleidern abtreten, denn ich sehe ein,
daß es für mich vorteilhaft ist, dir auch ohne Zins die Kleider zu überlassen. (1)
Fr.: Nun zeige mir mal deinen Weizen. Ich brauche solchen sowohl zur Saat wie für
Brot.
R.: Dort am Hügel habe ich ihn vergraben.
Fr.: Du hast den Weizen für drei Jahre in einem Erdloch vergraben? Und der Schimmel,
die Käfer?
R.: Das weiß ich, aber was sollte ich machen? Ich habe die Sache nach allen Seiten
überlegt und nichts Besseres für die Aufbewahrung gefunden.
Fr.: Nun bück' dich mal! Siehst du die Käferchen an der Oberfläche herumspringen?
Siehst du das Gemüll? Und hier diese Schimmelbildung? Es ist die höchste Zeit,
daß der Weizen herausgehoben und gelüftet werde.
R.: Es ist zum Verzweifeln mit diesem Kapital! Wenn ich doch nur wüßte wie ich
mich verteidigen soll gegen diese tausendfältigen Zerstörungskräfte der Natur.
Fr.: Ich will dir sagen, Robinson, wie wir das bei uns zu Hause machen. Wir bauen
einen luftigen, trockenen Schuppen und schütten auf den gut gedielten Boden
den Weizen aus. Und regelmäßig alle drei Wochen wird der Weizen sorgfältig
gelüftet, indem wir mit Schaufeln das Ganze umwerfen. Dann halten wir eine
Anzahl Katzen, stellen Fallen auf, um die Mäuse zu fangen, versichern das Ganze
gegen Feuer und erreichen so, daß der jährliche Verlust an Güte und Gewicht
nicht mehr als 10 % beträgt.
R.: Aber bedenke doch, diese Arbeit, diese Kosten!
Fr.: Du scheust die Arbeit und willst keine Kosten? Ich will dir sagen, wie du es dann
anfangen mußt. Leihe mir deinen Vorrat, und ich werde dir das Gelieferte aus
meinen Ernten in frischem Getreide zurückzahlen, und zwar Pfund für Pfund,
Sack für Sack. So sparst du die Arbeit, einen Schuppen zu bauen, brauchst das
Getreide nicht umzuschaufeln und keine Katzen zu füttern, verlierst nichts am
Gewicht und hast statt alten Korns immer saftiges, frisches Brot. Willst du?
R.: Mit tausend Freuden nehme ich den Vorschlag an.
Fr.: Also du lieferst mir das Korn zinsfrei?
R.: Versteht sich, zinsfrei und mit Dank meinerseits.
Fr.: Ich kann aber nur einen Teil gebrauchen, ich will nicht alles haben.
R.:Wenn ich dir nun den ganzen Vorrat anbiete, mit der Maßgabe, daß du mir für
je 10 Sack nur 9 zurückzugeben brauchst?
Fr.: Ich danke, denn das hieße ja mit Zins arbeiten - zwar nicht mit aufschlagendem
(positivem), sondern mit kürzendem (negativem) Zins -, und statt des Gebers
wäre der Nehmer Kapitalist. Aber mein Glaube verbietet den Wucher, er ver-
bietet auch den umgekehrten Zins. Ich mache dir aber den Vorschlag, deinen
Weizenvorrat unter meine Aufsicht zu nehmen, den Schuppen zu bauen und alles
Nötige zu besorgen. Dafür wirst du mir für je 10 Sack jährlich zwei Sack als Lohn
bezahlen. Bist du damit einverstanden?
R.: Mir ist es gleich, ob deine Leistung unter dem Titel Wucher oder aber als Arbeit
gebucht wird. Ich gebe dir also 10 Sack, und du lieferst mir 8 Sack zurück. Ein-
verstanden!
Fr.: Ich brauche aber noch andere Sachen: einen Pflug, einen Wagen und Handwerks-
zeug. Willst du mir das alles auch zinsfrei überlassen? Ich verspreche, dir alles in
gleicher Güte zurückzuerstatten: für einen neuen Spaten einen neuen Spaten,
für eine neue Kette eine neue, rostfreie Kette!
R.: Gewiß bin ich dazu bereit. Denn jetzt habe ich von all diesen Vorräten nur Arbeit.
Neulich war der Bach übergetreten und hatte den Schuppen überschwemmt, alles
mit Schlamm bedeckend. Dann riß der Sturm das Dach fort, so daß alles verregnete.
Nun haben wir trockenes Wetter, und der Wind treibt Sand und Staub in den
Schuppen. Rost, Fäulnis, Bruch, Trockenheit, Licht und Dunkelheit, Holzwürmer,
Termiten, alles ist unausgesetzt an der Arbeit. Noch ein Glück, daß wir keine
Diebe und Brandstifter haben. Wie freue ich mich, jetzt durch Verleihen die Sachen
so schön und ohne Arbeit, Kosten und Verlust für später verfügbar zu behalten.
Fr.: Also du erkennst es jetzt als einen Vorteil, mir die Vorräte zinsfrei zu überlassen? (2)
R.: Unumwunden erkenne ich es an. Aber warum, so frage ich mich jetzt, bringen
drüben in der Heimat solche Vorräte dem Besitzer Zins ein?
Fr.: Die Erklärung mußt du im Gelde suchen, das drüben solche Geschäfte vermittelt.
R.: Was? Im Gelde soll die Ursache des Zinses liegen? Das kann doch nicht sein; -
denn höre, was Marx vom Geld und Zins sagt: "Die Arbeitskraft ist die Quelle
des Zinses (Mehrwert). Der Zins, der das Geld in Kapital verwandelt, kann nicht
vom Geld herrühren. Wenn es wahr ist, daß das Geld Tauschmittel ist, so tut es
nichts anderes, als die Preise der Waren bezahlen, die es kauft. Wenn es solcher-
maßen unveränderlich bleibt, so nimmt es nicht an Wert zu. Daher muß der Mehr-
wert (Zins), von den gekauften Waren herrühren, die teurer verkauft werden. Diese
Veränderung kann weder beim Kauf noch beim Verkauf stattfinden; in diesen
beiden Handlungen werden Äquivalente ausgetauscht. Es bleibt darum nur eine
Annahme frei, daß die Änderung durch den Gebrauch der Ware nach dan Kauf
und vor dem Wiederverkauf vor sich gehe." (Marx: Das Kapital, Kap. VI.)
Fr.: Wie lange bist du schon auf dieser Insel?
R.: Seit dreißig Jahren.
Fr.: Das merkt man. Du berufst dich noch auf die Wertlehre. Ach, lieber Robinson,
diese Sache ist erledigt. Die Wertlehre ist ausgestorben. Es ist überhaupt niemand
mehr da, der sie vertritt.
R.: Was, du sagst, die Marxsche Lehre vom Zins wäre ausgestorben? Das ist nicht
wahr! Wenn auch sonst niemand mehr da wäre, - ich vertrete sie!
Fr.: Gut, so vertritt sie, doch nicht nur mit Worten, sondern auch mit der Tat. Vertritt
sie, wenn du willst, mir gegenüber. Ich trete von dem soeben geschlossenen Handel
zurück. Du hast hier in deinen Vorräten das, was nach Wesen und Bestimmung
als die reinste Form dessen zu betrachten ist, was man gemeinhin "Kapital" nennt.
Ich fordere dich auf, als Kapitalist mir gegenüber aufzutreten. Ich brauche deine
Sachen. Kein Arbeiter ist jemals einem Unternehmer so nackt gegenübergetreten,
wie ich jetzt vor dir stehe. Niemals ist das wahre Verhältnis vom Kapitalbesitzer
zum Kapitalbedürftigen so rein zutage getreten, wie in unserem gegenseitigen
Verhältnis. Nun versuche, ob du von mir Zins erlangen kannst! Wollen wir also
den Handel wieder von vorne anfangen? (3)
R.: Ich verzichte. Die Ratten, Motten und der Rost haben meine kapitalistische Kraft
gebrochen. - Aber sage, wie erklärst du die Sache?
Fr.: Die Erklärung ist einfach. Bestände hier auf der Insel Geldwirtschaft, und ich als
Schiffbrüchiger bedürfte eines Darlehns, so müßte ich mich nach Lage der Dinge
an einen Geldgeber wenden, um die Dinge, die du mir soeben zinsfrei geliehen
hast, zu kaufen. Diesem Geldgeber aber, den Ratten, Motten, Rost, Feuer und
Dachschäden nicht bedrücken, kann ich nicht wie dir gegenübertreten. Den Ver-
lust, der mit dem Besitz der Waren verknüpft ist, - sieh, da schleppt der Hund
einen von deinen, will sagen, von meinen Hirschfellen fort! - den trägt nur der-
jenige, der die Waren aufzubewahren hat, nicht der Geldgeber; diesen berühren
all diese Sorgen und die herrlichen Beweise nicht, mit denen ich dich so mürbe
gemacht habe. Du hast die Kiste mit den Fellkleidern nicht zugeschlagen, als ich
dir jede Zinszahlung verweigerte. Die Natur des Kapitals machte dich zu weiteren
Verhandlungen geneigt. Der Geldkapitalist aber schlägt mir die Tür des Geldschrankes
vor der Nase zu, wenn ich ihm sage, ich würde keinen Zins zahlen. Dabei brauche
ich das Geld an sich ja nicht, sondern die Fellkleider, die ich mit dem Geld kaufen
würde. Die Fellkleider gibst du mir zinsfrei; das Geld dazu muß ich verzinsen!
R.: So wäre die Ursache des Zinses doch im Gelde zu suchen, und Marx wäre im
Unrecht? Auch da, wo er sagt: Im eigentlichen Handelskapital erscheint die Form
'G.W.G.' (Geld - Ware - Mehrgeld) = kaufen, um teurer zu verkaufen, am
reinsten. Anderseits geht seine ganze Bewegung innerhalb der Zirkulationssphäre
vor sich. Da es aber unmöglich ist, aus der Zirkulation selbst die Verwandlung von
Geld in Kapital zu erklären, erscheint das Handelskapital unmöglich, sobald Äqui-
valente ausgetauscht werden, daher nur ableitbar aus der doppelten Übervorteilung
der kaufenden und verkaufenden Warenproduzenten durch den sich parasitisch
zwischen sie schiebenden Kaufmann. Soll die Verwertung des Handelskapitals
nicht aus bloßer Prellerei der Warenproduzenten erklärt werden, so gehört dazu
eine lange Reihe von Mittelgliedern." (Marx, Kapital, 6. Aufl., Bd. I, S. 127.)
Fr.: Hier sowohl wie da ist er vollkommen im Irrtum. Und da er sich im Gelde irrte,
diesem Zentralnerv der ganzen Volkswirtschaft, so muß er überall im Irrtum sein.
Er beging - wie alle seine Jünger es taten - den Fehler, das Geldwesen aus dem
Kreis seiner Betrachtungen auszuschalten.
R.: Das haben mir unsere Verhandlungen über das Darlehn bewiesen. Das Geld ist
für Marx ja auch nur Tauschmittel, aber es tut, wie es scheint, mehr als nur "die
Preise der Waren bezahlen, die es kauft". Daß der Bankmann dem Darlehnsnehmer
den Geldschrank vor der Nase zuschlägt, wenn dieser keinen Zins zahlen will,
und nichts von den Sorgen kennt, die die Besitzer der Waren (Kapital) drücken,
das verdankt er nur der Übermacht, die das Geld an und für sich über die Ware
hat, - und da liegt der wunde Punkt!
Fr.: Wieviel Beweiskraft doch die Ratten, Motten und der Rost haben!
(1) So selbstverständlich die Sache ist, so ist es doch Tatsache, daß bis heute noch keiner
von allen Zinstheoretikern diesen Vorteil erkannt hat. Sogar Proudhon sah ihn nicht.
(2) Knut Wicksell: Wert, Kapital und Rente, S. 83: "Indessen behauptet Boehm-Bawerk,
daß die gegenwärtigen Güter den künftigen mindestens gleichstehen, da sie ja nötigenfalls
für die Verwendung in der Zukunft einfach "aufbewahrt werden können". Das ist gewiß eine
große Übertreibung. Boehm-Bawerk erwähnt freilich eine Ausnahme von dieser Regel,
nämlich in betreff von Gütern, die dem Verderb unterworfen sind, wie Eis, Obst und dergl.
Allein dasselbe trifft ja in höherem oder niedrigerem Maße bei allen Nahrungemitteln
ohne Ausnahme zu. Ja, es gibt vielleicht keine anderen Güter als etwa die edlen Metalle
oder Steine, deren Aufbewahrung für die Zukunft nicht besondere Arbeit und Fürsorge
erheischt, wozu noch die Gefahr kommt, daß sie dennoch durch Unfälle, wie Feuer und
dergl. verloren gehen können."
(Für Gold, Edelsteine, Wertpapiere gibt es jetzt in den Banken besondere Kammern
für Privatgebrauch. Aber man muß hier eine Miete bezahlen, um deren Betrag "das gegen-
wärtige dem künftigen" Gut mindestens nachsteht.)
(3) Man beachte die Vorbemerkung!
Dieser Text wurde im Juli 1997 ins Netz gebracht von: W. Roehrig. Weiterverbreitung ausdrücklich erwünscht.
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http://userpage.fu-berlin.de/~roehrigw/ ... wo/5_1.htm
5.1. Robinsonade, als Prüfstein für diese Theorie
Als Prüfstein für die Richtigkeit der hier entwickelten Zinstheorie, wie auch, um
dem gerade in dieser Frage so sehr in uralten Vorurteilen befangenen Leser das Ver-
ständnis zu erleichtern, schicke ich folgende Robinsonade voran.
Vorbemerkung. Der Kürze halber lasse ich den hier beschriebenen Darlehnsvertrag
ohne den regelnden Einfluß des Wettbewerbs sich vollziehen. Ließe ich den Wettbewerb
in die Darlehnsverhandlungen eingreifen, etwa so, daß auf einen Darlehnsnehmer (Fremd-
ling) mehrere Darlehnsgeber (mehrere Robinsons) kämen, so würde der Vertrag noch
viel günstiger für den Darlehnsnehmer ausfallen können, als es hier geschieht. - Eine
zweite Voraussetzung ist, daß die beiden Vertragsschließenden die Freiland-Grundsätze
anerkennen, weil deren Nichtanerkennung unter den obwaltenden Verhältnissen zu
Kampf und Raub, nicht zum Vertrage führen würde.
Robinson baute einen Kanal und mußte sich also auf 3 Jahre, der Dauer der ganzen
Arbeit, mit Vorräten versehen. Er schlachtete Schweine, bedeckte das Fleisch mit Salz,
füllte ein Loch in der Erde mit Getreide und deckte es sorgfältig zu. Er gerbte Hirsch-
felle und verarbeitete sie zu Kleidern, die er in einer Kiste verschloß, nachdem er als
Mottenscheuche noch eine Stinktierdrüse hineingelegt hatte.
Kurz, er sorgte nach seiner Ansicht gut für die nächsten drei Jahre.
Wie er nun eine letzte Berechnung darüber anstellte, ob sein "Kapital" für das ge-
plante Unternehmen auch ausreichen würde, sah er einen Menschen auf sich zuschreiten.
Hallo, rief der Fremdling, mein Kahn ist hier zerschellt, und so landete ich auf dieser
Insel. Kannst du mir mit Vorräten aushelfen, bis ich einen Acker urbar gemacht und
die erste Ernte eingeheimst habe?
Wie schnell flogen bei diesen Worten die Gedanken Robinsons von seinen Vorräten
zum Zins und zur Herrlichkeit des Rentnerlebens! Er beeilte sich, die Frage zu bejahen.
Vortrefflich! antwortete der Fremdling, aber ich will dir sagen, Zins zahle ich nicht;
sonst ernähre ich mich lieber von Jagd und Fischfang. Mein Glaube verbietet mir sowohl
Zins zu nehmen, wie auch Zins zu geben.
R.: Da hast du eine prächtige Religion. Aus welchem Grunde aber glaubst du denn,
daß ich dir Vorräte aus meinen Beständen herleihen werde, wenn du mir keinen
Zins gibst?
Fr.: Aus Eigennutz, Robinson; auf Grund deines wohlverstandenen Vorteiles, weil du
dabei gewinnst, und sogar ziemlich viel.
R.: Das, Fremdling, mußt du mir erst vorrechnen. Ich gestehe, daß ich nicht einsehe,
welchen Vorteil ich davon haben kann, dir meine Vorräte zinsfrei zu leihen.
Fr.: Nun, ich will dir alles vorrechnen, und wenn du es mir nachrechnen kannst, so
wirst du mir das Darlehn zinsfrei geben und dich noch bei mir bedanken. Ich
brauche zunächst Kleider, denn du siehst, ich bin nackt. Hast du einen Vorrat
an Kleidern?
R.: Die Kiste ist bis oben voll.
Fr.: Aber Robinson, wirklich, ich hätte dich für gescheiter gehalten! Wer wird denn
Kleider für drei Jahre in Kisten vernageln, Hirschleder, den Lieblingsfraß der
Motten! Außerdem müssen diese Kleider immer gelüftet und mit Fett eingerieben
werden, sonst werden sie hart und brüchig.
R.: Du hast recht, aber wie sollte ich es anders machen? Im Kleiderschrank sind sie
nicht besser geborgen; im Gegenteil, hier kommen Ratten und Mäuse noch zu
den Motten hinzu.
Fr.: Oh! Auch in die Kiste würden die Ratten gedrungen sein, - sieh, da haben sie
schon genagt!
R.: Wahrhaftig! Man weiß sich auch wirklich nicht davor zu retten!
Fr.: Du weißt dich nicht vor Mäusen zu schützen, und du sagst, du hättest rechnen
gelernt? Ich will dir sagen, wie Leute in deiner Lage sich bei uns gegen Mäuse,
Ratten, Motten, Diebe, gegen Brüchigwerden, Staub und Schimmel schützen.
Leihe mir diese Kleider, und ich verpflichte mich, dir neue Kleider zu machen,
sobald du welche brauchst. So bekommst du ebensoviele Kleider zurück, wie du
mit geliefert hast, und zwar werden diese Kleider, weil neu, bedeutend besser sein
als diejenigen, die du später aus dieser Kiste ziehen würdest. Obendrein werden
sie nicht mit Stinktieröl verpestet sein. Willst du das tun?
R.: Ja, Fremdling, ich will dir die Kiste mit den Kleidern abtreten, denn ich sehe ein,
daß es für mich vorteilhaft ist, dir auch ohne Zins die Kleider zu überlassen. (1)
Fr.: Nun zeige mir mal deinen Weizen. Ich brauche solchen sowohl zur Saat wie für
Brot.
R.: Dort am Hügel habe ich ihn vergraben.
Fr.: Du hast den Weizen für drei Jahre in einem Erdloch vergraben? Und der Schimmel,
die Käfer?
R.: Das weiß ich, aber was sollte ich machen? Ich habe die Sache nach allen Seiten
überlegt und nichts Besseres für die Aufbewahrung gefunden.
Fr.: Nun bück' dich mal! Siehst du die Käferchen an der Oberfläche herumspringen?
Siehst du das Gemüll? Und hier diese Schimmelbildung? Es ist die höchste Zeit,
daß der Weizen herausgehoben und gelüftet werde.
R.: Es ist zum Verzweifeln mit diesem Kapital! Wenn ich doch nur wüßte wie ich
mich verteidigen soll gegen diese tausendfältigen Zerstörungskräfte der Natur.
Fr.: Ich will dir sagen, Robinson, wie wir das bei uns zu Hause machen. Wir bauen
einen luftigen, trockenen Schuppen und schütten auf den gut gedielten Boden
den Weizen aus. Und regelmäßig alle drei Wochen wird der Weizen sorgfältig
gelüftet, indem wir mit Schaufeln das Ganze umwerfen. Dann halten wir eine
Anzahl Katzen, stellen Fallen auf, um die Mäuse zu fangen, versichern das Ganze
gegen Feuer und erreichen so, daß der jährliche Verlust an Güte und Gewicht
nicht mehr als 10 % beträgt.
R.: Aber bedenke doch, diese Arbeit, diese Kosten!
Fr.: Du scheust die Arbeit und willst keine Kosten? Ich will dir sagen, wie du es dann
anfangen mußt. Leihe mir deinen Vorrat, und ich werde dir das Gelieferte aus
meinen Ernten in frischem Getreide zurückzahlen, und zwar Pfund für Pfund,
Sack für Sack. So sparst du die Arbeit, einen Schuppen zu bauen, brauchst das
Getreide nicht umzuschaufeln und keine Katzen zu füttern, verlierst nichts am
Gewicht und hast statt alten Korns immer saftiges, frisches Brot. Willst du?
R.: Mit tausend Freuden nehme ich den Vorschlag an.
Fr.: Also du lieferst mir das Korn zinsfrei?
R.: Versteht sich, zinsfrei und mit Dank meinerseits.
Fr.: Ich kann aber nur einen Teil gebrauchen, ich will nicht alles haben.
R.:Wenn ich dir nun den ganzen Vorrat anbiete, mit der Maßgabe, daß du mir für
je 10 Sack nur 9 zurückzugeben brauchst?
Fr.: Ich danke, denn das hieße ja mit Zins arbeiten - zwar nicht mit aufschlagendem
(positivem), sondern mit kürzendem (negativem) Zins -, und statt des Gebers
wäre der Nehmer Kapitalist. Aber mein Glaube verbietet den Wucher, er ver-
bietet auch den umgekehrten Zins. Ich mache dir aber den Vorschlag, deinen
Weizenvorrat unter meine Aufsicht zu nehmen, den Schuppen zu bauen und alles
Nötige zu besorgen. Dafür wirst du mir für je 10 Sack jährlich zwei Sack als Lohn
bezahlen. Bist du damit einverstanden?
R.: Mir ist es gleich, ob deine Leistung unter dem Titel Wucher oder aber als Arbeit
gebucht wird. Ich gebe dir also 10 Sack, und du lieferst mir 8 Sack zurück. Ein-
verstanden!
Fr.: Ich brauche aber noch andere Sachen: einen Pflug, einen Wagen und Handwerks-
zeug. Willst du mir das alles auch zinsfrei überlassen? Ich verspreche, dir alles in
gleicher Güte zurückzuerstatten: für einen neuen Spaten einen neuen Spaten,
für eine neue Kette eine neue, rostfreie Kette!
R.: Gewiß bin ich dazu bereit. Denn jetzt habe ich von all diesen Vorräten nur Arbeit.
Neulich war der Bach übergetreten und hatte den Schuppen überschwemmt, alles
mit Schlamm bedeckend. Dann riß der Sturm das Dach fort, so daß alles verregnete.
Nun haben wir trockenes Wetter, und der Wind treibt Sand und Staub in den
Schuppen. Rost, Fäulnis, Bruch, Trockenheit, Licht und Dunkelheit, Holzwürmer,
Termiten, alles ist unausgesetzt an der Arbeit. Noch ein Glück, daß wir keine
Diebe und Brandstifter haben. Wie freue ich mich, jetzt durch Verleihen die Sachen
so schön und ohne Arbeit, Kosten und Verlust für später verfügbar zu behalten.
Fr.: Also du erkennst es jetzt als einen Vorteil, mir die Vorräte zinsfrei zu überlassen? (2)
R.: Unumwunden erkenne ich es an. Aber warum, so frage ich mich jetzt, bringen
drüben in der Heimat solche Vorräte dem Besitzer Zins ein?
Fr.: Die Erklärung mußt du im Gelde suchen, das drüben solche Geschäfte vermittelt.
R.: Was? Im Gelde soll die Ursache des Zinses liegen? Das kann doch nicht sein; -
denn höre, was Marx vom Geld und Zins sagt: "Die Arbeitskraft ist die Quelle
des Zinses (Mehrwert). Der Zins, der das Geld in Kapital verwandelt, kann nicht
vom Geld herrühren. Wenn es wahr ist, daß das Geld Tauschmittel ist, so tut es
nichts anderes, als die Preise der Waren bezahlen, die es kauft. Wenn es solcher-
maßen unveränderlich bleibt, so nimmt es nicht an Wert zu. Daher muß der Mehr-
wert (Zins), von den gekauften Waren herrühren, die teurer verkauft werden. Diese
Veränderung kann weder beim Kauf noch beim Verkauf stattfinden; in diesen
beiden Handlungen werden Äquivalente ausgetauscht. Es bleibt darum nur eine
Annahme frei, daß die Änderung durch den Gebrauch der Ware nach dan Kauf
und vor dem Wiederverkauf vor sich gehe." (Marx: Das Kapital, Kap. VI.)
Fr.: Wie lange bist du schon auf dieser Insel?
R.: Seit dreißig Jahren.
Fr.: Das merkt man. Du berufst dich noch auf die Wertlehre. Ach, lieber Robinson,
diese Sache ist erledigt. Die Wertlehre ist ausgestorben. Es ist überhaupt niemand
mehr da, der sie vertritt.
R.: Was, du sagst, die Marxsche Lehre vom Zins wäre ausgestorben? Das ist nicht
wahr! Wenn auch sonst niemand mehr da wäre, - ich vertrete sie!
Fr.: Gut, so vertritt sie, doch nicht nur mit Worten, sondern auch mit der Tat. Vertritt
sie, wenn du willst, mir gegenüber. Ich trete von dem soeben geschlossenen Handel
zurück. Du hast hier in deinen Vorräten das, was nach Wesen und Bestimmung
als die reinste Form dessen zu betrachten ist, was man gemeinhin "Kapital" nennt.
Ich fordere dich auf, als Kapitalist mir gegenüber aufzutreten. Ich brauche deine
Sachen. Kein Arbeiter ist jemals einem Unternehmer so nackt gegenübergetreten,
wie ich jetzt vor dir stehe. Niemals ist das wahre Verhältnis vom Kapitalbesitzer
zum Kapitalbedürftigen so rein zutage getreten, wie in unserem gegenseitigen
Verhältnis. Nun versuche, ob du von mir Zins erlangen kannst! Wollen wir also
den Handel wieder von vorne anfangen? (3)
R.: Ich verzichte. Die Ratten, Motten und der Rost haben meine kapitalistische Kraft
gebrochen. - Aber sage, wie erklärst du die Sache?
Fr.: Die Erklärung ist einfach. Bestände hier auf der Insel Geldwirtschaft, und ich als
Schiffbrüchiger bedürfte eines Darlehns, so müßte ich mich nach Lage der Dinge
an einen Geldgeber wenden, um die Dinge, die du mir soeben zinsfrei geliehen
hast, zu kaufen. Diesem Geldgeber aber, den Ratten, Motten, Rost, Feuer und
Dachschäden nicht bedrücken, kann ich nicht wie dir gegenübertreten. Den Ver-
lust, der mit dem Besitz der Waren verknüpft ist, - sieh, da schleppt der Hund
einen von deinen, will sagen, von meinen Hirschfellen fort! - den trägt nur der-
jenige, der die Waren aufzubewahren hat, nicht der Geldgeber; diesen berühren
all diese Sorgen und die herrlichen Beweise nicht, mit denen ich dich so mürbe
gemacht habe. Du hast die Kiste mit den Fellkleidern nicht zugeschlagen, als ich
dir jede Zinszahlung verweigerte. Die Natur des Kapitals machte dich zu weiteren
Verhandlungen geneigt. Der Geldkapitalist aber schlägt mir die Tür des Geldschrankes
vor der Nase zu, wenn ich ihm sage, ich würde keinen Zins zahlen. Dabei brauche
ich das Geld an sich ja nicht, sondern die Fellkleider, die ich mit dem Geld kaufen
würde. Die Fellkleider gibst du mir zinsfrei; das Geld dazu muß ich verzinsen!
R.: So wäre die Ursache des Zinses doch im Gelde zu suchen, und Marx wäre im
Unrecht? Auch da, wo er sagt: Im eigentlichen Handelskapital erscheint die Form
'G.W.G.' (Geld - Ware - Mehrgeld) = kaufen, um teurer zu verkaufen, am
reinsten. Anderseits geht seine ganze Bewegung innerhalb der Zirkulationssphäre
vor sich. Da es aber unmöglich ist, aus der Zirkulation selbst die Verwandlung von
Geld in Kapital zu erklären, erscheint das Handelskapital unmöglich, sobald Äqui-
valente ausgetauscht werden, daher nur ableitbar aus der doppelten Übervorteilung
der kaufenden und verkaufenden Warenproduzenten durch den sich parasitisch
zwischen sie schiebenden Kaufmann. Soll die Verwertung des Handelskapitals
nicht aus bloßer Prellerei der Warenproduzenten erklärt werden, so gehört dazu
eine lange Reihe von Mittelgliedern." (Marx, Kapital, 6. Aufl., Bd. I, S. 127.)
Fr.: Hier sowohl wie da ist er vollkommen im Irrtum. Und da er sich im Gelde irrte,
diesem Zentralnerv der ganzen Volkswirtschaft, so muß er überall im Irrtum sein.
Er beging - wie alle seine Jünger es taten - den Fehler, das Geldwesen aus dem
Kreis seiner Betrachtungen auszuschalten.
R.: Das haben mir unsere Verhandlungen über das Darlehn bewiesen. Das Geld ist
für Marx ja auch nur Tauschmittel, aber es tut, wie es scheint, mehr als nur "die
Preise der Waren bezahlen, die es kauft". Daß der Bankmann dem Darlehnsnehmer
den Geldschrank vor der Nase zuschlägt, wenn dieser keinen Zins zahlen will,
und nichts von den Sorgen kennt, die die Besitzer der Waren (Kapital) drücken,
das verdankt er nur der Übermacht, die das Geld an und für sich über die Ware
hat, - und da liegt der wunde Punkt!
Fr.: Wieviel Beweiskraft doch die Ratten, Motten und der Rost haben!
(1) So selbstverständlich die Sache ist, so ist es doch Tatsache, daß bis heute noch keiner
von allen Zinstheoretikern diesen Vorteil erkannt hat. Sogar Proudhon sah ihn nicht.
(2) Knut Wicksell: Wert, Kapital und Rente, S. 83: "Indessen behauptet Boehm-Bawerk,
daß die gegenwärtigen Güter den künftigen mindestens gleichstehen, da sie ja nötigenfalls
für die Verwendung in der Zukunft einfach "aufbewahrt werden können". Das ist gewiß eine
große Übertreibung. Boehm-Bawerk erwähnt freilich eine Ausnahme von dieser Regel,
nämlich in betreff von Gütern, die dem Verderb unterworfen sind, wie Eis, Obst und dergl.
Allein dasselbe trifft ja in höherem oder niedrigerem Maße bei allen Nahrungemitteln
ohne Ausnahme zu. Ja, es gibt vielleicht keine anderen Güter als etwa die edlen Metalle
oder Steine, deren Aufbewahrung für die Zukunft nicht besondere Arbeit und Fürsorge
erheischt, wozu noch die Gefahr kommt, daß sie dennoch durch Unfälle, wie Feuer und
dergl. verloren gehen können."
(Für Gold, Edelsteine, Wertpapiere gibt es jetzt in den Banken besondere Kammern
für Privatgebrauch. Aber man muß hier eine Miete bezahlen, um deren Betrag "das gegen-
wärtige dem künftigen" Gut mindestens nachsteht.)
(3) Man beachte die Vorbemerkung!
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Spieglein,Spieglein an ...
SPIEGEL SPECIAL 5/1996 Seite 10:
Das Geldwunder von Wörgl
Aufschwung durch Banknoten mit Werteverlust
"Etwas Schwund ist immer", lautet eine alte Lebensregel. Und natürlich gilt sie auch fürs Geld. Doch der Bürgermeister des 4200-Seelen-Dorfes Wörgl in Tirol schaffte 1932 das Kunststück, aus Geldschwund Kapital zu schlagen. Die Weltwirtschaftskrise hatte 400 Wörgler Bürger arbeitslos gemacht; keine Bank hätte der überschuldeten Gemeinde auch nur einen weiteren Schilling Kredit gegeben, um Gehälter oder Sozialhilfe auszuzahlen. Wörgl war bankrott.
Um die Kasse wieder aufzufüllen, heckte der Bürgermeister einen unkonventionellen Plan aus: In einer Art Bündnis für Arbeit rückten alle Wörgler Bürger zusammen und ermächtigten die Gemeinde, sogenanntes Schwundgeld in Umlauf zu bringen: Monat für Monat verloren die Scheine ein Prozent ihres Wertes.
Mit der flüchtigen Währung, deren eigentlicher Erfinder der Geldreformer Silvio Gesell war, legte Wörgl ein Beschäftigungsprogramm auf, ließ Straßen asphaltieren und das Kanalisationsnetz ausbauen. Rund hundert Arbeitslose fanden so ein neues Auskommen. Geschwind wanderte das Geld von Hand zu Hand, ehe schließlich Gemeindesteuern oder Wasserrechnungen beglichen wurden. Die Folge: Wörgl war stets gut bei Kasse.
Erst nach 13 Monaten endete das Wirtschaftswunder von Wörgl: Die Notenbank verbot das Schwundgeld. Seitdem verschwindet das Geld auch in Wörgl wieder ganz von selbst.
Thomas H. Wendel
Links auf weitere Texte über Wörgl:
im Buch von M. Kennedy
im Buch von H. Creutz
im Buch von B. Senf
Fritz Schwartz: Das Experiment von Wörgl
W. Onken: Modellversuche mit sozialpflichtigem Boden und Geld
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Das Geldwunder von Wörgl
Aufschwung durch Banknoten mit Werteverlust
"Etwas Schwund ist immer", lautet eine alte Lebensregel. Und natürlich gilt sie auch fürs Geld. Doch der Bürgermeister des 4200-Seelen-Dorfes Wörgl in Tirol schaffte 1932 das Kunststück, aus Geldschwund Kapital zu schlagen. Die Weltwirtschaftskrise hatte 400 Wörgler Bürger arbeitslos gemacht; keine Bank hätte der überschuldeten Gemeinde auch nur einen weiteren Schilling Kredit gegeben, um Gehälter oder Sozialhilfe auszuzahlen. Wörgl war bankrott.
Um die Kasse wieder aufzufüllen, heckte der Bürgermeister einen unkonventionellen Plan aus: In einer Art Bündnis für Arbeit rückten alle Wörgler Bürger zusammen und ermächtigten die Gemeinde, sogenanntes Schwundgeld in Umlauf zu bringen: Monat für Monat verloren die Scheine ein Prozent ihres Wertes.
Mit der flüchtigen Währung, deren eigentlicher Erfinder der Geldreformer Silvio Gesell war, legte Wörgl ein Beschäftigungsprogramm auf, ließ Straßen asphaltieren und das Kanalisationsnetz ausbauen. Rund hundert Arbeitslose fanden so ein neues Auskommen. Geschwind wanderte das Geld von Hand zu Hand, ehe schließlich Gemeindesteuern oder Wasserrechnungen beglichen wurden. Die Folge: Wörgl war stets gut bei Kasse.
Erst nach 13 Monaten endete das Wirtschaftswunder von Wörgl: Die Notenbank verbot das Schwundgeld. Seitdem verschwindet das Geld auch in Wörgl wieder ganz von selbst.
Thomas H. Wendel
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im Buch von H. Creutz
im Buch von B. Senf
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Das Wunder von Wörgel
Das Wirtschaftswunder von Wörgl
Es war einmal - so beginnen alle Märchen, und es klingt tatsächlich wie ein Märchen: Es war einmal in der kleinen Stadt Wörgl ein Eisenbahner, genauer gesagt ein Lokomotivführer, der 1931 zum Bürgermeister gewählt wurde. Michael Unterguggenberger stammte aus einer tiroler Kleinbauernfamilie. Er mußte mit zwölf Jahren die Schule verlassen, um in einem Sägewerk als Hilfsarbeiter ein paar Kreuzer zu verdienen, um so zum Unterhalt der Familie beizutragen. Doch er wollte nicht Hilfsarbeiter bleiben und trat mit 15 bei einem Mechanikermeister in Imst in die Lehre. Das Lehrgeld - das man damals dem Meister bezahlen mußte - sparte er Heller um Heller, einen Teil zahlte er erst als Geselle ab. Den Gesellenjahren folgten die Handwerksburschen- Wanderjahre, über den Bodensee nach Wien, Rumänien und Deutschland. Auf diesem Weg lernte der aufgeschlossene Handwerksbursche die Gewerkschaft kennen und die Konsumgenossenschaft - die ersten Formen proletarischer Gemeinschaft.
Der 21jährige Unterguggenberger entscheidet sich für eine Anstellung bei der Eisenbahn und wird in den Bahnknotenpunkt Wörgl versetzt. Trotz guter Arbeit und ehrgeizigem Streben gibt es für ihn kein Weiterkommen - denn er ist Sozialdemokrat und aktiver Gewerkschafter. Als solcher wird er 1912 in die Personalkommission der österreichischen Staatsbahnen als Vertreter für die Gruppe "Diener im Lokomotivfahrdienst des Dienstbezirks Innsbruck" entsandt. Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs wurde er Gemeinderat, dann Vizebürgermeister, und im Jahr 1931 wurde er Bürgermeister der 4216 Einwohner zählenden Stadt Wörgl.
Über die weltweite Wirtschaftskrise der zwanziger und dreißiger Jahre sind Dutzende Bücher geschrieben, Hunderte Untersuchungen angestellt worden. Es war die bitterste Not der Arbeitslosigkeit - in Deutschland hat sie die Erfolge Hitlers maßgeblich begünstigt.
Während im Bahnknotenpunkt Wörgl im Jahr 1930 noch 310 Eisenbahner in Arbeit waren, waren es im Jahr 1933 nur noch 190. Die Arbeitslosen bestürmten ihren früheren Kollegen, den sie zum Bürgermeister gemacht hatten, um Hilfe.
Doch was sollte dieser tun? Nicht nur unter den Eisenbahnern wuchs die Arbeitslosigkeit. Große Industrien gab es dort nicht, und die Zwergbetriebe der Stadt und der Umgebung bröckelten ab, die Zahl der Arbeitslosengeldempfänger stieg. Auch stieg die Zahl der "Ausgesteuerten" - 1932 waren es 200 - die von der städtischen Armenfürsorge betreut werden mußten.
Michael Unterguggenberger stand dieser Katastrophe zwar ratlos, aber nicht untätig gegenüber. Die g'scheiten Leut' - dachte er -, die so viele Bücher geschrieben haben, die müßten doch Rat wissen! Er studierte Karl Marx, fand dort den Namen Pierre Joseph Proudhon als Verfasser von, "System der wirtschaftlichen Widersprüche" und fraß sich durch dieses Werk. Vergeblich! Erst als ihm Silvio Gesells "Natürliche Wirtschaftsordnung" in die Hände fiel, kam ihm der rettende Gedanke. Er las und las, manche Seite zwei- und dreimal, bis er glaubte, die Antwort auf seine Fragen gefunden zu haben. Da bei Unterguggenberger der Wille zum Helfen das Entscheidende war, entwarf er ein Hilfsprogramm.
Vor allem sprach er mit jedem Mitglied des Gemeinderats und jedem Mitglied des Wohlfahrtsausschusses: einzeln, bis er glaubte, sie von seiner Idee überzeugt zu haben. Dann berief er eine Sitzung ein und sagte: Wir haben 400 Arbeitslose in unserer kleinen Gemeinde, davon über 200 Ausgesteuerte; im Bezirk beträgt die Zahl der Arbeitslosen mehr als 1500. Unsere Gemeindekasse ist leer. Unser einziges Guthaben sind Steuerrückstände für das Jahr 1931 in der Höhe von 118.000 S aber wir können keinen Groschen hereinbringen; die Leute haben einfach kein Geld. Wir schulden der Sparkasse der Stadt Innsbruck 1.300.000 S, und wir können die Zinsen dafür nicht zahlen. Wir schulden der Landesregierung und dem Bund Geld, und da wir nicht zahlen, können wir auch von ihnen keine Gemeindeanteile bekommen. Die Gemeindesteuern brachten im ersten Halbjahr ganze 3000 S. Die Lage unserer Gemeinde wird immer schlimmer, da niemand Steuern zahlen kann. Nur die Zahl der Arbeitslosen steigt und steigt.
Dann unterbreitete der Bürgermeister seinen Plan des "Schwundgeldes".
Der Umlauf des Geldes, das die Nationalbank herausgibt, ist zu langsam, man müßte den Geldumlauf beschleunigen. Die Beträge müßten ihren Besitzer rascher wechseln, das heißt, das Geld muß wieder zum Tauschmittel werden. Natürlich dürfen wir dieses Tauschmittel nicht "Geld" nennen, das ist nicht erlaubt. Wir nennen es "Arbeitsbestätigung". Solche Arbeitsbestätigungen wurden nun in der Höhe von 1 S, 5 S und 10 S beschlossen. (Man beachte die kleine Zahl, die damals schon "Lohn" bedeutete.) Die bange Frage war: Werden die Kaufleute das Geld wirklich in Zahlung nehmen?
Nun setzt ein wichtiges Kapitel unseres Märchens ein: Die Arbeitsbestätigung wurde an Zahlungsstatt genommen, der Hausherr nahm sie für die schuldige Miete, der Kaufmann nahm sie und sagte noch "Danke schön, kommen Sie bald wieder!"
Vor allem begann die Gemeinde mit den notwendigsten Arbeiten. Das erste Bauvorhaben wurde am 11. Juli 1932 begonnen: Kanalisierung eines Stadtteils, überfällige Straßenarbeiten, Asphaltierung der Hauptstraßen. Kostenpunkt: 43.386 S, die nun zum Teil als Löhne in die Bevölkerung zurückflossen. Für den Bau einer Schisprungschanze wurden 500 Arbeitsschichten geleistet, eine Notstandsküche wurde eingerichtet, Kostenpunkt: 4000 S usw. Für ein Viertel der Arbeitslosen gab es wieder Brot; Familien, in denen alle Erwachsenen arbeitslos waren, wurde das Los sehr erleichtert.
Die Lohnauszahlung erfolgte ausnahmslos in Arbeitsbestätigungen. Sie wanderten von der Gemeinde zum Baumeister, von diesem zum Arbeiter, vom Arbeiter zum Bäcker, zum Fleischer, zum Friseur usw. Die Verwaltung der Arbeitsbestätigungen war Sache der Gemeinde, sie konnten aber auch beim Spar- und Darlehensverein der Stadt Wörgl gekauft und gegen normales Geld verkauft werden.
Warum aber wurde er "Schwundgeld" genannt? Nun, es wurde eine monatliche Entwertung von 1% beschlossen, das heißt von 12% jährlich. Für dieses eine Prozent mußte der Besitzer der Arbeitsbestätigung eine Marke kaufen - also 1 Groschen, 5 Groschen oder 10 Groschen, die am Monatsanfang auf die Arbeitsbestätigung aufgeklebt werden mußte. Fehlte diese Marke, so war der Schein um 1 % weniger wert.
Ein weiteres Kapitel unseres Märchens: Die Bank verlangte für ihre Leistungen im Dienste des Arbeitsbestätigungsverkehrs keine Gebühren, aller Gewinn floß in die Gemeindekasse. Von den Eingängen verlieh außerdem der Spar- und Darlehensverein Darlehen an vertrauenswürdige Kreditnehmer zu dem (märchenhaften) Zinsfuß von 6%, den sie nicht behielt, sondern auch der Gemeindekasse zufließen ließ.
Die Kunde von der Sanierung der Gemeinde Wörgl sprach sich in der Welt herum. Wörgl wurde eine Art Wallfahrtsort für Volkswirtschaftler. Sie fanden die Vorzüge des Schwundgelds enorm, denn es machte das Hamstern von Geld unsinnig, der Sparer trug es auf die Sparkasse. Da es nur im Ort Gültigkeit hatte, wurden hier auch die größeren Einkäufe getätigt, man fuhr nicht mehr nach Innsbruck einkaufen.
Der Schweizer Journalist Bourdet berichtete: "Ich habe Wörgl im August 1933 besucht, also genau ein Jahr nach Beginn des Experiments. Man muß unparteiisch anerkennen, daß der Erfolg an das Wunderbare grenzt. Die früher für ihren grauenhaften Zustand verschrieenen Straßen gleichen jetzt Autobahnen. Das Bürgermeisteramt schön restauriert, ein reizendes Chalet mit blühenden Geranien. Die Arbeiter sind alle fanatische Freigeldler. In allen Läden nimmt man die Arbeitsbestätigungen zum gleichen Wert wie das offizielle Geld."
Die Leute in Kitzbühel, die zuerst die Wörgler verlachten, entschlossen sich bald zur Nachahmung. Sie setzten für 3000 S - nämlich 1 S pro Kopf - Schwundgeld in Umlauf. Die Scheine der beiden Gemeinden galten in beiden Gemeinden und wurden hüben und drüben anstandslos angenommen. Zahlreiche andere österreichische Gemeinden wollten das Beispiel Wörgls nachahmen, entschlossen sich aber abzuwarten, was die inzwischen in Aktion getretene Regierung entscheiden werde.
Diese, die faschistische Regierung Dollfuß, legte Beschwerde ein. Das wär' ja noch schöner! Ein Prolet, der nur bis zum 12. Lebensjahr die Schule besucht hatte, der weder Volkswirtschaft noch Nationalökonomie studiert hatte, der nicht den kleinsten Doktortitel aufweisen kann, ein Eisenbahner, ein Sozialdemokrat wollte sich erfrechen, die österreichische Währung zu korrigieren! Die Ausgabe von Geld in jeder Art ist nur der Nationalbank gestattet. Das Schwundgeld wurde verboten. Bürgermeister Unterguggenberger begnügte sich nicht mit dem Bescheid, und der Prozeß, den Wörgl führte, lief durch alle drei Instanzen - erfolglos. Am 18. November 1933 wurde der Einspruch Wörgls endgültig abgewiesen. Da aber der Rekurs keine aufschiebende Wirkung hatte, mußte schon am 15. September das Schwundgeld eingezogen werden.
Mit der Wära in Schwanenkirchen wars ganz ähnlich.
Außer das es kein Verbot gab dafür aber den Einzug der Prägestempel.
3.1 Die Wära-Tauschgesellschaft und der lokale Wirtschaftsaufschwung in Schwanenkirchen
In dieser Absicht begannen Hans Timm und Helmut Rödiger 1926 mit den
Vorbereitungen fiir die praktische Erprobung eines umlaufgesicherten Geldes. Sie
führten im Oktober 1929 - etwa zur selben Zeit, als mit dem Schwarzen Freitag an
der New Yorker Börse die große Weltwirtschaftskrise begann - in Erfurt zur
Gründung einer Wära-Tauschgesellschaft. Ihrer Satzung zufolge verstand sie sich
als eine private ". . . Vereinigung zur Bekämpfung von Absatzstockung und
Arbeitslosigkeit. Ihr Ziel ist die Erleichterung des Waren- und Leistungsaustausches
unter ihren Mitgliedern durch die Ausgabe von Tauschbons." (7) Nach zwei Jahren
gehörten der Tauschgesellschaft bereits mehr als eintausend Firmen aus allen Teilen
des damaligen Deutschen Reiches als Mitglieder an. Unter ihnen waren Lebens-
mittelgeschäfte, Bäckereien, Molkereien, Restaurants, Reformhäuser, Schlachtereien,
Blumenläden, Friseursalons, Handarbeitsläden, Möbelgeschäfte, Elektrohändler,
Fahrradgeschäfte, verschiedene Handwerksbetriebe, Druckereien, Buchhandlungen
und Kohlenhandlungen. Alle diese Firmen führten das Hinweisschild "Hier wird
Wära angenommen". Wära war die Bezeichnung für die Tauschbons. Sie drückte die
Hoffnung aus, daß die Währung nach den Jahren der Inflation und Defiation
wirklich währen sollte. Die Geschäftsstelle der Tauschgesellschaft gab die Wära auf
Anforderung und nach Bedarf gegen Reichsmark oder sonstige Devisen oder gegen
Quittung und Sicherheitsleistung an örtliche Wechselstellen aus. Solche Wechsel-
stellen gab es unter anderen in Berlin, Bielefeld, Bonn, Chemnitz, Dortmund,
Düsseldorf, Eisenach, Erfurt, Freiburg, Halle/S., Hamburg, Köln, Leipzig und
Nürnberg. Sie händigten die Wära-Scheine - wiederum gegen Reichsmark, sonstige
Devisen oder hinreichende Sicherheiten - in der gewünschten Höhe an Firmen und
Einzelpersonen in Nennwerten von 1/2, 1, 2 und 5 Wära aus. (8)
Zwischen diesen Firmen und Einzelpersonen lief nunmehr die Wära anstelle der
Reichsmark als Tauschmittel um. Die Firmen bezahlten (zumindest teilweise) die
Löhne und Gehälter in Wära aus und mit derselben Wära kauften sich die
Einzelpersonen die gewünschten Güter. So entstand innerhalb der deutschen
Wirtschaft allmählich ein kleiner separater Kreislauf von Ersatzzahlungsmitteln
neben dem von krisenhaften Stockungen gestörten Kreislauf der Reichsmark.
Gemäß den Vorstellungen Gesells waren diese Wära-Scheine mit einem Umlauf-
antrieb ausgestattet, der ihre krisenauslösende Hortung verhindern sollte. Die
Scheine waren nämlich auf ihrer Rückseite mit zwölf Feldern bedruckt, auf die in
jedem Monat jeweils eine Marke von einem Prozent des Nennwerts aufgeklebt
werden mußte. Die Mitglieder der Tauschgesellschaft mußten also in Höhe von
einem Prozent des in ihren Händen befindlichen Wärabetrags am Monatsende
Marken bei den örtlichen Wechselstellen erwerben, wenn sie sicher gehen wollten,
daß ihre Zahlungsmittel auch im nächsten Monat noch ihren vollen Nennwert
behielten.
Die Marken stellten gleichsam eine "Strafgebühr" für die Nichtnutzung der Wära als
Tauschmittel dar. Dieser allmonatlich fälligen Strafgebühr konnten die Mitglieder
entgehen oder sie zumindestens auf ein Minimum begrenzen, wenn sie die Wära für
Warenkäufe verwendeten oder als Ersparnisse bei der Geschäftsstelle hinterlegten,
die sie ihrerseits wieder in Form von Krediten verleihen konnte. Aus dem Bestreben,
die Entrichtung der "Strafgebühr" möglichst zu vermeiden, resultierte im Endeffekt
der für alle Beteiligten vorteilhafte stetige Umlauf der Wära. Die einzelnen Scheine
wurden übrigens nach Ablauf eines Jahres, wenn alle Felder beklebt waren,
innerhalb einer Frist gegen neue Scheine umgetauscht.
Internationales Aufsehen erregte dieses erste praktische Freigeldexperiment, als der
bis dahin noch kleine überregionale Wärakreislauf sich gegen Ende des Jahres 1930
in der 500 Einwohner zählenden niederbayerischen Ortschaft Schwanenkirchen bei
Deggendorf zu einem lokalen Knotenpunkt verdichtete. In Schwanenkirchen gab es
damals ein Braunkohlenbergwerk, das die Stadt Deggendorf und nach ihr eine
private Aktiengesellschaft betrieben hatten. Als das Unternehmen wie so viele
deutsche Kohlegruben in Absatzschwierigkeiten geriet und die Halden immer größer
wurden, weil der englische Kohlebergbau seit Mitte der zwanziger Jahre Wettbe-
werbsvorteile auf dem Weltmarkt errungen hatte, war es 1927 wegen mangelnder
Rentabilität stillgelegt worden. Da es der mit Abstand größte Arbeitgeber in dieser
Gegend gewesen war, kam das gesamte Wirtschaftsleben hier rasch zum Erliegen.
Im Herbst 1930, als die Weltwirtschaft sich bereits mitten in ihrer großen
Deflationskrise befand, konnten Schwanenkirchen und seine Nachbargemeinden
Hengersberg und Schöllnach jedoch einen spektakulären Ausweg aus der Krise
finden. In der Zwischenzeit hatte der Bergbauingenieur Max Hebecker das
Schwanenkirchener Bergwerk bei einer Versteigerung erworben. Zunächst fehlte
ihm zwar das nötige Betriebskapital für eine Wiederaufnahme der Produktion, da
ihm die Banken keinen Kredit geben wollten. Aber nachdem er sich an die Wära-
Tauschgesellschaft gewandt hatte, bildete diese ein Wära-Finanzierungs-Konsortium
und beschaffte durch Ausgabe von Anteilscheinen die nötigen 50.000 Reichsmark,
die zum größeren Teil als Wära- und zum kleineren Teil als RM-Kredit ausgeliehen
wurden. Mit diesem Geld konnte Hebecker das Bergwerk wieder in Betrieb
nehmen; er beschäftigte zunächst etwa 45 Bergleute und stellte bald darauf weitere
ein. 60 bis 75 Prozent ihres Lohnes wurden in Wära und die restlichen zehn Prozent
in Reichsmark ausbezahlt.
Anfangs waren die örtlichen Geschäftsleute skeptisch gegenüber diesem unge-
wöhnlichen Geld und weigerten sich, es als Zahlungsmittel anzunehmen. Als
Hebecker aber begann, sich von mitteldeutschen Mitgliedsfirmen der Tausch-
gesellschaft mit Waren beliefern zu lassen, erkannten sie, daß ihnen hier durch ihre
eigene Zaghaftigkeit ein gutes Geschäft entging, und erklärten sich zur Annahme
der Wära bereit. Während die Massen von Arbeitslosen andernorts große Not zu
leiden hatten, kam die lokale Wirtschaft in Schwanenkirchen, Hengersberg und
Schöllnach wieder in Gang. Alsbald war die Rede von der " Wära Insel im
Bayerischen Wald" (9), wo die Arbeitslosigkeit gebannt war und wo die
umlaufgesicherten Wära-Scheine einen stetigen Absatz der Waren vermittelten.
Die von den Initiatoren der Tauschgesellschaft in die Wära gesetzten Erwartungen
schienen sich in Schwanenkirchen trotz mancherlei Komplikationen (ein Sturm
richtete beträchtliche finanzielle Schäden in Hebeckers Bergwerk an) zu erfüllen.
Die Idee eines umlaufgesicherten Geldes hatte bei ihrer ersten praktischen
Erprobung in kleinem Rahmen ihre Brauchbarkeit erwiesen und das Schwanen-
kirchener Beispiel wurde in der deutschen Öffentlichkeit beachtet. Der Erfolg der
Wära weckte jedoch auch den Argwohn der Deutschen Reichsbank. Sie mußte
befürchten, daß sich durch eine weitere Verbreitung der Wära ein konkurrierendes
Zahlungsmittel neben der offiziellen Reichsmark etablieren könnte. Dem Interesse
der Deutschen Reichsbank an der Wahrung ihres Ansehens kam es deshalb sehr
gelegen, daß der Reichsfinanzminister H. Dietrich im Zuge der Brüningschen
Notverordnungen die Herstellung, Ausgabe und Benutzung jeglichen Notgeldes im
Oktober 1931 durch eine Verordnung verbot. Der § 1, Abs. 3 dieser Verordnung
bestimmte, daß auch die Wära-Scheine als Notgeld anzusehen seien; damit waren
auch sie von diesem Verbot betroffen.
Trotz seines verheißungsvollen Beginns mußte das Freigeldexperiment Ende 1931
abgebrochen werden. Die Wära-Tauschgesellschaft sah sich gezwungen, die
ausgegebenen Wära-Scheine wieder gegen Reichsmark einzulösen und ihre Tätig-
keit einzustellen. Hebecker mußte das Schwanenkirchener Bergwerk wieder
schließen und seine Beschäftigten entlassen. Die Wära-Insel mit ihren drei Dörfern
Schwanenkirchen, Hengersberg und Schöllnach wurde von Krisenwellen überflutet.
In Anbetracht dieser Auswirkungen der Verbotsverordnung ist es geradezu makaber,
daß sie ausgerechnet die Bezeichnung "Verordnung zur Sicherung von Wirtschaft
und Finanzen und zur Bekämpfung politischer Ausschreitungen" trug. (10) Nach-
dem dieser in kleinem Rahmen bewährte und durchaus erfolgversprechende Weg aus
der Krise versperrt und die damalige Regierung Brüning mit ihren berüchtigten
Notverordnungen der Wirtschaft eine noch größere Not verordnete, nahm die
Arbeitslosigkeit unaufhaltsam zu. Sie trieb die verzweifelten Massen in die Arme der
Nationalsozialisten, die sie dann mit leeren Versprechungen in die Irre führen
konnten.
Die Reichsregierung konnte zwar die Wära in Deutschland verbieten; sie vermochte
aber damit nicht die Ausstrahlungskraft auszulöschen, die das Schwanenkirchener
Beispiel schon weit über die deutschen Landesgrenzen hinaus bekommen hatte. Wie
ein glühender Funke sprang der Gedanke der Schaffung eines ununterbrochenen
Geldkreislaufs zunächst auf die nahegelegene Tschechoslowakei, dann auf Öster-
reich und von dort auf andere Länder über. Im tschechischen Neudeck bei Karlsbad
bereitete ein Fabrikant Lothar Meinl eine Freigeldaktion nach dem Vorbild von
Schwanenkirchen vor. Sie wurde jedoch von der tschechoslowakischen Nationalbank
verboten. (11)
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Es war einmal - so beginnen alle Märchen, und es klingt tatsächlich wie ein Märchen: Es war einmal in der kleinen Stadt Wörgl ein Eisenbahner, genauer gesagt ein Lokomotivführer, der 1931 zum Bürgermeister gewählt wurde. Michael Unterguggenberger stammte aus einer tiroler Kleinbauernfamilie. Er mußte mit zwölf Jahren die Schule verlassen, um in einem Sägewerk als Hilfsarbeiter ein paar Kreuzer zu verdienen, um so zum Unterhalt der Familie beizutragen. Doch er wollte nicht Hilfsarbeiter bleiben und trat mit 15 bei einem Mechanikermeister in Imst in die Lehre. Das Lehrgeld - das man damals dem Meister bezahlen mußte - sparte er Heller um Heller, einen Teil zahlte er erst als Geselle ab. Den Gesellenjahren folgten die Handwerksburschen- Wanderjahre, über den Bodensee nach Wien, Rumänien und Deutschland. Auf diesem Weg lernte der aufgeschlossene Handwerksbursche die Gewerkschaft kennen und die Konsumgenossenschaft - die ersten Formen proletarischer Gemeinschaft.
Der 21jährige Unterguggenberger entscheidet sich für eine Anstellung bei der Eisenbahn und wird in den Bahnknotenpunkt Wörgl versetzt. Trotz guter Arbeit und ehrgeizigem Streben gibt es für ihn kein Weiterkommen - denn er ist Sozialdemokrat und aktiver Gewerkschafter. Als solcher wird er 1912 in die Personalkommission der österreichischen Staatsbahnen als Vertreter für die Gruppe "Diener im Lokomotivfahrdienst des Dienstbezirks Innsbruck" entsandt. Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs wurde er Gemeinderat, dann Vizebürgermeister, und im Jahr 1931 wurde er Bürgermeister der 4216 Einwohner zählenden Stadt Wörgl.
Über die weltweite Wirtschaftskrise der zwanziger und dreißiger Jahre sind Dutzende Bücher geschrieben, Hunderte Untersuchungen angestellt worden. Es war die bitterste Not der Arbeitslosigkeit - in Deutschland hat sie die Erfolge Hitlers maßgeblich begünstigt.
Während im Bahnknotenpunkt Wörgl im Jahr 1930 noch 310 Eisenbahner in Arbeit waren, waren es im Jahr 1933 nur noch 190. Die Arbeitslosen bestürmten ihren früheren Kollegen, den sie zum Bürgermeister gemacht hatten, um Hilfe.
Doch was sollte dieser tun? Nicht nur unter den Eisenbahnern wuchs die Arbeitslosigkeit. Große Industrien gab es dort nicht, und die Zwergbetriebe der Stadt und der Umgebung bröckelten ab, die Zahl der Arbeitslosengeldempfänger stieg. Auch stieg die Zahl der "Ausgesteuerten" - 1932 waren es 200 - die von der städtischen Armenfürsorge betreut werden mußten.
Michael Unterguggenberger stand dieser Katastrophe zwar ratlos, aber nicht untätig gegenüber. Die g'scheiten Leut' - dachte er -, die so viele Bücher geschrieben haben, die müßten doch Rat wissen! Er studierte Karl Marx, fand dort den Namen Pierre Joseph Proudhon als Verfasser von, "System der wirtschaftlichen Widersprüche" und fraß sich durch dieses Werk. Vergeblich! Erst als ihm Silvio Gesells "Natürliche Wirtschaftsordnung" in die Hände fiel, kam ihm der rettende Gedanke. Er las und las, manche Seite zwei- und dreimal, bis er glaubte, die Antwort auf seine Fragen gefunden zu haben. Da bei Unterguggenberger der Wille zum Helfen das Entscheidende war, entwarf er ein Hilfsprogramm.
Vor allem sprach er mit jedem Mitglied des Gemeinderats und jedem Mitglied des Wohlfahrtsausschusses: einzeln, bis er glaubte, sie von seiner Idee überzeugt zu haben. Dann berief er eine Sitzung ein und sagte: Wir haben 400 Arbeitslose in unserer kleinen Gemeinde, davon über 200 Ausgesteuerte; im Bezirk beträgt die Zahl der Arbeitslosen mehr als 1500. Unsere Gemeindekasse ist leer. Unser einziges Guthaben sind Steuerrückstände für das Jahr 1931 in der Höhe von 118.000 S aber wir können keinen Groschen hereinbringen; die Leute haben einfach kein Geld. Wir schulden der Sparkasse der Stadt Innsbruck 1.300.000 S, und wir können die Zinsen dafür nicht zahlen. Wir schulden der Landesregierung und dem Bund Geld, und da wir nicht zahlen, können wir auch von ihnen keine Gemeindeanteile bekommen. Die Gemeindesteuern brachten im ersten Halbjahr ganze 3000 S. Die Lage unserer Gemeinde wird immer schlimmer, da niemand Steuern zahlen kann. Nur die Zahl der Arbeitslosen steigt und steigt.
Dann unterbreitete der Bürgermeister seinen Plan des "Schwundgeldes".
Der Umlauf des Geldes, das die Nationalbank herausgibt, ist zu langsam, man müßte den Geldumlauf beschleunigen. Die Beträge müßten ihren Besitzer rascher wechseln, das heißt, das Geld muß wieder zum Tauschmittel werden. Natürlich dürfen wir dieses Tauschmittel nicht "Geld" nennen, das ist nicht erlaubt. Wir nennen es "Arbeitsbestätigung". Solche Arbeitsbestätigungen wurden nun in der Höhe von 1 S, 5 S und 10 S beschlossen. (Man beachte die kleine Zahl, die damals schon "Lohn" bedeutete.) Die bange Frage war: Werden die Kaufleute das Geld wirklich in Zahlung nehmen?
Nun setzt ein wichtiges Kapitel unseres Märchens ein: Die Arbeitsbestätigung wurde an Zahlungsstatt genommen, der Hausherr nahm sie für die schuldige Miete, der Kaufmann nahm sie und sagte noch "Danke schön, kommen Sie bald wieder!"
Vor allem begann die Gemeinde mit den notwendigsten Arbeiten. Das erste Bauvorhaben wurde am 11. Juli 1932 begonnen: Kanalisierung eines Stadtteils, überfällige Straßenarbeiten, Asphaltierung der Hauptstraßen. Kostenpunkt: 43.386 S, die nun zum Teil als Löhne in die Bevölkerung zurückflossen. Für den Bau einer Schisprungschanze wurden 500 Arbeitsschichten geleistet, eine Notstandsküche wurde eingerichtet, Kostenpunkt: 4000 S usw. Für ein Viertel der Arbeitslosen gab es wieder Brot; Familien, in denen alle Erwachsenen arbeitslos waren, wurde das Los sehr erleichtert.
Die Lohnauszahlung erfolgte ausnahmslos in Arbeitsbestätigungen. Sie wanderten von der Gemeinde zum Baumeister, von diesem zum Arbeiter, vom Arbeiter zum Bäcker, zum Fleischer, zum Friseur usw. Die Verwaltung der Arbeitsbestätigungen war Sache der Gemeinde, sie konnten aber auch beim Spar- und Darlehensverein der Stadt Wörgl gekauft und gegen normales Geld verkauft werden.
Warum aber wurde er "Schwundgeld" genannt? Nun, es wurde eine monatliche Entwertung von 1% beschlossen, das heißt von 12% jährlich. Für dieses eine Prozent mußte der Besitzer der Arbeitsbestätigung eine Marke kaufen - also 1 Groschen, 5 Groschen oder 10 Groschen, die am Monatsanfang auf die Arbeitsbestätigung aufgeklebt werden mußte. Fehlte diese Marke, so war der Schein um 1 % weniger wert.
Ein weiteres Kapitel unseres Märchens: Die Bank verlangte für ihre Leistungen im Dienste des Arbeitsbestätigungsverkehrs keine Gebühren, aller Gewinn floß in die Gemeindekasse. Von den Eingängen verlieh außerdem der Spar- und Darlehensverein Darlehen an vertrauenswürdige Kreditnehmer zu dem (märchenhaften) Zinsfuß von 6%, den sie nicht behielt, sondern auch der Gemeindekasse zufließen ließ.
Die Kunde von der Sanierung der Gemeinde Wörgl sprach sich in der Welt herum. Wörgl wurde eine Art Wallfahrtsort für Volkswirtschaftler. Sie fanden die Vorzüge des Schwundgelds enorm, denn es machte das Hamstern von Geld unsinnig, der Sparer trug es auf die Sparkasse. Da es nur im Ort Gültigkeit hatte, wurden hier auch die größeren Einkäufe getätigt, man fuhr nicht mehr nach Innsbruck einkaufen.
Der Schweizer Journalist Bourdet berichtete: "Ich habe Wörgl im August 1933 besucht, also genau ein Jahr nach Beginn des Experiments. Man muß unparteiisch anerkennen, daß der Erfolg an das Wunderbare grenzt. Die früher für ihren grauenhaften Zustand verschrieenen Straßen gleichen jetzt Autobahnen. Das Bürgermeisteramt schön restauriert, ein reizendes Chalet mit blühenden Geranien. Die Arbeiter sind alle fanatische Freigeldler. In allen Läden nimmt man die Arbeitsbestätigungen zum gleichen Wert wie das offizielle Geld."
Die Leute in Kitzbühel, die zuerst die Wörgler verlachten, entschlossen sich bald zur Nachahmung. Sie setzten für 3000 S - nämlich 1 S pro Kopf - Schwundgeld in Umlauf. Die Scheine der beiden Gemeinden galten in beiden Gemeinden und wurden hüben und drüben anstandslos angenommen. Zahlreiche andere österreichische Gemeinden wollten das Beispiel Wörgls nachahmen, entschlossen sich aber abzuwarten, was die inzwischen in Aktion getretene Regierung entscheiden werde.
Diese, die faschistische Regierung Dollfuß, legte Beschwerde ein. Das wär' ja noch schöner! Ein Prolet, der nur bis zum 12. Lebensjahr die Schule besucht hatte, der weder Volkswirtschaft noch Nationalökonomie studiert hatte, der nicht den kleinsten Doktortitel aufweisen kann, ein Eisenbahner, ein Sozialdemokrat wollte sich erfrechen, die österreichische Währung zu korrigieren! Die Ausgabe von Geld in jeder Art ist nur der Nationalbank gestattet. Das Schwundgeld wurde verboten. Bürgermeister Unterguggenberger begnügte sich nicht mit dem Bescheid, und der Prozeß, den Wörgl führte, lief durch alle drei Instanzen - erfolglos. Am 18. November 1933 wurde der Einspruch Wörgls endgültig abgewiesen. Da aber der Rekurs keine aufschiebende Wirkung hatte, mußte schon am 15. September das Schwundgeld eingezogen werden.
Mit der Wära in Schwanenkirchen wars ganz ähnlich.
Außer das es kein Verbot gab dafür aber den Einzug der Prägestempel.
3.1 Die Wära-Tauschgesellschaft und der lokale Wirtschaftsaufschwung in Schwanenkirchen
In dieser Absicht begannen Hans Timm und Helmut Rödiger 1926 mit den
Vorbereitungen fiir die praktische Erprobung eines umlaufgesicherten Geldes. Sie
führten im Oktober 1929 - etwa zur selben Zeit, als mit dem Schwarzen Freitag an
der New Yorker Börse die große Weltwirtschaftskrise begann - in Erfurt zur
Gründung einer Wära-Tauschgesellschaft. Ihrer Satzung zufolge verstand sie sich
als eine private ". . . Vereinigung zur Bekämpfung von Absatzstockung und
Arbeitslosigkeit. Ihr Ziel ist die Erleichterung des Waren- und Leistungsaustausches
unter ihren Mitgliedern durch die Ausgabe von Tauschbons." (7) Nach zwei Jahren
gehörten der Tauschgesellschaft bereits mehr als eintausend Firmen aus allen Teilen
des damaligen Deutschen Reiches als Mitglieder an. Unter ihnen waren Lebens-
mittelgeschäfte, Bäckereien, Molkereien, Restaurants, Reformhäuser, Schlachtereien,
Blumenläden, Friseursalons, Handarbeitsläden, Möbelgeschäfte, Elektrohändler,
Fahrradgeschäfte, verschiedene Handwerksbetriebe, Druckereien, Buchhandlungen
und Kohlenhandlungen. Alle diese Firmen führten das Hinweisschild "Hier wird
Wära angenommen". Wära war die Bezeichnung für die Tauschbons. Sie drückte die
Hoffnung aus, daß die Währung nach den Jahren der Inflation und Defiation
wirklich währen sollte. Die Geschäftsstelle der Tauschgesellschaft gab die Wära auf
Anforderung und nach Bedarf gegen Reichsmark oder sonstige Devisen oder gegen
Quittung und Sicherheitsleistung an örtliche Wechselstellen aus. Solche Wechsel-
stellen gab es unter anderen in Berlin, Bielefeld, Bonn, Chemnitz, Dortmund,
Düsseldorf, Eisenach, Erfurt, Freiburg, Halle/S., Hamburg, Köln, Leipzig und
Nürnberg. Sie händigten die Wära-Scheine - wiederum gegen Reichsmark, sonstige
Devisen oder hinreichende Sicherheiten - in der gewünschten Höhe an Firmen und
Einzelpersonen in Nennwerten von 1/2, 1, 2 und 5 Wära aus. (8)
Zwischen diesen Firmen und Einzelpersonen lief nunmehr die Wära anstelle der
Reichsmark als Tauschmittel um. Die Firmen bezahlten (zumindest teilweise) die
Löhne und Gehälter in Wära aus und mit derselben Wära kauften sich die
Einzelpersonen die gewünschten Güter. So entstand innerhalb der deutschen
Wirtschaft allmählich ein kleiner separater Kreislauf von Ersatzzahlungsmitteln
neben dem von krisenhaften Stockungen gestörten Kreislauf der Reichsmark.
Gemäß den Vorstellungen Gesells waren diese Wära-Scheine mit einem Umlauf-
antrieb ausgestattet, der ihre krisenauslösende Hortung verhindern sollte. Die
Scheine waren nämlich auf ihrer Rückseite mit zwölf Feldern bedruckt, auf die in
jedem Monat jeweils eine Marke von einem Prozent des Nennwerts aufgeklebt
werden mußte. Die Mitglieder der Tauschgesellschaft mußten also in Höhe von
einem Prozent des in ihren Händen befindlichen Wärabetrags am Monatsende
Marken bei den örtlichen Wechselstellen erwerben, wenn sie sicher gehen wollten,
daß ihre Zahlungsmittel auch im nächsten Monat noch ihren vollen Nennwert
behielten.
Die Marken stellten gleichsam eine "Strafgebühr" für die Nichtnutzung der Wära als
Tauschmittel dar. Dieser allmonatlich fälligen Strafgebühr konnten die Mitglieder
entgehen oder sie zumindestens auf ein Minimum begrenzen, wenn sie die Wära für
Warenkäufe verwendeten oder als Ersparnisse bei der Geschäftsstelle hinterlegten,
die sie ihrerseits wieder in Form von Krediten verleihen konnte. Aus dem Bestreben,
die Entrichtung der "Strafgebühr" möglichst zu vermeiden, resultierte im Endeffekt
der für alle Beteiligten vorteilhafte stetige Umlauf der Wära. Die einzelnen Scheine
wurden übrigens nach Ablauf eines Jahres, wenn alle Felder beklebt waren,
innerhalb einer Frist gegen neue Scheine umgetauscht.
Internationales Aufsehen erregte dieses erste praktische Freigeldexperiment, als der
bis dahin noch kleine überregionale Wärakreislauf sich gegen Ende des Jahres 1930
in der 500 Einwohner zählenden niederbayerischen Ortschaft Schwanenkirchen bei
Deggendorf zu einem lokalen Knotenpunkt verdichtete. In Schwanenkirchen gab es
damals ein Braunkohlenbergwerk, das die Stadt Deggendorf und nach ihr eine
private Aktiengesellschaft betrieben hatten. Als das Unternehmen wie so viele
deutsche Kohlegruben in Absatzschwierigkeiten geriet und die Halden immer größer
wurden, weil der englische Kohlebergbau seit Mitte der zwanziger Jahre Wettbe-
werbsvorteile auf dem Weltmarkt errungen hatte, war es 1927 wegen mangelnder
Rentabilität stillgelegt worden. Da es der mit Abstand größte Arbeitgeber in dieser
Gegend gewesen war, kam das gesamte Wirtschaftsleben hier rasch zum Erliegen.
Im Herbst 1930, als die Weltwirtschaft sich bereits mitten in ihrer großen
Deflationskrise befand, konnten Schwanenkirchen und seine Nachbargemeinden
Hengersberg und Schöllnach jedoch einen spektakulären Ausweg aus der Krise
finden. In der Zwischenzeit hatte der Bergbauingenieur Max Hebecker das
Schwanenkirchener Bergwerk bei einer Versteigerung erworben. Zunächst fehlte
ihm zwar das nötige Betriebskapital für eine Wiederaufnahme der Produktion, da
ihm die Banken keinen Kredit geben wollten. Aber nachdem er sich an die Wära-
Tauschgesellschaft gewandt hatte, bildete diese ein Wära-Finanzierungs-Konsortium
und beschaffte durch Ausgabe von Anteilscheinen die nötigen 50.000 Reichsmark,
die zum größeren Teil als Wära- und zum kleineren Teil als RM-Kredit ausgeliehen
wurden. Mit diesem Geld konnte Hebecker das Bergwerk wieder in Betrieb
nehmen; er beschäftigte zunächst etwa 45 Bergleute und stellte bald darauf weitere
ein. 60 bis 75 Prozent ihres Lohnes wurden in Wära und die restlichen zehn Prozent
in Reichsmark ausbezahlt.
Anfangs waren die örtlichen Geschäftsleute skeptisch gegenüber diesem unge-
wöhnlichen Geld und weigerten sich, es als Zahlungsmittel anzunehmen. Als
Hebecker aber begann, sich von mitteldeutschen Mitgliedsfirmen der Tausch-
gesellschaft mit Waren beliefern zu lassen, erkannten sie, daß ihnen hier durch ihre
eigene Zaghaftigkeit ein gutes Geschäft entging, und erklärten sich zur Annahme
der Wära bereit. Während die Massen von Arbeitslosen andernorts große Not zu
leiden hatten, kam die lokale Wirtschaft in Schwanenkirchen, Hengersberg und
Schöllnach wieder in Gang. Alsbald war die Rede von der " Wära Insel im
Bayerischen Wald" (9), wo die Arbeitslosigkeit gebannt war und wo die
umlaufgesicherten Wära-Scheine einen stetigen Absatz der Waren vermittelten.
Die von den Initiatoren der Tauschgesellschaft in die Wära gesetzten Erwartungen
schienen sich in Schwanenkirchen trotz mancherlei Komplikationen (ein Sturm
richtete beträchtliche finanzielle Schäden in Hebeckers Bergwerk an) zu erfüllen.
Die Idee eines umlaufgesicherten Geldes hatte bei ihrer ersten praktischen
Erprobung in kleinem Rahmen ihre Brauchbarkeit erwiesen und das Schwanen-
kirchener Beispiel wurde in der deutschen Öffentlichkeit beachtet. Der Erfolg der
Wära weckte jedoch auch den Argwohn der Deutschen Reichsbank. Sie mußte
befürchten, daß sich durch eine weitere Verbreitung der Wära ein konkurrierendes
Zahlungsmittel neben der offiziellen Reichsmark etablieren könnte. Dem Interesse
der Deutschen Reichsbank an der Wahrung ihres Ansehens kam es deshalb sehr
gelegen, daß der Reichsfinanzminister H. Dietrich im Zuge der Brüningschen
Notverordnungen die Herstellung, Ausgabe und Benutzung jeglichen Notgeldes im
Oktober 1931 durch eine Verordnung verbot. Der § 1, Abs. 3 dieser Verordnung
bestimmte, daß auch die Wära-Scheine als Notgeld anzusehen seien; damit waren
auch sie von diesem Verbot betroffen.
Trotz seines verheißungsvollen Beginns mußte das Freigeldexperiment Ende 1931
abgebrochen werden. Die Wära-Tauschgesellschaft sah sich gezwungen, die
ausgegebenen Wära-Scheine wieder gegen Reichsmark einzulösen und ihre Tätig-
keit einzustellen. Hebecker mußte das Schwanenkirchener Bergwerk wieder
schließen und seine Beschäftigten entlassen. Die Wära-Insel mit ihren drei Dörfern
Schwanenkirchen, Hengersberg und Schöllnach wurde von Krisenwellen überflutet.
In Anbetracht dieser Auswirkungen der Verbotsverordnung ist es geradezu makaber,
daß sie ausgerechnet die Bezeichnung "Verordnung zur Sicherung von Wirtschaft
und Finanzen und zur Bekämpfung politischer Ausschreitungen" trug. (10) Nach-
dem dieser in kleinem Rahmen bewährte und durchaus erfolgversprechende Weg aus
der Krise versperrt und die damalige Regierung Brüning mit ihren berüchtigten
Notverordnungen der Wirtschaft eine noch größere Not verordnete, nahm die
Arbeitslosigkeit unaufhaltsam zu. Sie trieb die verzweifelten Massen in die Arme der
Nationalsozialisten, die sie dann mit leeren Versprechungen in die Irre führen
konnten.
Die Reichsregierung konnte zwar die Wära in Deutschland verbieten; sie vermochte
aber damit nicht die Ausstrahlungskraft auszulöschen, die das Schwanenkirchener
Beispiel schon weit über die deutschen Landesgrenzen hinaus bekommen hatte. Wie
ein glühender Funke sprang der Gedanke der Schaffung eines ununterbrochenen
Geldkreislaufs zunächst auf die nahegelegene Tschechoslowakei, dann auf Öster-
reich und von dort auf andere Länder über. Im tschechischen Neudeck bei Karlsbad
bereitete ein Fabrikant Lothar Meinl eine Freigeldaktion nach dem Vorbild von
Schwanenkirchen vor. Sie wurde jedoch von der tschechoslowakischen Nationalbank
verboten. (11)
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Momo und der Zins (aber 3% sind wichtiger)
Yasuyuki Hirota
Michael Endes Sicht der Ökonomie
Ein Essay auf der Basis der in Japan verfügbaren Werke Michael Endes
0. Einführung
Es wird niemand bezweifeln, dass Michael Ende einer der herausragendsten deutschen Autoren des zwanzigsten Jahrhunderts ist, dem der damalige Bundespräsident Roman Herzog in seinem Beileidstelegramm zu dessen Tod seine Anerkennung zollte und erklärte: "In der heutigen Generation gibt es keinen Deutschen, der sich nicht an die Bücher von Michael Ende erinnert, mit denen er aufgewachsen ist." [1]
Michael Ende, ein geborener Erzähler mit reicher Vorstellungskraft, verfasste eine Reihe von bewegenden Abenteuern wie Jim Knopf, Momo und Die unendliche Geschichte, in denen Helden und Heldinnen durch die Welt reisen. Seine Geschichten sind so mitreißend, dass Momo, eines seiner Meisterwerke, in mehr als dreißig Sprachen übersetzt wurde [2] und seinen Autor zu einem der geachtetsten Erzähler machte, vergleichbar nur mit Saint-Exupéry oder Lewis Carrol.
Seltsamerweise hat er jedoch auch eine Reihe von Büchern über die reale Welt verfasst, die im Gegensatz zu seinem Beruf als Kinderbuchautor zu stehen scheinen: Phantasie, Kultur, Politik (1982), Dialogue on Arts and Politics, Talk with Ende (nur in Japan veröffentlicht), Three Mirrors (ebenfalls nur in Japan veröffentlicht), und so weiter. Sein Werk als kritischer Beobachter der Zeit beschränkte sich jedoch nicht auf das literarische Gebiet, so dass beispielsweise NHK, ein gemeinnütziger japanischer Sender, zusammen mit ihm zwei Fernsehsendungen produzierte: Einstein Roman 6: Ende's Civilization Desert (1991) und Michael Ende's Last Words (1999, Originaltitel: Ende no Yuigon; die englische Version trägt den Titel Michael Ende on the Money-go-round und wurde von NHK in Zusammenarbeit mit NHK Enterprise 21, Inc. Group Gendai produziert, das einzige posthume Werk). Als Einwohner eines Landes, in dem so viele Informationen über Michael Endes Gedanken in einer Sprache vorliegen, die den Liebhabern von Michael Endes Werk so gut wie unzugänglich sind, möchte ich Ihnen in diesem Essay einen Überblick darüber geben.
1. Bibliographie
Wenn man daran geht, einen Essay über Michael Ende zu schreiben, liegt es nahe anzunehmen, die deutsche Sprache wäre dafür die beste Grundlage. Tatsächlich aber gibt es eine Reihe von Publikationen, die nur auf Japanisch erhältlich sind, da einige Bücher und Videofilme von japanischen Verlagen veröffentlicht wurden. Ich werde diese Bücher kurz vorstellen, bevor ich auf Michael Endes Ansichten über die Ökonomie eingehe. Ich hoffe, dass diese Zitate helfen werden, den Inhalt der Werke aufzuzeigen (selbst wenn sie mit Ökonomie nichts zu tun haben).
Talk with Ende
Originaltitel: Ende to kataru, Asahi Shimbunsha, 1986.
Dieses Buch enthält das Interview mit Michael Ende, das Michiko Koyasu (eine japanische Germanistin, die die Lehren Rudolf Steiners, die Anthroposophie, gut kannte) mit der Unterstützung von Fumi (ihrer Tochter, die einige Jahre in München an einer Rudolf-Steiner-Schule verbracht hatte und damals an der Universität München Japanologie studierte) durchführte. Dieses Interview wurde am 22. Juli 1985 aufgezeichnet, gerade fünf Monate nach Ingeborg Hoffmans Tod (23. März 1985). Das Gespräch fand in München statt, wohin Michael Ende zurückgekehrt war, nachdem er fünfzehn Jahre in Genzano in der Nähe von Rom gelebt hatte. Michael Ende gibt darin neben dem Thema der Ökonomie noch folgende Kommentare ab:
„Momo ist eine Erklärung der Dankbarkeit an Italien und ebenso eine Liebeserklärung." (Kapitel 1)
„Die Psychoanalyse hat kein Ende... Das wahre Selbst ist jedoch außerhalb des Menschen." (Kapitel 2)
„Die heutige Welt beruht vollständig auf dem Prinzip von Ursache und Wirkung. Die Technologie funktioniert nicht, wenn sie sich nicht auf eine solche Theorie stützen kann. Sie kann jedoch auf menschliche Wesen nicht angewandt werden. Wir besitzen Aspekte, die aus einem solchen Blickwinkel heraus unverständlich sind... Wenn wir uns selbst analysieren, dann können wir unsere Fähigkeit der Vorahnung nicht erfassen." (Kapitel 3)
„Die ganze Nachkriegsliteratur basiert auf der Annahme, dass der Autor die Leser belehren und unterweisen muss, also für den Leser als Lehrer dienen soll. Ich finde diese Vorstellung jedoch arrogant." (Kapitel 3)
„Seine (Steiners) Aussagen beruhen auf langwierigen Überlegungen. Es ist Unsinn, sie als unabänderliche Tatsachen festzuschreiben... Steiner zu lesen bedeutet, selbst zu beginnen, über die Welt nachzudenken." (Kapitel 4)
„Ich hoffe, dass der Osten und Europa eine wirkliche Kommunikation über künstlerische und kulturelle Gebiete beginnen... beide haben ihre eigenen großen Traditionen, wobei sich die europäische sehr stark von der östlichen unterscheidet, so dass ein solcher Dialog sehr fruchtbar wäre." (Kapitel 4)
„Ich versuche mit meinem Werk etwas, das dem der mittelalterlichen Alchemisten oder Erzähler sehr ähnlich ist, nämlich die Phänomene der äußeren Welt in die Zeichen der inneren zu übersetzen... Alle Kulturen zu allen Zeiten und in allen Ländern stellen nichts Anderes dar als die Darstellung der äußeren Welt mit den Kriterien der inneren." (Kapitel 5)
„Die wahre Moral gehorcht nicht den äußeren Kriterien, sondern entsteht als eigene, spontane Entscheidung." (Kapitel 5)
„Ich denke, die Menschen besitzen zwei wunderbare Eigenschaften: Die eine ist die Erinnerung, die jedermann kennt... Die Andere ist der Akt des Vergessens, und ich denke, dass er noch wichtiger ist als der des Erinnerns... Wohin geht denn das, was man vergessen hat? Ins Unterbewusstsein. Es wird zur Basis des ganzen Lebens. Früher oder später wandert alle Erinnerung in die Tiefen des Unterbewusstseins, woraus schließlich die Persönlichkeit geformt wird, die einen großen Teil unbewusster Erinnerungen enthält... Je mehr man vergisst, desto reicher wird die Persönlichkeit... Je mehr Vergangenheit der Geist enthält, desto größer wird die Zukunft. Nicht nur die Vergangenheit, an die man sich bewusst erinnert, sondern auch diejenige, die auf den Boden des Vergessens gesunken ist, wird in der Zukunft des Menschen umgeformt und widergespiegelt." (Kapitel 7)
Three Mirrors
Originaltitel: Mittsuno Kagami, Asahi Shimbun, 1989.
Ende besuchte Japan im März 1989 und sprach mit drei japanischen Intellektuellen: Hisashi Inoue (Autor), Mitsumasa Yasuno (Künstler) und Hayao Kawai (Psychoanalytiker der Jung'schen Schule). Die Themen variierten von der Ökonomie über die Vorgänge in der Stadt Wörgl (Tirol, Österreich; das japanische Publikum hatte davon in einer Fernsehsendung von NHK 1989 erfahren) über den Stil des Malers Edgar Ende bis zu den Theorien von C. G. Jung. Einige wichtige Kommentare Michael Endes:
„Der Unterschied zwischen unserer modernen Kultur und allen früheren liegt darin: Die früheren erhielten ihre kulturellen Maßstäbe von den vorhergegangenen, während wir unsere Maßstäbe nicht von den älteren Kulturen erhalten können, so dass wir die Zukunft vorhersehen können müssten, um einen Maßstab für unsere Entscheidungen zu haben." (Kapitel 1)
„Mein Vater kümmerte sich nicht um die Techniken der Expressionisten und beachtete sie teilweise sogar bewusst nicht." (Kapitel 2, über den Stil des Malers Edgar Ende)
„Warum kann die Dunkelheit nicht ebenso heilig sein wie das Licht? Keine Farbe kann ohne diese beiden existieren. Eine Welt, die nur aus Licht besteht, ist ebenso unsichtbar und nicht wahrnehmbar, wie es eine vollkommen dunkle Welt wäre." (Kapitel 2)
„In der antiken Mathematik ist 1 die größte Zahl... Da die 1 alle folgenden Zahlen hervorbringt und in sich vereint, ist sie die Einheit, die alle sichtbaren und unsichtbaren Welten beinhaltet. Diese Einheit ist die 1, und wir nennen sie die Allmacht. Die Dualität selbst ist bereits vom Teufel... Der Teufel ist nicht gegen Gott gerichtet, seine Existenz ergibt sich allein schon aus der Dualität." (Kapitel 2)
„Japan musste seine eigene kulturelle Entwicklung aufgeben, um ins Industriezeitalter vorzustoßen. Wie beim Veredeln von Bäumen, so musste Japan seinen Stamm beschneiden und etwas völlig Neues aufpfropfen. Daher ist der innere kulturelle Widerspruch in Japan sehr viel schärfer als in Europa." (Kapitel 2)
„Wer ein drittes Auge besitzt, der erkennt, dass die Bäume nicht nur eine Zusammensetzung chemischer Elemente sind, sondern eine Lebensform, die sich die Erde mit uns teilt... Wenn man die ökologischen Probleme lösen will, muss man in einen Dialog mit der Natur treten." (Kapitel 3)
„Wer in der westlichen Welt den Respekt der Öffentlichkeit genießen will, muss seine sexuellen Bedürfnisse aufgeben... Wenn der Geschlechtsverkehr im Traum sehr viel mehr bedeutet als der im wirklichen Leben, dann verliert man das Interesse an Letzterem. Ich vermute, dass die Enthaltsamkeit ursprünglich auf diesem Prinzip beruhte." (Kapitel 3)
Einstein Roman 6: Ende's Civilization Desert
Originaltitel: Einstein Roman 6: Ende no Bunmei Sabaku, NHK shuppan, 1991.
Dieser Text wurde zuerst auf dem Fernsehsender NHK ausgestrahlt und danach als Buch veröffentlicht. Das Kapitel 2, das den Titel „Civilization Desert" trägt, ist in dem deutschen Buch Michael Endes Zettelkasten (Edition Weitbrecht, 1994) enthalten.
In diesem Text kritisiert Michael Ende den Materialismus wie folgt:
„Mir scheint, dass das, was der so genannte Rationalismus und die wissenschaftliche Aufklärung in der Zivilisationswüste bisher produziert haben, exakt das Gegenteil von dem ist, was Menschen, die der Rationalität und Ehrlichkeit anhängen, fordern." (Kapitel 2)
„Was man heute Kinderliteratur nennt, geht bis in die Anfänge des 19. Jahrhunderts zurück. Zuvor hatte das Märchen bereits existiert, aber es war nicht nur für Kinder gedacht: Märchen waren sehr viel wichtiger als heute, und sowohl Kinder wie auch Erwachsene lebten in der Welt der Märchen. Aber der moderne Intellektualismus begann die gesamte traditionelle europäische Spiritualität auszuschließen und die persönliche Weltsicht mit ihrer wilden Leidenschaft abzuwürgen, wodurch die gesamte Welt buchstäblich inhuman wurde." (Kapitel 2)
„Ich denke, wir brauchen heute eine völlig andere Wissenschaft. Eine, die die Zivilisationswüste wieder bereichern kann..., eine, die den Intellektualismus überwindet, aber nicht durch Irrationalismus, sondern indem sie den Intellektualismus analysiert und seine Widersprüche aufzeigt, eine, die die Menschen durch realistisches, an der Wirklichkeit orientiertes Denken wieder zu den ursprünglichen Erfahrungen zurückbringt." (Kapitel 2)
„Die ganze Welt besteht aus Energie und Materie, und es gibt keinen Unterschied zwischen Menschen und Materie. Dinge wie Seelen existieren nicht, und Konzepte wie Freiheit, Würde, Schönheit und Humor sind nichts als Einbildung. Diese Vorstellung ist unser Untergang." (Kapitel 3)
„Die Idee des Rassismus und der Rassendiskriminierung entstand durch Weiterdenken von Darwins Theorien... Die Auslöschung lebensunwerten Lebens, und Konzentrationslager..." (Kapitel 4)
Ich denke, dieses Buch ist für alle, die Endes Ansichten über menschliche Werte kennen lernen wollen, von großer Bedeutung.
Michael Ende on the Money-go-round
NHK, 1999.
Die japanische Version dieser Fernsehsendung wurde am 4. und 5. Mai sowie am 3. Juli 1999 von NHK-BS1 ausgestrahlt, unter dem Titel Ende no yuigon (Michael Ende's Last Words) und wird am 21. Dezember auf dem gleichen Kanal wiederholt werden. Sie wurde von NHK in Zusammenarbeit mit NHK Enterprise 21, Inc Group Gendai (Produzent: Junko Murayama) produziert. An einer englischen Version wird gearbeitet, aber bis zum heutigen Tag, dem 30. Oktober 1999, ist sie in Japan noch nicht ausgestrahlt worden und für die Öffentlichkeit noch nicht verfügbar (die japanische Version ist auf Kassette erhältlich). Im Jahr 2000 wird ein Buch über diese Sendung veröffentlicht werden, wodurch die Michael-Ende-Forschung neues Material erhält. In dieser Sendung werden unter anderem das Experiment in der Stadt Wörgl (Tirol, Österreich) 1932/33, die Ithaca Hour in Ithaca County, NY, USA, DöMak in Halle, Deutschland und Wirbank in der Schweiz vorgestellt.
2. Die Bedeutung, die Utopie zu erlangen, und was uns davon abhält
Bevor ich auf Michael Endes Ansichten über die Ökonomie eingehe, möchte ich einige Sätze aus Phantasie, Kultur, Politik zitieren, in denen er betont, wie wichtig es für uns ist, unsere eigene Utopie zu errichten. Das Gespräch beginnt mit Michael Endes Erzählung über das Dudtweiler-Institut (der größten Kaufhauskette in der Schweiz). Er war von dem Konzern gebeten worden, einen Abschnitt aus Momo (die Rede des Friseurs) anlässlich eines Kongresses vor vielen Managern, Gewerkschaftsvertretern und Mitgliedern des Clubs of Rome vorzutragen. Er willigte ein, reiste in die Schweiz und trug den Abschnitt vor. Das Publikum war nicht in der Lage, auf den Inhalt des Vortrags einzugehen, sondern begann stattdessen, seinen literarischen Wert zu diskutieren. Nachdem Michael Ende dieser Diskussion eine Weile gefolgt war, sagte er Folgendes (ich kürze es ein wenig, weil das Original zu lang ist):
„Für mich ist die Tatsache, dass es in diesem Jahrhundert noch keine positive Utopie gegeben hat, sehr bedeutsam. Nachdem zwei Utopien, Jules Vernes wissenschaftliche und Karl Marx' sozialistische, erwiesenermaßen innere Widersprüche aufweisen, entstanden nur noch alptraumhafte Antiutopien wie H. G. Wells The Time Machine oder George Orwells 1984. Die Menschen dieses Jahrhunderts sind über ihre eigene Zukunft besorgt. Heutzutage haben wir nicht einmal mehr den Mut, von dem zu träumen, was wir uns wünschen würden. Daher möchte ich Ihnen das Folgende vorschlagen: Wir fliegen jetzt auf einem Teppich 100 Jahre in die Zukunft, und jeder erzählt seinem Nachbarn, wie er sich die Zukunft wünschen würde. Ist es nicht so, dass wir unsere Wünsche nicht mehr äußern können, wenn wir uns vom Zwang des Faktischen einschränken lassen? Wenn wir aber unsere Wünsche formulieren und festschreiben, dann werden sich auch Mittel und Wege finden lassen, sie zu verwirklichen. Alles, was wir wissen müssen, ist das, was wir ersehnen. Spielen wir also zusammen ein Spiel. Bei diesem Spiel können Sie alles Beliebige sagen, beispielsweise »Die Industriegesellschaft ist besser«, »Die nichtindustrielle Gesellschaft ist besser«, »Ich möchte mit dieser Technologie leben«, »Ich möchte lieber nicht mit ihr leben« oder jeden anderen Satz, wenn Sie nur die eine Regel beachten: Sie können nicht sagen »Das ist unmöglich.« Kurz, jeder von Ihnen wird sagen, wie er sich die Zukunft wünscht." [4]
Nach einigen Minuten Schweigen antwortete ein Mann: „Was bedeutet dieses Gerede? Das ist völliger Unsinn! Wir sollten uns an die Fakten halten, und die bedeuten, dass wir das Rennen nicht gewinnen können und ökonomisch ruiniert werden, wenn wir nicht wenigstens ein Wirtschaftswachstum von drei Prozent pro Jahr haben." [5] Und Michael Ende musste sein Experiment aufgeben, weil ihm einige Leute Vorwürfe machten und ihn angriffen.
Sie wundern sich vielleicht, wieso es so wichtig ist, dass jeder seine eigene Utopie hat, aber durch die Planung einer solchen Utopie können wir erkennen, was getan werden muss, um sie zu erreichten, während im Fall dieses Kongresses die Teilnehmer nicht einmal die Spielregeln ändern wollten, weil sie nicht glaubten, das zu können, wie uns Michael Endes folgende Worte zeigen: „Ich glaube, das Utopia der Werte war schon immer die Essenz aller Kulturen. In anderen Worten, zuerst wird ein Zukunftsbild entworfen, und dann setzen wir uns daran, es zu verwirklichen." [6]
Wir haben gerade gesehen, dass solche Leute viel zu beschäftigt sind, die gerade eben drohenden Gefahren abzuwenden, als dass sie sich den künftigen Kollaps vorstellen könnten, der sie bedroht. Jedermann weiß, dass dieses Spiel (das gegenwärtige ökonomische System, das die Leute zwingt, mindestens drei Prozent Rendite zu zahlen) nicht ewig dauern kann. Trotzdem versuchen sie das zu erreichen, was erwiesenermaßen unerreichbar ist; sie wollen weiter Profite scheffeln, haben aber nicht die mindeste Ahnung, wie sie die Regeln des ökonomischen Spiels ändern könnten, so dass sie aus dem Wirtschaftswettbewerb befreit werden. Michael Ende gibt uns ein sprechendes Beispiel dafür, wie sehr sie von ihren Vorstellungen gefangen sind.
„Ich sah eine Fernsehsendung über die Verschmutzung der Meere, (...) die mit den Worten des Produzenten endete, die ungefähr so lauteten: »Daher sollten die Chemiefabriken aufhören, Abwässer in das Meer zu leiten.« Die Gedankengänge des Produzenten enden hier, ohne dass er sie weiterentwickelt hätte. Das Problem ist das Folgende: Wenn sie aufhören, Abwässer ins Meer zu leiten, dann müssen sie die Preise ihrer Produkte erhöhen, wodurch sie ihren Marktanteil verlieren. Folglich wird es Millionen von Arbeitslosen geben, die auf der Straße stehen. In kürzester Zeit werden Nationen oder Konzerne, die Umweltsünden begehen (die also billige, auf Kosten der Umwelt produzierte Artikel herstellen), von dieser Situation profitieren. Und das ist der Grund, warum Europa, die USA und Japan gezwungen sind, eine konsumorientierte Politik zu verfolgen." [7]
Es gibt keinen Zweifel darüber, dass die Konsumenten am liebsten die billigsten Güter kaufen, da sie ja beim Einkauf nicht wissen können, wie diese produziert worden sind. Das Einzige, was sie im Geschäft klar erkennen können, ist das Preisschild, und jeder wird zwangsläufig das billigere Produkt nehmen, wenn es sich sonst vom teureren nicht unterscheidet. Die Hersteller kennen die Psyche der Konsumenten genau und versuchen daher, diejenigen Produktionskosten zu verringern, die mit der Qualität des Produktes nicht zu tun haben (beispielsweise Umweltschutzmaßnahmen oder die Löhne der Arbeiter). So kommt es, dass die Hersteller die Umwelt schädigen, weil die Konsumenten nicht wissen können, welcher Schaden bei der Anfertigung des Produktes angerichtet wurde. Da die Hersteller keinen direkten Kontakt mit den Konsumenten haben, können sie ihnen auch nicht erklären, wieso sich die Preise ihrer Produkte erhöht haben, und sobald sie ebendiese Preise erhöhen, laufen sie Gefahr, dass die Konsumenten den Grund der Erhöhung nicht verstehen werden.
Aber warum ist das so? Können wir ein solches ökonomisches Schema nicht vermeiden? Michael Ende schlägt uns in Phantasie, Kultur, Politik die folgende Lösung vor:
„In der heutigen Zeit mag es naiv oder sogar lächerlich klingen, was ich zu sagen habe, aber Brüderlichkeit ist die Regel, die der modernen Ökonomie innewohnen muss. Wir können das freie Wechselspiel zwischen Angebot und Nachfrage nicht auf das Gebiet der Ökonomie anwenden. Wenn wir es doch tun, dann setzt der Kampf aller gegen alle ein, und der Schwächste wird unterliegen." [8]
Das heißt, die Produzenten können keinen zusätzlichen Aufwand zum Schutz der Umwelt betreiben, weil die zusätzlichen Kosten den Verkauf ihrer Produkte behindern werden. Aber der Grund, warum die Produzenten gezwungen sind, Umweltschutzmaßnahmen zu ignorieren, ist, dass wir uns inmitten eines ökonomischen Darwinismus befinden, und der einzige Weg, ihn zu beseitigen, ist eine grundlegende Änderung des ökonomischen Systems. Die brüderliche Ökonomie, die von Michael Ende als Alternative vorgeschlagen wird, versucht die tödlichen Fehler der gegenwärtigen Ökonomie zu ändern; diesem Gebiet werde ich mich in Kapitel 4 widmen. Jetzt wollen wir unsere Aufmerksamkeit Michael Endes zweiter Bemerkung über das ökonomische System in Kapitel 1 von Three Mirrors schenken:
„In unserer Lage haben wir nur zwei Möglichkeiten: So weitermachen wie bisher und immer in der Furcht leben, die ganze Welt zu ruinieren, oder es zu stoppen und dadurch eine Massenarbeitslosigkeit und einen Zusammenbruch der Wirtschaft auszulösen. Der einzige Ausweg aus diesem Dilemma liegt meiner Ansicht nach darin, dass die Wirtschaftskapitäne, die ja doch Intelligenz besitzen müssen, einsehen, dass das monetäre System selbst geändert werden muss." [9]
Eine Kurzgeschichte mit dem Titel „Kukanias Rebellion", die dieses Thema behandelt, ist in Michael Endes Zettelkasten enthalten. In dieser Geschichte führt ein charismatischer Mann namens Franz eine Kampagne durch, dass jedermann nur noch das Notwendigste kaufen solle. Der Umsatz geht zurück, und in Deutschland allein werden zwanzig Millionen arbeitslos. Die Politiker und Unternehmer, die von dieser ökonomischen Rezession betroffen sind, lassen ihn ermorden, um die Wirtschaft wiederzubeleben. In dieser Geschichte findet sich eine interessante Beobachtung:
„Der Tod eines Mannes ist besser als der Zusammenbruch des ganzen Systems. Die Ermordung wurde von einem Mafiakiller durchgeführt. (Kriminelle sind für die Wirtschaft gar nicht so schlecht. Brandstifter, Taschendiebe, Diebe, ja selbst Killer kurbeln die Wirtschaft an und schaffen neue Arbeitsplätze. Ganz zu schweigen von den Umweltverbrechern.)" [10]
Das bedeutet, dass gewisse Handlungen zwar gegen die Moral verstoßen, aber für das gegenwärtige ökonomische System durchaus förderlich sein können, so dass die Unternehmer keine Skrupel haben, solange sie sich einen Profit erhoffen. Unsere Wirtschaft ist so sehr darauf ausgerichtet, Profit zu erzielen, dass die Unternehmer es sich nicht leisten können, ihren moralischen Kodex zu beachten.
Ein weiterer Text zu diesem Thema findet sich im selben Buch in „Geld und Wachstum". Michael Ende sagt darin, dass das gegenwärtige ökonomische und monetäre System „genau die Eigenschaften einer Krebsgeschwulst haben", oder „es ist für ein solches Wirtschaftssystem notwendig, immer weiter zu wachsen und zu vervielfältigen" [11], wodurch er den Finger auf das Problem der gegenwärtigen Geldwirtschaft legt. Nachdem er aufgezeigt hat, dass „wir wissen müssen, dass es heutzutage keinen einzigen Fall einer nichtkapitalistischen Wirtschaft gibt, die die Wünsche der Menschen befriedigen kann, ohne sich dem Wachstum zu verpflichten." [12] Michael Ende weist nach, dass das gegenwärtige System immer mehr Energie verbrauchen muss, da „dieses »wunderbare« Wachstum ja nicht von selbst entsteht. Die ungeheuren Kosten dieses Wachstums werden von der Dritten Welt bezahlt beziehungsweise von der weltweiten extremen Ausbeutung und Zerstörung der Natur. Und wenn die Natur dazu nicht in der Lage ist, dann muss dieser wachsende Energiebedarf auf »un-natürliche« Weise erzeugt werden." [13] In früheren Zeiten war die Energie, die die Menschen verbrauchten, abgesehen von der Nahrung auf Feuerholz zum Kochen oder Heizen beschränkt, aber nach der industriellen Revolution hat der Mensch den wachsenden Energiebedarf mit Kohle, Öl und Kerntechnik gedeckt, worüber Michael Ende sagt, so könne es nicht weitergehen. Seine Warnungen werden jedoch ungehört verhallen, denn die Konzerne wollen Wachstum um jeden Preis, und die Gewerkschaften fordern Vollbeschäftigung. Michael Ende lässt seine Kurzgeschichte mit dem satirischen Satz ausklingen: „Man kann nicht sehr weit gehen auf einem Schiff, das sich in die falsche Richtung bewegt." [14]
3. Was ist Kapitalismus und was ist Kommunismus?
Vielleicht ist man versucht, aufgrund des Vorangegangenen zu dem Schluss zu gelangen, dass Michael Ende mit dem Kommunismus sympathisierte. Er war jedoch als klarer Antikommunist bekannt, und diese seine Einstellung macht er auch in Momo klar. Guide erzählt einer Touristin mittleren Alters eine seiner Geschichten über die grausamen Tyrannen Marxentius Communis [15], in der Michael Ende seine Einstellung gegenüber dem Kommunismus verdeutlicht. In einigen kommunistischen Ländern wurde diese Erzählung aus dem Buch entfernt, unter anderem auch in der ehemaligen DDR. [16]
Aber was war falsch am Kommunismus? Ende hat dieses Problem des Öfteren kommentiert, aber seine klarste Aussage findet sich in Michael Ende on the Money-go-round:
„Marx glaubte wirklich, dass die Probleme des Kapitalismus dadurch gelöst werden könnten, dass die vielen kleinen Unternehmer durch einen einzigen, nämlich den Staat, ersetzt würden. Das Hauptproblem war, dass Marx es gar nicht wollte, dass sich der Kapitalismus änderte, sondern ihn nur dem Staat übergeben wollte. Die beiden großen Staatssysteme, die in den letzten fünfzig oder siebzig Jahren miteinander wetteiferten, waren in Wirklichkeit Zwillinge: privater Kapitalismus und Staatskapitalismus. Ein echtes nichtkapitalistisches Wirtschaftssystem haben wir noch nicht kennen gelernt. Ich denke, das eigentliche Verdienst von Marx liegt darin, dass er viele Konzepte entwickelt hat, die erst eine Kritik am Wirtschaftssystem ermöglicht haben." [17]
Wir neigen zu der Ansicht, der Kommunismus wäre das dem Kapitalismus entgegengesetzte Wirtschaftssystem, aber in Wirklichkeit haben die beiden Systeme viel gemeinsam: Beide besitzen Firmen, die von Individuen oder vom Staat kontrolliert werden; nur wenige Leute profitieren vom Mehrwert, der von dem ökonomischen System erwirtschaftet wird; die einfachen Leute müssen die Rolle spielen, die für sie von den Wirtschaftsführern vorgesehen ist; und so weiter... Das meint Michael Ende, wenn er davon spricht, dass Kapitalismus und Kommunismus Zwillinge sind. Für uns ist wichtig, uns sowohl vom privaten als auch vom staatlichen Kapitalismus zu befreien.
In Phantasie, Kultur, Politik kritisiert Michael Ende den Kommunismus ein weiteres Mal sehr scharf: Im Gespräch mit Erhard Eppler greift er zwei Gedanken aus seinem Buch auf, nämlich „Wertkonservativismus" und „Strukturkonservatismus", wobei er sagt: „Diejenigen, welche die Werte hochhalten, versuchen die Struktur zu ändern, um die Werte zu retten, während die anderen sie zerstören." [18] Wenn Michael Ende vom Strukturkonservativismus sprach, dann meinte er offenbar, auch ohne es offen auszusprechen, die kommunistischen Länder. Wer Momo gelesen hat, muss seine ironischen Bemerkungen über den Kommunisten in der Geschichte von Marxentius Communis kennen. Die wichtigste Aufgabe ist für die kommunistischen Länder, alle Dissidenten zu töten, wie das Stalin, Pol Pot und Mao Tse Tung getan haben, wobei der Letztere noch eines ganz besonderen Vandalismus, der Proletarischen Kulturrevolution, schuld ist, die von 1966 bis 1976 Tausende von historischen Kulturschätzen vernichtet hat. Auf diese Tatsachen beruft sich Michael Endes Antikommunismus, denn in diesem System wird nicht nur die Politik, sondern es werden auch die Wirtschaft und die Kultur manipuliert von einer zentralen und allmächtigen Regierung.
4. Michael Endes ökonomische Utopie
Worin besteht nun Michael Endes ökonomische Utopie? Schauen wir zurück zu Michael Endes Kommentar in Phantasie, Kultur, Politik:
„In der heutigen Zeit mag es naiv oder sogar lächerlich klingen, was ich zu sagen habe, aber Brüderlichkeit ist die Regel, die der modernen Ökonomie innewohnen muss. Wir können das freie Wechselspiel zwischen Angebot und Nachfrage nicht auf das Gebiet der Ökonomie anwenden. Wenn wir es doch tun, dann setzt der Kampf aller gegen alle ein, und der Schwächste wird unterliegen."
Wie wir schon oft gesehen haben, bevorzugt in der modernen Gesellschaft der Neoliberalismus (die gegenwärtige Form des Kapitalismus) die Tüchtigsten wie Bill Gates, aber wir dürfen die Tatsache nicht übersehen, dass immer mehr nicht so tüchtige Menschen ihre Jobs und ihr Heim verlieren. Infolge des ökonomischen Wettrennens sind die Firmen gezwungen, ihre Arbeitskräfte zu reduzieren; ein Teil der Beschäftigen verliert ihre Arbeitsplätze, während der Rest immer mehr arbeiten muss – aber warum müssen wir ein so hartes Leben führen? Wer wird von diesem mühseligen Leben profitieren? Nur Kapitalisten mit riesigen Vermögen werden davon glücklich, wenn sie die gegenwärtige Ökonomie auf Kosten der meisten Bewohner dieser Erde ausbeuten können. Daher versuchte Michael Ende, ein anderes Wirtschaftssystem vorzuschlagen, wo wir von Brüderlichkeit regiert werden, anstatt vom gnadenlosen ökonomischen Wettkampf.
Aber was ist nun diese Brüderlichkeit der Ökonomie? Für mich war diese Frage lange Zeit unbeantwortet, Michael Ende selbst zitiert nur Silvio Gesell [19] auf der Seite 15 von Three Mirrors. Erst die NHK-BS Fernsehsendung gab mir die Antwort. Diese Sendung, Michael Ende on the Money-go-round (Ende no yuigon auf Japanisch) betitelt, stellte mehrere Fakten über Wörgls „Arbeitsbestätigungsschein" (Tirol, Österreich) vor, aber in diesem Essay werde ich mich auf den Ersten beschränken, den Michael Ende 1989 gegenüber Hisashi Inoue vorgetragen hatte, wie es in Three Mirrors wiedergegeben wird:
„Bevor eine Zweitwährung eingeführt wurde, waren die Hälfte der Einwohner arbeitslos, und der Stadtsäckel war leer. Nachdem diese Zweitwährung eingeführt worden war und neben der offiziellen österreichischen Währung galt, geschah ein Wunder; innerhalb eines Jahres hatte jeder Arbeit, die Stadt wurde reich und das offizielle Geld verschwand! Als die österreichische Regierung davon erfuhr, verbot sie diese Zweitwährung jedoch sofort, da die Kapitalisten verhindern wollten, dass diese Idee um sich griff." [20]
Was war in Wörgl geschehen? Diese alternative lokale Währung in der österreichischen Stadt wurde zusammen mit einigen von Silvio Gesells epochalen Ideen eingeführt. In dieser Fernsehsendung stellt Michael Ende Silvio Gesell (1862–1930) wie folgt vor:
„Ich weiß nur, dass der Erste, der sich über dieses Problem Gedanken machte, Silvio Gesell war; das war zur Zeit der Räterepublik in Bayern, kurz nach dem ersten Weltkrieg. Er kam auf den Gedanken, dass Geld altern können müsste. Er sagte, man müsse dafür sorgen, dass das Geld am Ende des ökonomischen Prozesses wieder verschwindet. In einer Metapher: Das Blut, das im Knochenmark erzeugt wird, um den ganzen Körper mit Nährstoffen zu versorgen, altert am Ende des Prozesses und wird absorbiert."
Nachdem er im Alter von 24 Jahren nach Argentinien ausgewandert war und dort Erfolg als Unternehmer hatte, beobachtete Gesell die südamerikanische Wirtschaft mit ihren Zyklen aus Inflation und Deflation genau. Da er erkannte, dass die Situation auf die miserable Geldpolitik zurückzuführen war, die die Nationalökonomie an den Rand des Zusammenbruchs brachte, sah er auch, dass das Geldsystem viel mit der sozialen Ordnung zu tun hatte, und schlug ein alternatives Währungssystem namens „Freigeld" vor, das er in seinem Buch Die natürliche Wirtschaftsordnung (1916) vorstellte. Gesells Ideen wurden von Keynes sehr gewürdigt. Er schrieb dazu: „Ich glaube, dass die Zukunft mehr von dem Geist Gesells lernen kann als von dem von Marx" [22]
Die große Depression, die 1929 begann, verbreitete sich sehr schnell über die ganze Welt, trieb eine große Zahl von Firmen und Gesellschaften in den Ruin und machte Millionen von Menschen arbeitslos. Die Stadt Wörgl, die viel ihrer Eigenschaft als Eisenbahnterminal verdankte, konnte der Wirtschaftskrise nicht entrinnen, und 1932, als sich der damalige Bürgermeister Michael Unterguggenberger entschloss, eine lokale Währung einzuführen, war die Situation verzweifelt: 400 von 4200 Bürgern waren arbeitslos [23], und es gab keine Aussicht, dass sich die Lage verbessern würde. Er dachte, dass es die Geldwirtschaft war, die das Problem verursachte, und prägte daher im Juli 1932 eine lokale Währung [24]. Die Stadt selbst wurde Unternehmer, stellte die Arbeitslosen ein und bezahlte sie mit dem „Arbeitsbestätigungsschein". Auf der Rückseite trug er folgende Aufschrift:
„An Alle! Langsam umlaufendes Geld hat die Welt in eine unerhörte Wirtschaftskrise und Millionen schaffender Menschen in unsägliche Not gestürzt… Der Leistungsaustausch muss daher wieder gehoben und der Lebensraum für alle bereits Ausgestoßenen wieder zurückgewonnen werden. Diesem Ziel dient der Arbeitsbestätigungsschein der Marktgemeinde Wörgl: Er lindert die Not, gibt Arbeit und Brot!" [25]
Dieser Arbeitsbestätigungsschein wurde sehr schnell als Zahlungsmittel akzeptiert und das Einkommen der Stadt stieg. In der Fernsehsendung wird ein sehr wichtiger Punkt aufgezeigt: „Indem das Geld zirkuliert, kann es seine ökonomische Aufgabe mehrfach erfüllen." [26] Aber wieso zirkulierte das Geld so schnell? Weil der Schein wertlos war, wenn man nicht an jedem Ersten eines Monats eine Marke aufklebte, die ein Prozent ihres Wertes darstellte. Mit anderen Worten, der Arbeitsbestätigungsschein verlor mit jedem neuen Monat ein Prozent seines Wertes. Daher war es unklug, den Schein aufzubewahren, und daher beeilte sich jedermann, dieses alternde Geld so schnell wie möglich auszugeben; dadurch wurde der Konsum angeregt und die Wirtschaft angekurbelt. Der Arbeitsbestätigungsschein wurde auch zur Bezahlung der Gehälter der Beamten und zur Begleichung von Bankschulden benutzt. Nachbarstädte von Wörgl versuchten das Wunder zu wiederholen, indem sie dasselbe System einführen wollten, aber die österreichische Regierung beendete das Experiment 1933, da sie fürchtete, es würde den Reichtum der Kapitalisten bedrohen.
Auch wenn das Experiment in Wörgl eingestellt worden war, so gab es doch in den letzten Jahren Tausende von Lokalwährungen wie die Ithaca Hour, DöMak in Halle und Wirbank. Ich werde hier nicht auf die Details eingehen, weil die Organisation dieser Lokalwährungen Michael Endes ökonomische Ansichten nicht berührt, aber ich bin sicher, dass es sich für diejenigen, die sich für das Thema interessieren, lohnt, es weiterzuverfolgen.
Ich möchte diesen Teil des Essays mit einem interessanten Zitat von Guido Gesell beenden. Als Fremdenführer erzählte er nicht wenige erfundene Geschichten, die seiner lebhaften Phantasie entsprungen waren. Als man ihn der Lüge bezichtigte, verteidigte er sich wie folgt:
„Das machen doch alle Dichter. Und haben die Leute vielleicht nichts bekommen für ihr Geld? Ich sage euch, sie haben genau das bekommen, was sie wollten! Und was macht es für einen Unterschied, ob das alles in einem gelehrten Buch steht oder nicht? Wer sagt euch denn, dass die Geschichten in den gelehrten Büchern nicht auch bloß erfunden sind, nur weiß es vielleicht Keiner mehr? Ach, was heißt überhaupt wahr oder nicht wahr? Wer kann schon wissen, was hier vor tausend oder zweitausend Jahren passiert ist? Wisst ihr es vielleicht?
Na also! Wieso könnt ihr dann einfach behaupten, dass meine Geschichten nicht wahr sind? Es kann doch zufällig genau so passiert sein. Dann habe ich die pure Wahrheit gesagt!" [27]
Natürlich findet das, was Guido den Touristen erzählt hat, nicht die Billigung der Wissenschaft, aber es stimmt auch, dass seine Geschichten gut ankamen und es insofern auch seine Berechtigung hat, dass er dafür bezahlt wurde.
5. Zusammenfassung
Wenn wir das Wort Wirtschaft hören, dann denken wir an den Wettbewerb, der zusehends schärfer wird und die Firmen zwingt, Tausende von Angestellten auszustellen und auf die Straße zu setzen. Aber der Grund, warum sich der Wettbewerb so verschärft hat, ist der, dass das Kapital, das wir einsetzen, Rendite fordert und dass jeder, der sich Geld leiht, gezwungen ist, Profit zu machen. Ökonomische Prinzipien lassen sich jedoch verändern, und wir könnten ein ruhigeres und sichereres Leben führen, wenn wir eine Währung einführen würden, die auf einem anderen Prinzip basiert. Ich möchte diesen Essay mit Michael Endes letzten Worten in Michael Ende on Money-go-round beenden:
„Die Opfer unseres Systems sind jetzt die Länder der Dritten Welt ebenso wie die Natur, die erbarmungslos ausgebeutet werden, um unser Wirtschaftssystem zu stützen. Wer Geld nur investiert, um den höchstmöglichen Profit zu erzielen und zu expandieren, wird eines Tages den Preis dafür bezahlen müssen, und es wird ein sehr hoher Preis sein, den das Wirtschaftswachstum fordern wird. Wenn es nicht die Vernunft ist, die die Menschheit zur Umkehr bewegt, dann werden es die Fakten sein. Meine Möglichkeiten als Autor sind begrenzt, aber ich betrachte sie unter dem Aspekt, dass ich Ideen und Gedanken entwickeln kann, die vielleicht der Menschheit helfen können, alte Fehler nicht zu wiederholen und stattdessen eine völlig andere Gesellschaftsordnung zu schaffen. Ich glaube, dass die Menschheit einen Rückschlag erleben wird, der sie jahrhundertelang erschüttern wird. Die Menschen glauben immer: »So ist das eben mit dem Geld. Das kann man nicht ändern. « Das ist nicht wahr. Wir können es ändern. Wir haben das Geld geschaffen und wir können es auch anders machen." [28]
Anmerkungen
1 Am Anfang der Fernsehsendung Michael Ende on the Money-go-round, produziert von NHK in Zusammenarbeit mit NHK Enterprise 21, Inc Group Gendai. Mein besonderer Dank gilt Mr. Eiichi Morino, von der Gesell Research Society in Japan für die Überlassung der englischen Version dieses Textes. 2 Momo (1993, Thienemann) wurde in die folgenden Sprachen übersetzt: Italienisch (Michael Ende sagte selbst, dass Momo eine Dankbarkeitsbezeugung und eine Liebeserklärung an Italien sein soll), Englisch, Afrikaans, Baskisch, Bulgarisch, Katalanisch, Chinesisch, Dänisch, Niederländisch, Finnisch, Französisch, Griechisch, Hebräisch, Isländisch, Koreanisch, Japanisch, Lettisch, Litauisch, Norwegisch, Polnisch, Portugiesisch, Rumänisch, Serbokroatisch, Slowakisch, Slowenisch, Spanisch (Spanisch and Argentinisch), Schwedisch, Thailändisch, Tschechisch, Türkisch Ukrainisch und Ungarisch (es gab jedoch in den Ausgaben für die ehemaligen Länder des Ostblocks eine Änderung, wie Michael Ende auf Seite 19–21 des Talk with Ende (Asahi-shimbunsha, 1986. Siehe „1. Bibliographie" für weitere Informationen) erläutert) 3 Originaltitel: Michael Endes Zettelkasten: Skizzen & Notizen, 1994, Weitbrecht Verlag in K. Thienemanns Verlag. Die japanische Übersetzung ist bei Iwanami shoten unter dem Titel Ende zenshu (Ende Complete Works), Buch 18 and 19, erhältlich. 4 Ein Auszug aus S. 16 bis 18 der japanischen Version von Phantasie, Kultur, Politik. Protokoll eines Gesprächs, Erhard Eppler, Michael Ende & Hanne Tächl, 1982, Weitbrecht Verlag in K. Thienemanns Verlag (japanischer Titel: Olive-no mori de katariau, Iwanami shoten, 1994, as Ende zenshu Book 15) 5 Ebd., S. 18~19. 6 Ebd., S. 35. 7 Three Mirrors, S. 13 8 Phantasie, Kultur, Politik, S. 61, 9 Three Mirrors, S. 14 10 „Kukanias Rebellion", Michael Endes Zettelkasten 11 „Money and Growth", ebd. 12 Ebd. 13 Ebd. 14 Ebd. 15 S. 44–45, Kapitel 5 (nach der Ausgabe von Puffin Books, ins Englische übertragen von J. Maxwell Brownjohn, 1985, Penguin Books Ltd, UK), oder S. 47–48, fünftes Kapitel of Momo (Thienemann, 1993) 16 S. 19–21, aus Kapitel 2 von Talk with Ende (Ende to kataru in Japanese, Asahi shimbunsha, 1986) 17 Aus Money-go-round (NHK-TV, 1999) 18 Phantasie, Kultur, Politik, S. 95–96. 19 Ein deutscher Unternehmer und Ökonom, der von einem deutschen Vater und einer wallonischen Mutter abstammte. Er wuchs zweisprachig auf und leistete seinen Militärdienst. Nach einem zweijährigen Aufenthalt in Málaga, Spanien, wanderte er im Alter von 24 Jahren (1886) nach Argentinien aus, wo er zwei Pamphlete mit den Titeln La esencia de las cosas (Das Wesen der Dinge) and La nacionalización de la moneda (Die Nationalisierung der Währung) auf Spanisch veröffentlichte, gefolgt von dem Buch La aplicación y el Control de la Moneda que responden a la Demanda del Comercio Moderno (Die Anpassung des Geldes an die Bedürfnisse des modernen Verkehrs, 1897) und dem Pamphlet Argentina's Monetary Question (La cuestión monetaria argentina, in Spanish), um der Deflationspolitik der Regierung entgegenzutreten. Da seine Schriften von der Politik ignoriert wurden, erfasste eben jenes ökonomische Chaos, das Gesell vorhergesagt hatte, dieses südamerikanische Land. Im Jahr 1900 kaufte er sich einen Bauernhof in Les Hauts-Genéveys, Schweiz, den er sechs Jahre lang bewirtschaftete. Nach dem Tod seines Bruders, der ebenfalls nach Argentinien ausgewandert war, kehrte er in dieses Land zurück und veröffentlichte dort The Monetary Surplus in Argentina und kündigte Positive Money Policy in Frankfurt. 1911 ging er nach Deutschland zurück, um dort The Natural Economy Order (Die natürliche Wirtschaftsordnung) zu verfassen, das er 1916 vollendete. Mit diesem Buch errang er großen Ruhm als Ökonom, und er veranstaltete drei bedeutende Konferenzen: „Money and Peace" in Berlin 1916, „Freeland: The Element for the Peace" in Zürich 1917 und „The Simplification of the Governmental Organization after the Democratization" 1919 in Berlin. Am 7. April 1919 schloss er sich der Landauer Regierung an, die eine Woche später von den Kommunisten gestürzt wurde, die Landauer töteten. Nach der Niederschlagung der kommunistischen Machtergreifung wurde Gesell selbst angeklagt, für die Kommunisten gearbeitet zu haben, aber dank seiner Eloquenz erreichte er einen Freispruch. Danach widmete er sich Büchern wie The Politic, Economic and Financial Condition to Found the Monetary Bureau of Germany und International Volta Association (1920), The Re-Formation of the United League and the Proposal to Alter the Versaille Treaty und A Proclamation to the German People (1921), Practice Memorandum for the Labor Unions und Dictatorship in Emergency – An Appeal to the German Politicians (1922), Proletarians' Armament und The Appearance of the Western World (1923) und The Desolution of the State (1927). 20 Three Mirrors, S. 16 21 Michael Ende on the Money-go-round, NHK-BS TV, 1999 22 S. 355, „Notes on Mercantilism, etc.", aus The General Theory of Employment, Interest and Money (1936) von Keynes 23 Kapitel 3.2 „Die Nothilfe-Aktion der Gemeinde Wörgl und ihre internationale Ausstrahlung..." aus Modellversuche mit sozialpflichtigem Boden und Geld. Lütjenburg: Fachverlag für Sozialökonomie (Werner Onken, 1997) 24 NHK-TV Fernsehsendung Michael Ende on the Money-go-round 25 Auch bei der Fernsehsendung wurde ein Teil dieser Botschaft wegen Mangel an Sendezeit ausgelassen; man kann den ganzen Text auf Deutsch unter http://userpage.fu-berlin.de/~roehrigw/ ... /text6.htm lesen. 26 Michael Ende on Money-go-round (NHK-TV, 1999) 27 S. 38, Kapitel 4 (nach der Puffin Books Version, ins Englische übersetzt von J. Maxwell Brownjohn, 1985, Penguin Books Ltd, UK), oder S. 39–40, Viertes Kapitel von Momo (Thienemann, 1993). 28 NHK-TV Fernsehsendung Michael Ende on the Money-Go-Around
Weitere Informationen im Internet
Auf meiner Homepage (http://www3.plala.or.jp/mig/talk-uk.html) finden Sie weitere Informationen über die in diesem Essay erwähnten Bücher und Fernsehsendungen.
Wörgl: besuchen Sie http://userpage.fu-berlin.de/~roehrigw/woergl/ für weitere Informationen auf Deutsch. Ithaca Hour, Ithaca County, NY, USA, 1991–, http://www.lightlink.com/hours/ithacahours/home.html für weitere Informationen in English und anderen Sprachen. DöMAK Halle, Germany, besuchen Sie http://www.anhalt.net/doemak/ für weitere Informationen auf Deutsch. WIRBANK Schweiz, besuchen Sie http://www.wirbank.ch/ für weitere Informationen auf Deutsch, Französisch und Italienisch.
Silvio Gesell (1862–1930) Die Natürliche Wirtschaftsordnung auf Deutsch, besuchen Sie http://userpage.fu-berlin.de/~roehrigw/gesell/nwo/ wo Sie den ganzen Text auf Deutsch finden.
Stellt sich die Frage was wir jährlich bei 3%Exponentielles Wachstum(Körperwachstum) an Grundumsatz (Umweltresursen)Verbraucht haben werden und wie lange so was gut geht?.
Michael Endes Sicht der Ökonomie
Ein Essay auf der Basis der in Japan verfügbaren Werke Michael Endes
0. Einführung
Es wird niemand bezweifeln, dass Michael Ende einer der herausragendsten deutschen Autoren des zwanzigsten Jahrhunderts ist, dem der damalige Bundespräsident Roman Herzog in seinem Beileidstelegramm zu dessen Tod seine Anerkennung zollte und erklärte: "In der heutigen Generation gibt es keinen Deutschen, der sich nicht an die Bücher von Michael Ende erinnert, mit denen er aufgewachsen ist." [1]
Michael Ende, ein geborener Erzähler mit reicher Vorstellungskraft, verfasste eine Reihe von bewegenden Abenteuern wie Jim Knopf, Momo und Die unendliche Geschichte, in denen Helden und Heldinnen durch die Welt reisen. Seine Geschichten sind so mitreißend, dass Momo, eines seiner Meisterwerke, in mehr als dreißig Sprachen übersetzt wurde [2] und seinen Autor zu einem der geachtetsten Erzähler machte, vergleichbar nur mit Saint-Exupéry oder Lewis Carrol.
Seltsamerweise hat er jedoch auch eine Reihe von Büchern über die reale Welt verfasst, die im Gegensatz zu seinem Beruf als Kinderbuchautor zu stehen scheinen: Phantasie, Kultur, Politik (1982), Dialogue on Arts and Politics, Talk with Ende (nur in Japan veröffentlicht), Three Mirrors (ebenfalls nur in Japan veröffentlicht), und so weiter. Sein Werk als kritischer Beobachter der Zeit beschränkte sich jedoch nicht auf das literarische Gebiet, so dass beispielsweise NHK, ein gemeinnütziger japanischer Sender, zusammen mit ihm zwei Fernsehsendungen produzierte: Einstein Roman 6: Ende's Civilization Desert (1991) und Michael Ende's Last Words (1999, Originaltitel: Ende no Yuigon; die englische Version trägt den Titel Michael Ende on the Money-go-round und wurde von NHK in Zusammenarbeit mit NHK Enterprise 21, Inc. Group Gendai produziert, das einzige posthume Werk). Als Einwohner eines Landes, in dem so viele Informationen über Michael Endes Gedanken in einer Sprache vorliegen, die den Liebhabern von Michael Endes Werk so gut wie unzugänglich sind, möchte ich Ihnen in diesem Essay einen Überblick darüber geben.
1. Bibliographie
Wenn man daran geht, einen Essay über Michael Ende zu schreiben, liegt es nahe anzunehmen, die deutsche Sprache wäre dafür die beste Grundlage. Tatsächlich aber gibt es eine Reihe von Publikationen, die nur auf Japanisch erhältlich sind, da einige Bücher und Videofilme von japanischen Verlagen veröffentlicht wurden. Ich werde diese Bücher kurz vorstellen, bevor ich auf Michael Endes Ansichten über die Ökonomie eingehe. Ich hoffe, dass diese Zitate helfen werden, den Inhalt der Werke aufzuzeigen (selbst wenn sie mit Ökonomie nichts zu tun haben).
Talk with Ende
Originaltitel: Ende to kataru, Asahi Shimbunsha, 1986.
Dieses Buch enthält das Interview mit Michael Ende, das Michiko Koyasu (eine japanische Germanistin, die die Lehren Rudolf Steiners, die Anthroposophie, gut kannte) mit der Unterstützung von Fumi (ihrer Tochter, die einige Jahre in München an einer Rudolf-Steiner-Schule verbracht hatte und damals an der Universität München Japanologie studierte) durchführte. Dieses Interview wurde am 22. Juli 1985 aufgezeichnet, gerade fünf Monate nach Ingeborg Hoffmans Tod (23. März 1985). Das Gespräch fand in München statt, wohin Michael Ende zurückgekehrt war, nachdem er fünfzehn Jahre in Genzano in der Nähe von Rom gelebt hatte. Michael Ende gibt darin neben dem Thema der Ökonomie noch folgende Kommentare ab:
„Momo ist eine Erklärung der Dankbarkeit an Italien und ebenso eine Liebeserklärung." (Kapitel 1)
„Die Psychoanalyse hat kein Ende... Das wahre Selbst ist jedoch außerhalb des Menschen." (Kapitel 2)
„Die heutige Welt beruht vollständig auf dem Prinzip von Ursache und Wirkung. Die Technologie funktioniert nicht, wenn sie sich nicht auf eine solche Theorie stützen kann. Sie kann jedoch auf menschliche Wesen nicht angewandt werden. Wir besitzen Aspekte, die aus einem solchen Blickwinkel heraus unverständlich sind... Wenn wir uns selbst analysieren, dann können wir unsere Fähigkeit der Vorahnung nicht erfassen." (Kapitel 3)
„Die ganze Nachkriegsliteratur basiert auf der Annahme, dass der Autor die Leser belehren und unterweisen muss, also für den Leser als Lehrer dienen soll. Ich finde diese Vorstellung jedoch arrogant." (Kapitel 3)
„Seine (Steiners) Aussagen beruhen auf langwierigen Überlegungen. Es ist Unsinn, sie als unabänderliche Tatsachen festzuschreiben... Steiner zu lesen bedeutet, selbst zu beginnen, über die Welt nachzudenken." (Kapitel 4)
„Ich hoffe, dass der Osten und Europa eine wirkliche Kommunikation über künstlerische und kulturelle Gebiete beginnen... beide haben ihre eigenen großen Traditionen, wobei sich die europäische sehr stark von der östlichen unterscheidet, so dass ein solcher Dialog sehr fruchtbar wäre." (Kapitel 4)
„Ich versuche mit meinem Werk etwas, das dem der mittelalterlichen Alchemisten oder Erzähler sehr ähnlich ist, nämlich die Phänomene der äußeren Welt in die Zeichen der inneren zu übersetzen... Alle Kulturen zu allen Zeiten und in allen Ländern stellen nichts Anderes dar als die Darstellung der äußeren Welt mit den Kriterien der inneren." (Kapitel 5)
„Die wahre Moral gehorcht nicht den äußeren Kriterien, sondern entsteht als eigene, spontane Entscheidung." (Kapitel 5)
„Ich denke, die Menschen besitzen zwei wunderbare Eigenschaften: Die eine ist die Erinnerung, die jedermann kennt... Die Andere ist der Akt des Vergessens, und ich denke, dass er noch wichtiger ist als der des Erinnerns... Wohin geht denn das, was man vergessen hat? Ins Unterbewusstsein. Es wird zur Basis des ganzen Lebens. Früher oder später wandert alle Erinnerung in die Tiefen des Unterbewusstseins, woraus schließlich die Persönlichkeit geformt wird, die einen großen Teil unbewusster Erinnerungen enthält... Je mehr man vergisst, desto reicher wird die Persönlichkeit... Je mehr Vergangenheit der Geist enthält, desto größer wird die Zukunft. Nicht nur die Vergangenheit, an die man sich bewusst erinnert, sondern auch diejenige, die auf den Boden des Vergessens gesunken ist, wird in der Zukunft des Menschen umgeformt und widergespiegelt." (Kapitel 7)
Three Mirrors
Originaltitel: Mittsuno Kagami, Asahi Shimbun, 1989.
Ende besuchte Japan im März 1989 und sprach mit drei japanischen Intellektuellen: Hisashi Inoue (Autor), Mitsumasa Yasuno (Künstler) und Hayao Kawai (Psychoanalytiker der Jung'schen Schule). Die Themen variierten von der Ökonomie über die Vorgänge in der Stadt Wörgl (Tirol, Österreich; das japanische Publikum hatte davon in einer Fernsehsendung von NHK 1989 erfahren) über den Stil des Malers Edgar Ende bis zu den Theorien von C. G. Jung. Einige wichtige Kommentare Michael Endes:
„Der Unterschied zwischen unserer modernen Kultur und allen früheren liegt darin: Die früheren erhielten ihre kulturellen Maßstäbe von den vorhergegangenen, während wir unsere Maßstäbe nicht von den älteren Kulturen erhalten können, so dass wir die Zukunft vorhersehen können müssten, um einen Maßstab für unsere Entscheidungen zu haben." (Kapitel 1)
„Mein Vater kümmerte sich nicht um die Techniken der Expressionisten und beachtete sie teilweise sogar bewusst nicht." (Kapitel 2, über den Stil des Malers Edgar Ende)
„Warum kann die Dunkelheit nicht ebenso heilig sein wie das Licht? Keine Farbe kann ohne diese beiden existieren. Eine Welt, die nur aus Licht besteht, ist ebenso unsichtbar und nicht wahrnehmbar, wie es eine vollkommen dunkle Welt wäre." (Kapitel 2)
„In der antiken Mathematik ist 1 die größte Zahl... Da die 1 alle folgenden Zahlen hervorbringt und in sich vereint, ist sie die Einheit, die alle sichtbaren und unsichtbaren Welten beinhaltet. Diese Einheit ist die 1, und wir nennen sie die Allmacht. Die Dualität selbst ist bereits vom Teufel... Der Teufel ist nicht gegen Gott gerichtet, seine Existenz ergibt sich allein schon aus der Dualität." (Kapitel 2)
„Japan musste seine eigene kulturelle Entwicklung aufgeben, um ins Industriezeitalter vorzustoßen. Wie beim Veredeln von Bäumen, so musste Japan seinen Stamm beschneiden und etwas völlig Neues aufpfropfen. Daher ist der innere kulturelle Widerspruch in Japan sehr viel schärfer als in Europa." (Kapitel 2)
„Wer ein drittes Auge besitzt, der erkennt, dass die Bäume nicht nur eine Zusammensetzung chemischer Elemente sind, sondern eine Lebensform, die sich die Erde mit uns teilt... Wenn man die ökologischen Probleme lösen will, muss man in einen Dialog mit der Natur treten." (Kapitel 3)
„Wer in der westlichen Welt den Respekt der Öffentlichkeit genießen will, muss seine sexuellen Bedürfnisse aufgeben... Wenn der Geschlechtsverkehr im Traum sehr viel mehr bedeutet als der im wirklichen Leben, dann verliert man das Interesse an Letzterem. Ich vermute, dass die Enthaltsamkeit ursprünglich auf diesem Prinzip beruhte." (Kapitel 3)
Einstein Roman 6: Ende's Civilization Desert
Originaltitel: Einstein Roman 6: Ende no Bunmei Sabaku, NHK shuppan, 1991.
Dieser Text wurde zuerst auf dem Fernsehsender NHK ausgestrahlt und danach als Buch veröffentlicht. Das Kapitel 2, das den Titel „Civilization Desert" trägt, ist in dem deutschen Buch Michael Endes Zettelkasten (Edition Weitbrecht, 1994) enthalten.
In diesem Text kritisiert Michael Ende den Materialismus wie folgt:
„Mir scheint, dass das, was der so genannte Rationalismus und die wissenschaftliche Aufklärung in der Zivilisationswüste bisher produziert haben, exakt das Gegenteil von dem ist, was Menschen, die der Rationalität und Ehrlichkeit anhängen, fordern." (Kapitel 2)
„Was man heute Kinderliteratur nennt, geht bis in die Anfänge des 19. Jahrhunderts zurück. Zuvor hatte das Märchen bereits existiert, aber es war nicht nur für Kinder gedacht: Märchen waren sehr viel wichtiger als heute, und sowohl Kinder wie auch Erwachsene lebten in der Welt der Märchen. Aber der moderne Intellektualismus begann die gesamte traditionelle europäische Spiritualität auszuschließen und die persönliche Weltsicht mit ihrer wilden Leidenschaft abzuwürgen, wodurch die gesamte Welt buchstäblich inhuman wurde." (Kapitel 2)
„Ich denke, wir brauchen heute eine völlig andere Wissenschaft. Eine, die die Zivilisationswüste wieder bereichern kann..., eine, die den Intellektualismus überwindet, aber nicht durch Irrationalismus, sondern indem sie den Intellektualismus analysiert und seine Widersprüche aufzeigt, eine, die die Menschen durch realistisches, an der Wirklichkeit orientiertes Denken wieder zu den ursprünglichen Erfahrungen zurückbringt." (Kapitel 2)
„Die ganze Welt besteht aus Energie und Materie, und es gibt keinen Unterschied zwischen Menschen und Materie. Dinge wie Seelen existieren nicht, und Konzepte wie Freiheit, Würde, Schönheit und Humor sind nichts als Einbildung. Diese Vorstellung ist unser Untergang." (Kapitel 3)
„Die Idee des Rassismus und der Rassendiskriminierung entstand durch Weiterdenken von Darwins Theorien... Die Auslöschung lebensunwerten Lebens, und Konzentrationslager..." (Kapitel 4)
Ich denke, dieses Buch ist für alle, die Endes Ansichten über menschliche Werte kennen lernen wollen, von großer Bedeutung.
Michael Ende on the Money-go-round
NHK, 1999.
Die japanische Version dieser Fernsehsendung wurde am 4. und 5. Mai sowie am 3. Juli 1999 von NHK-BS1 ausgestrahlt, unter dem Titel Ende no yuigon (Michael Ende's Last Words) und wird am 21. Dezember auf dem gleichen Kanal wiederholt werden. Sie wurde von NHK in Zusammenarbeit mit NHK Enterprise 21, Inc Group Gendai (Produzent: Junko Murayama) produziert. An einer englischen Version wird gearbeitet, aber bis zum heutigen Tag, dem 30. Oktober 1999, ist sie in Japan noch nicht ausgestrahlt worden und für die Öffentlichkeit noch nicht verfügbar (die japanische Version ist auf Kassette erhältlich). Im Jahr 2000 wird ein Buch über diese Sendung veröffentlicht werden, wodurch die Michael-Ende-Forschung neues Material erhält. In dieser Sendung werden unter anderem das Experiment in der Stadt Wörgl (Tirol, Österreich) 1932/33, die Ithaca Hour in Ithaca County, NY, USA, DöMak in Halle, Deutschland und Wirbank in der Schweiz vorgestellt.
2. Die Bedeutung, die Utopie zu erlangen, und was uns davon abhält
Bevor ich auf Michael Endes Ansichten über die Ökonomie eingehe, möchte ich einige Sätze aus Phantasie, Kultur, Politik zitieren, in denen er betont, wie wichtig es für uns ist, unsere eigene Utopie zu errichten. Das Gespräch beginnt mit Michael Endes Erzählung über das Dudtweiler-Institut (der größten Kaufhauskette in der Schweiz). Er war von dem Konzern gebeten worden, einen Abschnitt aus Momo (die Rede des Friseurs) anlässlich eines Kongresses vor vielen Managern, Gewerkschaftsvertretern und Mitgliedern des Clubs of Rome vorzutragen. Er willigte ein, reiste in die Schweiz und trug den Abschnitt vor. Das Publikum war nicht in der Lage, auf den Inhalt des Vortrags einzugehen, sondern begann stattdessen, seinen literarischen Wert zu diskutieren. Nachdem Michael Ende dieser Diskussion eine Weile gefolgt war, sagte er Folgendes (ich kürze es ein wenig, weil das Original zu lang ist):
„Für mich ist die Tatsache, dass es in diesem Jahrhundert noch keine positive Utopie gegeben hat, sehr bedeutsam. Nachdem zwei Utopien, Jules Vernes wissenschaftliche und Karl Marx' sozialistische, erwiesenermaßen innere Widersprüche aufweisen, entstanden nur noch alptraumhafte Antiutopien wie H. G. Wells The Time Machine oder George Orwells 1984. Die Menschen dieses Jahrhunderts sind über ihre eigene Zukunft besorgt. Heutzutage haben wir nicht einmal mehr den Mut, von dem zu träumen, was wir uns wünschen würden. Daher möchte ich Ihnen das Folgende vorschlagen: Wir fliegen jetzt auf einem Teppich 100 Jahre in die Zukunft, und jeder erzählt seinem Nachbarn, wie er sich die Zukunft wünschen würde. Ist es nicht so, dass wir unsere Wünsche nicht mehr äußern können, wenn wir uns vom Zwang des Faktischen einschränken lassen? Wenn wir aber unsere Wünsche formulieren und festschreiben, dann werden sich auch Mittel und Wege finden lassen, sie zu verwirklichen. Alles, was wir wissen müssen, ist das, was wir ersehnen. Spielen wir also zusammen ein Spiel. Bei diesem Spiel können Sie alles Beliebige sagen, beispielsweise »Die Industriegesellschaft ist besser«, »Die nichtindustrielle Gesellschaft ist besser«, »Ich möchte mit dieser Technologie leben«, »Ich möchte lieber nicht mit ihr leben« oder jeden anderen Satz, wenn Sie nur die eine Regel beachten: Sie können nicht sagen »Das ist unmöglich.« Kurz, jeder von Ihnen wird sagen, wie er sich die Zukunft wünscht." [4]
Nach einigen Minuten Schweigen antwortete ein Mann: „Was bedeutet dieses Gerede? Das ist völliger Unsinn! Wir sollten uns an die Fakten halten, und die bedeuten, dass wir das Rennen nicht gewinnen können und ökonomisch ruiniert werden, wenn wir nicht wenigstens ein Wirtschaftswachstum von drei Prozent pro Jahr haben." [5] Und Michael Ende musste sein Experiment aufgeben, weil ihm einige Leute Vorwürfe machten und ihn angriffen.
Sie wundern sich vielleicht, wieso es so wichtig ist, dass jeder seine eigene Utopie hat, aber durch die Planung einer solchen Utopie können wir erkennen, was getan werden muss, um sie zu erreichten, während im Fall dieses Kongresses die Teilnehmer nicht einmal die Spielregeln ändern wollten, weil sie nicht glaubten, das zu können, wie uns Michael Endes folgende Worte zeigen: „Ich glaube, das Utopia der Werte war schon immer die Essenz aller Kulturen. In anderen Worten, zuerst wird ein Zukunftsbild entworfen, und dann setzen wir uns daran, es zu verwirklichen." [6]
Wir haben gerade gesehen, dass solche Leute viel zu beschäftigt sind, die gerade eben drohenden Gefahren abzuwenden, als dass sie sich den künftigen Kollaps vorstellen könnten, der sie bedroht. Jedermann weiß, dass dieses Spiel (das gegenwärtige ökonomische System, das die Leute zwingt, mindestens drei Prozent Rendite zu zahlen) nicht ewig dauern kann. Trotzdem versuchen sie das zu erreichen, was erwiesenermaßen unerreichbar ist; sie wollen weiter Profite scheffeln, haben aber nicht die mindeste Ahnung, wie sie die Regeln des ökonomischen Spiels ändern könnten, so dass sie aus dem Wirtschaftswettbewerb befreit werden. Michael Ende gibt uns ein sprechendes Beispiel dafür, wie sehr sie von ihren Vorstellungen gefangen sind.
„Ich sah eine Fernsehsendung über die Verschmutzung der Meere, (...) die mit den Worten des Produzenten endete, die ungefähr so lauteten: »Daher sollten die Chemiefabriken aufhören, Abwässer in das Meer zu leiten.« Die Gedankengänge des Produzenten enden hier, ohne dass er sie weiterentwickelt hätte. Das Problem ist das Folgende: Wenn sie aufhören, Abwässer ins Meer zu leiten, dann müssen sie die Preise ihrer Produkte erhöhen, wodurch sie ihren Marktanteil verlieren. Folglich wird es Millionen von Arbeitslosen geben, die auf der Straße stehen. In kürzester Zeit werden Nationen oder Konzerne, die Umweltsünden begehen (die also billige, auf Kosten der Umwelt produzierte Artikel herstellen), von dieser Situation profitieren. Und das ist der Grund, warum Europa, die USA und Japan gezwungen sind, eine konsumorientierte Politik zu verfolgen." [7]
Es gibt keinen Zweifel darüber, dass die Konsumenten am liebsten die billigsten Güter kaufen, da sie ja beim Einkauf nicht wissen können, wie diese produziert worden sind. Das Einzige, was sie im Geschäft klar erkennen können, ist das Preisschild, und jeder wird zwangsläufig das billigere Produkt nehmen, wenn es sich sonst vom teureren nicht unterscheidet. Die Hersteller kennen die Psyche der Konsumenten genau und versuchen daher, diejenigen Produktionskosten zu verringern, die mit der Qualität des Produktes nicht zu tun haben (beispielsweise Umweltschutzmaßnahmen oder die Löhne der Arbeiter). So kommt es, dass die Hersteller die Umwelt schädigen, weil die Konsumenten nicht wissen können, welcher Schaden bei der Anfertigung des Produktes angerichtet wurde. Da die Hersteller keinen direkten Kontakt mit den Konsumenten haben, können sie ihnen auch nicht erklären, wieso sich die Preise ihrer Produkte erhöht haben, und sobald sie ebendiese Preise erhöhen, laufen sie Gefahr, dass die Konsumenten den Grund der Erhöhung nicht verstehen werden.
Aber warum ist das so? Können wir ein solches ökonomisches Schema nicht vermeiden? Michael Ende schlägt uns in Phantasie, Kultur, Politik die folgende Lösung vor:
„In der heutigen Zeit mag es naiv oder sogar lächerlich klingen, was ich zu sagen habe, aber Brüderlichkeit ist die Regel, die der modernen Ökonomie innewohnen muss. Wir können das freie Wechselspiel zwischen Angebot und Nachfrage nicht auf das Gebiet der Ökonomie anwenden. Wenn wir es doch tun, dann setzt der Kampf aller gegen alle ein, und der Schwächste wird unterliegen." [8]
Das heißt, die Produzenten können keinen zusätzlichen Aufwand zum Schutz der Umwelt betreiben, weil die zusätzlichen Kosten den Verkauf ihrer Produkte behindern werden. Aber der Grund, warum die Produzenten gezwungen sind, Umweltschutzmaßnahmen zu ignorieren, ist, dass wir uns inmitten eines ökonomischen Darwinismus befinden, und der einzige Weg, ihn zu beseitigen, ist eine grundlegende Änderung des ökonomischen Systems. Die brüderliche Ökonomie, die von Michael Ende als Alternative vorgeschlagen wird, versucht die tödlichen Fehler der gegenwärtigen Ökonomie zu ändern; diesem Gebiet werde ich mich in Kapitel 4 widmen. Jetzt wollen wir unsere Aufmerksamkeit Michael Endes zweiter Bemerkung über das ökonomische System in Kapitel 1 von Three Mirrors schenken:
„In unserer Lage haben wir nur zwei Möglichkeiten: So weitermachen wie bisher und immer in der Furcht leben, die ganze Welt zu ruinieren, oder es zu stoppen und dadurch eine Massenarbeitslosigkeit und einen Zusammenbruch der Wirtschaft auszulösen. Der einzige Ausweg aus diesem Dilemma liegt meiner Ansicht nach darin, dass die Wirtschaftskapitäne, die ja doch Intelligenz besitzen müssen, einsehen, dass das monetäre System selbst geändert werden muss." [9]
Eine Kurzgeschichte mit dem Titel „Kukanias Rebellion", die dieses Thema behandelt, ist in Michael Endes Zettelkasten enthalten. In dieser Geschichte führt ein charismatischer Mann namens Franz eine Kampagne durch, dass jedermann nur noch das Notwendigste kaufen solle. Der Umsatz geht zurück, und in Deutschland allein werden zwanzig Millionen arbeitslos. Die Politiker und Unternehmer, die von dieser ökonomischen Rezession betroffen sind, lassen ihn ermorden, um die Wirtschaft wiederzubeleben. In dieser Geschichte findet sich eine interessante Beobachtung:
„Der Tod eines Mannes ist besser als der Zusammenbruch des ganzen Systems. Die Ermordung wurde von einem Mafiakiller durchgeführt. (Kriminelle sind für die Wirtschaft gar nicht so schlecht. Brandstifter, Taschendiebe, Diebe, ja selbst Killer kurbeln die Wirtschaft an und schaffen neue Arbeitsplätze. Ganz zu schweigen von den Umweltverbrechern.)" [10]
Das bedeutet, dass gewisse Handlungen zwar gegen die Moral verstoßen, aber für das gegenwärtige ökonomische System durchaus förderlich sein können, so dass die Unternehmer keine Skrupel haben, solange sie sich einen Profit erhoffen. Unsere Wirtschaft ist so sehr darauf ausgerichtet, Profit zu erzielen, dass die Unternehmer es sich nicht leisten können, ihren moralischen Kodex zu beachten.
Ein weiterer Text zu diesem Thema findet sich im selben Buch in „Geld und Wachstum". Michael Ende sagt darin, dass das gegenwärtige ökonomische und monetäre System „genau die Eigenschaften einer Krebsgeschwulst haben", oder „es ist für ein solches Wirtschaftssystem notwendig, immer weiter zu wachsen und zu vervielfältigen" [11], wodurch er den Finger auf das Problem der gegenwärtigen Geldwirtschaft legt. Nachdem er aufgezeigt hat, dass „wir wissen müssen, dass es heutzutage keinen einzigen Fall einer nichtkapitalistischen Wirtschaft gibt, die die Wünsche der Menschen befriedigen kann, ohne sich dem Wachstum zu verpflichten." [12] Michael Ende weist nach, dass das gegenwärtige System immer mehr Energie verbrauchen muss, da „dieses »wunderbare« Wachstum ja nicht von selbst entsteht. Die ungeheuren Kosten dieses Wachstums werden von der Dritten Welt bezahlt beziehungsweise von der weltweiten extremen Ausbeutung und Zerstörung der Natur. Und wenn die Natur dazu nicht in der Lage ist, dann muss dieser wachsende Energiebedarf auf »un-natürliche« Weise erzeugt werden." [13] In früheren Zeiten war die Energie, die die Menschen verbrauchten, abgesehen von der Nahrung auf Feuerholz zum Kochen oder Heizen beschränkt, aber nach der industriellen Revolution hat der Mensch den wachsenden Energiebedarf mit Kohle, Öl und Kerntechnik gedeckt, worüber Michael Ende sagt, so könne es nicht weitergehen. Seine Warnungen werden jedoch ungehört verhallen, denn die Konzerne wollen Wachstum um jeden Preis, und die Gewerkschaften fordern Vollbeschäftigung. Michael Ende lässt seine Kurzgeschichte mit dem satirischen Satz ausklingen: „Man kann nicht sehr weit gehen auf einem Schiff, das sich in die falsche Richtung bewegt." [14]
3. Was ist Kapitalismus und was ist Kommunismus?
Vielleicht ist man versucht, aufgrund des Vorangegangenen zu dem Schluss zu gelangen, dass Michael Ende mit dem Kommunismus sympathisierte. Er war jedoch als klarer Antikommunist bekannt, und diese seine Einstellung macht er auch in Momo klar. Guide erzählt einer Touristin mittleren Alters eine seiner Geschichten über die grausamen Tyrannen Marxentius Communis [15], in der Michael Ende seine Einstellung gegenüber dem Kommunismus verdeutlicht. In einigen kommunistischen Ländern wurde diese Erzählung aus dem Buch entfernt, unter anderem auch in der ehemaligen DDR. [16]
Aber was war falsch am Kommunismus? Ende hat dieses Problem des Öfteren kommentiert, aber seine klarste Aussage findet sich in Michael Ende on the Money-go-round:
„Marx glaubte wirklich, dass die Probleme des Kapitalismus dadurch gelöst werden könnten, dass die vielen kleinen Unternehmer durch einen einzigen, nämlich den Staat, ersetzt würden. Das Hauptproblem war, dass Marx es gar nicht wollte, dass sich der Kapitalismus änderte, sondern ihn nur dem Staat übergeben wollte. Die beiden großen Staatssysteme, die in den letzten fünfzig oder siebzig Jahren miteinander wetteiferten, waren in Wirklichkeit Zwillinge: privater Kapitalismus und Staatskapitalismus. Ein echtes nichtkapitalistisches Wirtschaftssystem haben wir noch nicht kennen gelernt. Ich denke, das eigentliche Verdienst von Marx liegt darin, dass er viele Konzepte entwickelt hat, die erst eine Kritik am Wirtschaftssystem ermöglicht haben." [17]
Wir neigen zu der Ansicht, der Kommunismus wäre das dem Kapitalismus entgegengesetzte Wirtschaftssystem, aber in Wirklichkeit haben die beiden Systeme viel gemeinsam: Beide besitzen Firmen, die von Individuen oder vom Staat kontrolliert werden; nur wenige Leute profitieren vom Mehrwert, der von dem ökonomischen System erwirtschaftet wird; die einfachen Leute müssen die Rolle spielen, die für sie von den Wirtschaftsführern vorgesehen ist; und so weiter... Das meint Michael Ende, wenn er davon spricht, dass Kapitalismus und Kommunismus Zwillinge sind. Für uns ist wichtig, uns sowohl vom privaten als auch vom staatlichen Kapitalismus zu befreien.
In Phantasie, Kultur, Politik kritisiert Michael Ende den Kommunismus ein weiteres Mal sehr scharf: Im Gespräch mit Erhard Eppler greift er zwei Gedanken aus seinem Buch auf, nämlich „Wertkonservativismus" und „Strukturkonservatismus", wobei er sagt: „Diejenigen, welche die Werte hochhalten, versuchen die Struktur zu ändern, um die Werte zu retten, während die anderen sie zerstören." [18] Wenn Michael Ende vom Strukturkonservativismus sprach, dann meinte er offenbar, auch ohne es offen auszusprechen, die kommunistischen Länder. Wer Momo gelesen hat, muss seine ironischen Bemerkungen über den Kommunisten in der Geschichte von Marxentius Communis kennen. Die wichtigste Aufgabe ist für die kommunistischen Länder, alle Dissidenten zu töten, wie das Stalin, Pol Pot und Mao Tse Tung getan haben, wobei der Letztere noch eines ganz besonderen Vandalismus, der Proletarischen Kulturrevolution, schuld ist, die von 1966 bis 1976 Tausende von historischen Kulturschätzen vernichtet hat. Auf diese Tatsachen beruft sich Michael Endes Antikommunismus, denn in diesem System wird nicht nur die Politik, sondern es werden auch die Wirtschaft und die Kultur manipuliert von einer zentralen und allmächtigen Regierung.
4. Michael Endes ökonomische Utopie
Worin besteht nun Michael Endes ökonomische Utopie? Schauen wir zurück zu Michael Endes Kommentar in Phantasie, Kultur, Politik:
„In der heutigen Zeit mag es naiv oder sogar lächerlich klingen, was ich zu sagen habe, aber Brüderlichkeit ist die Regel, die der modernen Ökonomie innewohnen muss. Wir können das freie Wechselspiel zwischen Angebot und Nachfrage nicht auf das Gebiet der Ökonomie anwenden. Wenn wir es doch tun, dann setzt der Kampf aller gegen alle ein, und der Schwächste wird unterliegen."
Wie wir schon oft gesehen haben, bevorzugt in der modernen Gesellschaft der Neoliberalismus (die gegenwärtige Form des Kapitalismus) die Tüchtigsten wie Bill Gates, aber wir dürfen die Tatsache nicht übersehen, dass immer mehr nicht so tüchtige Menschen ihre Jobs und ihr Heim verlieren. Infolge des ökonomischen Wettrennens sind die Firmen gezwungen, ihre Arbeitskräfte zu reduzieren; ein Teil der Beschäftigen verliert ihre Arbeitsplätze, während der Rest immer mehr arbeiten muss – aber warum müssen wir ein so hartes Leben führen? Wer wird von diesem mühseligen Leben profitieren? Nur Kapitalisten mit riesigen Vermögen werden davon glücklich, wenn sie die gegenwärtige Ökonomie auf Kosten der meisten Bewohner dieser Erde ausbeuten können. Daher versuchte Michael Ende, ein anderes Wirtschaftssystem vorzuschlagen, wo wir von Brüderlichkeit regiert werden, anstatt vom gnadenlosen ökonomischen Wettkampf.
Aber was ist nun diese Brüderlichkeit der Ökonomie? Für mich war diese Frage lange Zeit unbeantwortet, Michael Ende selbst zitiert nur Silvio Gesell [19] auf der Seite 15 von Three Mirrors. Erst die NHK-BS Fernsehsendung gab mir die Antwort. Diese Sendung, Michael Ende on the Money-go-round (Ende no yuigon auf Japanisch) betitelt, stellte mehrere Fakten über Wörgls „Arbeitsbestätigungsschein" (Tirol, Österreich) vor, aber in diesem Essay werde ich mich auf den Ersten beschränken, den Michael Ende 1989 gegenüber Hisashi Inoue vorgetragen hatte, wie es in Three Mirrors wiedergegeben wird:
„Bevor eine Zweitwährung eingeführt wurde, waren die Hälfte der Einwohner arbeitslos, und der Stadtsäckel war leer. Nachdem diese Zweitwährung eingeführt worden war und neben der offiziellen österreichischen Währung galt, geschah ein Wunder; innerhalb eines Jahres hatte jeder Arbeit, die Stadt wurde reich und das offizielle Geld verschwand! Als die österreichische Regierung davon erfuhr, verbot sie diese Zweitwährung jedoch sofort, da die Kapitalisten verhindern wollten, dass diese Idee um sich griff." [20]
Was war in Wörgl geschehen? Diese alternative lokale Währung in der österreichischen Stadt wurde zusammen mit einigen von Silvio Gesells epochalen Ideen eingeführt. In dieser Fernsehsendung stellt Michael Ende Silvio Gesell (1862–1930) wie folgt vor:
„Ich weiß nur, dass der Erste, der sich über dieses Problem Gedanken machte, Silvio Gesell war; das war zur Zeit der Räterepublik in Bayern, kurz nach dem ersten Weltkrieg. Er kam auf den Gedanken, dass Geld altern können müsste. Er sagte, man müsse dafür sorgen, dass das Geld am Ende des ökonomischen Prozesses wieder verschwindet. In einer Metapher: Das Blut, das im Knochenmark erzeugt wird, um den ganzen Körper mit Nährstoffen zu versorgen, altert am Ende des Prozesses und wird absorbiert."
Nachdem er im Alter von 24 Jahren nach Argentinien ausgewandert war und dort Erfolg als Unternehmer hatte, beobachtete Gesell die südamerikanische Wirtschaft mit ihren Zyklen aus Inflation und Deflation genau. Da er erkannte, dass die Situation auf die miserable Geldpolitik zurückzuführen war, die die Nationalökonomie an den Rand des Zusammenbruchs brachte, sah er auch, dass das Geldsystem viel mit der sozialen Ordnung zu tun hatte, und schlug ein alternatives Währungssystem namens „Freigeld" vor, das er in seinem Buch Die natürliche Wirtschaftsordnung (1916) vorstellte. Gesells Ideen wurden von Keynes sehr gewürdigt. Er schrieb dazu: „Ich glaube, dass die Zukunft mehr von dem Geist Gesells lernen kann als von dem von Marx" [22]
Die große Depression, die 1929 begann, verbreitete sich sehr schnell über die ganze Welt, trieb eine große Zahl von Firmen und Gesellschaften in den Ruin und machte Millionen von Menschen arbeitslos. Die Stadt Wörgl, die viel ihrer Eigenschaft als Eisenbahnterminal verdankte, konnte der Wirtschaftskrise nicht entrinnen, und 1932, als sich der damalige Bürgermeister Michael Unterguggenberger entschloss, eine lokale Währung einzuführen, war die Situation verzweifelt: 400 von 4200 Bürgern waren arbeitslos [23], und es gab keine Aussicht, dass sich die Lage verbessern würde. Er dachte, dass es die Geldwirtschaft war, die das Problem verursachte, und prägte daher im Juli 1932 eine lokale Währung [24]. Die Stadt selbst wurde Unternehmer, stellte die Arbeitslosen ein und bezahlte sie mit dem „Arbeitsbestätigungsschein". Auf der Rückseite trug er folgende Aufschrift:
„An Alle! Langsam umlaufendes Geld hat die Welt in eine unerhörte Wirtschaftskrise und Millionen schaffender Menschen in unsägliche Not gestürzt… Der Leistungsaustausch muss daher wieder gehoben und der Lebensraum für alle bereits Ausgestoßenen wieder zurückgewonnen werden. Diesem Ziel dient der Arbeitsbestätigungsschein der Marktgemeinde Wörgl: Er lindert die Not, gibt Arbeit und Brot!" [25]
Dieser Arbeitsbestätigungsschein wurde sehr schnell als Zahlungsmittel akzeptiert und das Einkommen der Stadt stieg. In der Fernsehsendung wird ein sehr wichtiger Punkt aufgezeigt: „Indem das Geld zirkuliert, kann es seine ökonomische Aufgabe mehrfach erfüllen." [26] Aber wieso zirkulierte das Geld so schnell? Weil der Schein wertlos war, wenn man nicht an jedem Ersten eines Monats eine Marke aufklebte, die ein Prozent ihres Wertes darstellte. Mit anderen Worten, der Arbeitsbestätigungsschein verlor mit jedem neuen Monat ein Prozent seines Wertes. Daher war es unklug, den Schein aufzubewahren, und daher beeilte sich jedermann, dieses alternde Geld so schnell wie möglich auszugeben; dadurch wurde der Konsum angeregt und die Wirtschaft angekurbelt. Der Arbeitsbestätigungsschein wurde auch zur Bezahlung der Gehälter der Beamten und zur Begleichung von Bankschulden benutzt. Nachbarstädte von Wörgl versuchten das Wunder zu wiederholen, indem sie dasselbe System einführen wollten, aber die österreichische Regierung beendete das Experiment 1933, da sie fürchtete, es würde den Reichtum der Kapitalisten bedrohen.
Auch wenn das Experiment in Wörgl eingestellt worden war, so gab es doch in den letzten Jahren Tausende von Lokalwährungen wie die Ithaca Hour, DöMak in Halle und Wirbank. Ich werde hier nicht auf die Details eingehen, weil die Organisation dieser Lokalwährungen Michael Endes ökonomische Ansichten nicht berührt, aber ich bin sicher, dass es sich für diejenigen, die sich für das Thema interessieren, lohnt, es weiterzuverfolgen.
Ich möchte diesen Teil des Essays mit einem interessanten Zitat von Guido Gesell beenden. Als Fremdenführer erzählte er nicht wenige erfundene Geschichten, die seiner lebhaften Phantasie entsprungen waren. Als man ihn der Lüge bezichtigte, verteidigte er sich wie folgt:
„Das machen doch alle Dichter. Und haben die Leute vielleicht nichts bekommen für ihr Geld? Ich sage euch, sie haben genau das bekommen, was sie wollten! Und was macht es für einen Unterschied, ob das alles in einem gelehrten Buch steht oder nicht? Wer sagt euch denn, dass die Geschichten in den gelehrten Büchern nicht auch bloß erfunden sind, nur weiß es vielleicht Keiner mehr? Ach, was heißt überhaupt wahr oder nicht wahr? Wer kann schon wissen, was hier vor tausend oder zweitausend Jahren passiert ist? Wisst ihr es vielleicht?
Na also! Wieso könnt ihr dann einfach behaupten, dass meine Geschichten nicht wahr sind? Es kann doch zufällig genau so passiert sein. Dann habe ich die pure Wahrheit gesagt!" [27]
Natürlich findet das, was Guido den Touristen erzählt hat, nicht die Billigung der Wissenschaft, aber es stimmt auch, dass seine Geschichten gut ankamen und es insofern auch seine Berechtigung hat, dass er dafür bezahlt wurde.
5. Zusammenfassung
Wenn wir das Wort Wirtschaft hören, dann denken wir an den Wettbewerb, der zusehends schärfer wird und die Firmen zwingt, Tausende von Angestellten auszustellen und auf die Straße zu setzen. Aber der Grund, warum sich der Wettbewerb so verschärft hat, ist der, dass das Kapital, das wir einsetzen, Rendite fordert und dass jeder, der sich Geld leiht, gezwungen ist, Profit zu machen. Ökonomische Prinzipien lassen sich jedoch verändern, und wir könnten ein ruhigeres und sichereres Leben führen, wenn wir eine Währung einführen würden, die auf einem anderen Prinzip basiert. Ich möchte diesen Essay mit Michael Endes letzten Worten in Michael Ende on Money-go-round beenden:
„Die Opfer unseres Systems sind jetzt die Länder der Dritten Welt ebenso wie die Natur, die erbarmungslos ausgebeutet werden, um unser Wirtschaftssystem zu stützen. Wer Geld nur investiert, um den höchstmöglichen Profit zu erzielen und zu expandieren, wird eines Tages den Preis dafür bezahlen müssen, und es wird ein sehr hoher Preis sein, den das Wirtschaftswachstum fordern wird. Wenn es nicht die Vernunft ist, die die Menschheit zur Umkehr bewegt, dann werden es die Fakten sein. Meine Möglichkeiten als Autor sind begrenzt, aber ich betrachte sie unter dem Aspekt, dass ich Ideen und Gedanken entwickeln kann, die vielleicht der Menschheit helfen können, alte Fehler nicht zu wiederholen und stattdessen eine völlig andere Gesellschaftsordnung zu schaffen. Ich glaube, dass die Menschheit einen Rückschlag erleben wird, der sie jahrhundertelang erschüttern wird. Die Menschen glauben immer: »So ist das eben mit dem Geld. Das kann man nicht ändern. « Das ist nicht wahr. Wir können es ändern. Wir haben das Geld geschaffen und wir können es auch anders machen." [28]
Anmerkungen
1 Am Anfang der Fernsehsendung Michael Ende on the Money-go-round, produziert von NHK in Zusammenarbeit mit NHK Enterprise 21, Inc Group Gendai. Mein besonderer Dank gilt Mr. Eiichi Morino, von der Gesell Research Society in Japan für die Überlassung der englischen Version dieses Textes. 2 Momo (1993, Thienemann) wurde in die folgenden Sprachen übersetzt: Italienisch (Michael Ende sagte selbst, dass Momo eine Dankbarkeitsbezeugung und eine Liebeserklärung an Italien sein soll), Englisch, Afrikaans, Baskisch, Bulgarisch, Katalanisch, Chinesisch, Dänisch, Niederländisch, Finnisch, Französisch, Griechisch, Hebräisch, Isländisch, Koreanisch, Japanisch, Lettisch, Litauisch, Norwegisch, Polnisch, Portugiesisch, Rumänisch, Serbokroatisch, Slowakisch, Slowenisch, Spanisch (Spanisch and Argentinisch), Schwedisch, Thailändisch, Tschechisch, Türkisch Ukrainisch und Ungarisch (es gab jedoch in den Ausgaben für die ehemaligen Länder des Ostblocks eine Änderung, wie Michael Ende auf Seite 19–21 des Talk with Ende (Asahi-shimbunsha, 1986. Siehe „1. Bibliographie" für weitere Informationen) erläutert) 3 Originaltitel: Michael Endes Zettelkasten: Skizzen & Notizen, 1994, Weitbrecht Verlag in K. Thienemanns Verlag. Die japanische Übersetzung ist bei Iwanami shoten unter dem Titel Ende zenshu (Ende Complete Works), Buch 18 and 19, erhältlich. 4 Ein Auszug aus S. 16 bis 18 der japanischen Version von Phantasie, Kultur, Politik. Protokoll eines Gesprächs, Erhard Eppler, Michael Ende & Hanne Tächl, 1982, Weitbrecht Verlag in K. Thienemanns Verlag (japanischer Titel: Olive-no mori de katariau, Iwanami shoten, 1994, as Ende zenshu Book 15) 5 Ebd., S. 18~19. 6 Ebd., S. 35. 7 Three Mirrors, S. 13 8 Phantasie, Kultur, Politik, S. 61, 9 Three Mirrors, S. 14 10 „Kukanias Rebellion", Michael Endes Zettelkasten 11 „Money and Growth", ebd. 12 Ebd. 13 Ebd. 14 Ebd. 15 S. 44–45, Kapitel 5 (nach der Ausgabe von Puffin Books, ins Englische übertragen von J. Maxwell Brownjohn, 1985, Penguin Books Ltd, UK), oder S. 47–48, fünftes Kapitel of Momo (Thienemann, 1993) 16 S. 19–21, aus Kapitel 2 von Talk with Ende (Ende to kataru in Japanese, Asahi shimbunsha, 1986) 17 Aus Money-go-round (NHK-TV, 1999) 18 Phantasie, Kultur, Politik, S. 95–96. 19 Ein deutscher Unternehmer und Ökonom, der von einem deutschen Vater und einer wallonischen Mutter abstammte. Er wuchs zweisprachig auf und leistete seinen Militärdienst. Nach einem zweijährigen Aufenthalt in Málaga, Spanien, wanderte er im Alter von 24 Jahren (1886) nach Argentinien aus, wo er zwei Pamphlete mit den Titeln La esencia de las cosas (Das Wesen der Dinge) and La nacionalización de la moneda (Die Nationalisierung der Währung) auf Spanisch veröffentlichte, gefolgt von dem Buch La aplicación y el Control de la Moneda que responden a la Demanda del Comercio Moderno (Die Anpassung des Geldes an die Bedürfnisse des modernen Verkehrs, 1897) und dem Pamphlet Argentina's Monetary Question (La cuestión monetaria argentina, in Spanish), um der Deflationspolitik der Regierung entgegenzutreten. Da seine Schriften von der Politik ignoriert wurden, erfasste eben jenes ökonomische Chaos, das Gesell vorhergesagt hatte, dieses südamerikanische Land. Im Jahr 1900 kaufte er sich einen Bauernhof in Les Hauts-Genéveys, Schweiz, den er sechs Jahre lang bewirtschaftete. Nach dem Tod seines Bruders, der ebenfalls nach Argentinien ausgewandert war, kehrte er in dieses Land zurück und veröffentlichte dort The Monetary Surplus in Argentina und kündigte Positive Money Policy in Frankfurt. 1911 ging er nach Deutschland zurück, um dort The Natural Economy Order (Die natürliche Wirtschaftsordnung) zu verfassen, das er 1916 vollendete. Mit diesem Buch errang er großen Ruhm als Ökonom, und er veranstaltete drei bedeutende Konferenzen: „Money and Peace" in Berlin 1916, „Freeland: The Element for the Peace" in Zürich 1917 und „The Simplification of the Governmental Organization after the Democratization" 1919 in Berlin. Am 7. April 1919 schloss er sich der Landauer Regierung an, die eine Woche später von den Kommunisten gestürzt wurde, die Landauer töteten. Nach der Niederschlagung der kommunistischen Machtergreifung wurde Gesell selbst angeklagt, für die Kommunisten gearbeitet zu haben, aber dank seiner Eloquenz erreichte er einen Freispruch. Danach widmete er sich Büchern wie The Politic, Economic and Financial Condition to Found the Monetary Bureau of Germany und International Volta Association (1920), The Re-Formation of the United League and the Proposal to Alter the Versaille Treaty und A Proclamation to the German People (1921), Practice Memorandum for the Labor Unions und Dictatorship in Emergency – An Appeal to the German Politicians (1922), Proletarians' Armament und The Appearance of the Western World (1923) und The Desolution of the State (1927). 20 Three Mirrors, S. 16 21 Michael Ende on the Money-go-round, NHK-BS TV, 1999 22 S. 355, „Notes on Mercantilism, etc.", aus The General Theory of Employment, Interest and Money (1936) von Keynes 23 Kapitel 3.2 „Die Nothilfe-Aktion der Gemeinde Wörgl und ihre internationale Ausstrahlung..." aus Modellversuche mit sozialpflichtigem Boden und Geld. Lütjenburg: Fachverlag für Sozialökonomie (Werner Onken, 1997) 24 NHK-TV Fernsehsendung Michael Ende on the Money-go-round 25 Auch bei der Fernsehsendung wurde ein Teil dieser Botschaft wegen Mangel an Sendezeit ausgelassen; man kann den ganzen Text auf Deutsch unter http://userpage.fu-berlin.de/~roehrigw/ ... /text6.htm lesen. 26 Michael Ende on Money-go-round (NHK-TV, 1999) 27 S. 38, Kapitel 4 (nach der Puffin Books Version, ins Englische übersetzt von J. Maxwell Brownjohn, 1985, Penguin Books Ltd, UK), oder S. 39–40, Viertes Kapitel von Momo (Thienemann, 1993). 28 NHK-TV Fernsehsendung Michael Ende on the Money-Go-Around
Weitere Informationen im Internet
Auf meiner Homepage (http://www3.plala.or.jp/mig/talk-uk.html) finden Sie weitere Informationen über die in diesem Essay erwähnten Bücher und Fernsehsendungen.
Wörgl: besuchen Sie http://userpage.fu-berlin.de/~roehrigw/woergl/ für weitere Informationen auf Deutsch. Ithaca Hour, Ithaca County, NY, USA, 1991–, http://www.lightlink.com/hours/ithacahours/home.html für weitere Informationen in English und anderen Sprachen. DöMAK Halle, Germany, besuchen Sie http://www.anhalt.net/doemak/ für weitere Informationen auf Deutsch. WIRBANK Schweiz, besuchen Sie http://www.wirbank.ch/ für weitere Informationen auf Deutsch, Französisch und Italienisch.
Silvio Gesell (1862–1930) Die Natürliche Wirtschaftsordnung auf Deutsch, besuchen Sie http://userpage.fu-berlin.de/~roehrigw/gesell/nwo/ wo Sie den ganzen Text auf Deutsch finden.
Stellt sich die Frage was wir jährlich bei 3%Exponentielles Wachstum(Körperwachstum) an Grundumsatz (Umweltresursen)Verbraucht haben werden und wie lange so was gut geht?.
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Freiwirtschaft im Radio
Morgen früh kommt in Bayern 2 eine Sendung zum Tehma
Zins.
Quelle: http://www.br-online.de/land-und-leute/ ... /index.xml
Die Krankheit der Welt steckt im Zinseszins
Silvio Gesell - ein bayerischer Finanzminister als Utopist oder Visionär
Von Bernd Grashoff
Also sprach John Maynard Keynes, der berühmte Wirtschaftsfachmann: "Von Silvio Gesell kann die Welt tausendmal mehr lernen als von Karl Marx. Für mich ist er der Vorkämpfer der monetären Konjunkturtheorie und damit letztlich der geistige Vater des internationalen Währungsfonds."
Nein, Gesell war kein Bayer, eher ein "Weltbürger", der, wie viele vor ihm und nach ihm, München als den Ort ansah, wo er seine Lehre zu realisieren hoffte. Geboren 1862, lebte er jahrelang in Argentinien und in der Schweiz als Unternehmer, bis er Anfang des 20. Jahrhunderts mit seinen Arbeiten über Geldwert und natürliche Wirtschaftsordnung rasch bekannt wurde.
1919 berief ihn die sozialdemokratische Regierung Hoffmann als Spezialisten für die Bekämpfung der Inflation zum Finanzminister. Aber als er im April 1919 in München eintraf, herrschte dort schon die Räteregierung, die ihn kurzerhand übernahm, obwohl er sich in seinem Werk deutlich vom Sozialismus distanziert hatte. Anfang Mai wurde Gesell verhaftet, aber im Hochverratsprozess im Juli frei gesprochen.
Ganz sicher war sein kurzes, aber temperamentvolles und in Dutzenden von exemplarischen Dokumenten überliefertes Wirken als Finanzminister nur eine Episode. Andererseits rückt ihn seine Lehre von der absoluten Währung und den dynamisch zu steuernden Geldmengen gerade jetzt - nach dem Ende des sozialistischen Experiments und den Auswüchsen des globalen Wettbewerbs - immer stärker in den Mittelpunkt des Interesses an einem dritten Weg zwischen Kapitalismus und Sozialismus.
Erste Versuche der Realisierung seiner "Freiwirtschaft" in Deutschland oder das "Geldwunder von Wörgl" 1932, aber auch solche in den USA erlebte Gesell nicht mehr. Er starb 1930.
In Bayern hat man Gesell wohl zu Unrecht zu lange unterschätzt und in einen Topf mit der unglücklichen Periode der Räteherrschaft geworfen. Aber er ist mehr als eine Fußnote der bayerischen Geschichte. An den Universitäten der USA ist seine Lehre fester Bestandteil der Wirtschaftskunde.
> 3. April
Gruß
Dir
Ein Geld das sich nicht Horten läßt könnte zur Schaffung von
Eigentum in wesentlicher Form führen.
Albert Einstein
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Also sprach John Maynard Keynes, der berühmte Wirtschaftsfachmann: "Von Silvio Gesell kann die Welt tausendmal mehr lernen als von Karl Marx. Für mich ist er der Vorkämpfer der monetären Konjunkturtheorie und damit letztlich der geistige Vater des internationalen Währungsfonds."
Nein, Gesell war kein Bayer, eher ein "Weltbürger", der, wie viele vor ihm und nach ihm, München als den Ort ansah, wo er seine Lehre zu realisieren hoffte. Geboren 1862, lebte er jahrelang in Argentinien und in der Schweiz als Unternehmer, bis er Anfang des 20. Jahrhunderts mit seinen Arbeiten über Geldwert und natürliche Wirtschaftsordnung rasch bekannt wurde.
1919 berief ihn die sozialdemokratische Regierung Hoffmann als Spezialisten für die Bekämpfung der Inflation zum Finanzminister. Aber als er im April 1919 in München eintraf, herrschte dort schon die Räteregierung, die ihn kurzerhand übernahm, obwohl er sich in seinem Werk deutlich vom Sozialismus distanziert hatte. Anfang Mai wurde Gesell verhaftet, aber im Hochverratsprozess im Juli frei gesprochen.
Ganz sicher war sein kurzes, aber temperamentvolles und in Dutzenden von exemplarischen Dokumenten überliefertes Wirken als Finanzminister nur eine Episode. Andererseits rückt ihn seine Lehre von der absoluten Währung und den dynamisch zu steuernden Geldmengen gerade jetzt - nach dem Ende des sozialistischen Experiments und den Auswüchsen des globalen Wettbewerbs - immer stärker in den Mittelpunkt des Interesses an einem dritten Weg zwischen Kapitalismus und Sozialismus.
Erste Versuche der Realisierung seiner "Freiwirtschaft" in Deutschland oder das "Geldwunder von Wörgl" 1932, aber auch solche in den USA erlebte Gesell nicht mehr. Er starb 1930.
In Bayern hat man Gesell wohl zu Unrecht zu lange unterschätzt und in einen Topf mit der unglücklichen Periode der Räteherrschaft geworfen. Aber er ist mehr als eine Fußnote der bayerischen Geschichte. An den Universitäten der USA ist seine Lehre fester Bestandteil der Wirtschaftskunde.
> 3. April
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Vom Bauern den 10 Teil
Klingt das nicht schrecklich 10 Prozent vom hab und gut bzw: sauer Verdienten Geld einfach abzugeben.Alles Vergangenheit Monarchien gibts nicht mehr<denkste>Ein Blick auf die Lohnabrechnung und es offenbart sich die schreckliche Wahrheit getarnt als Steuer für die Gemeinschaft sind es 50-70 Prozent zieht man Ökosteuer,Mehrwertsteuer usw. hinzu die der Staat verlangt.Die Frage warum der Staat überhaupt von den Bürgern Steuern verlangt(muß)wird gar nicht gestellt.Es ist einfach so (Naturgesetz)da kann man halt nichts machen außer die Steuern zu Senken ;-).
Frage? Angenommen sie wollen ein Unternehmen Gründen würden sie alles bisher Verdiente Geld dazu benutzen ob sie die Frage mit ja oder nein beantworten ist unerheblich.Sie werden sich auf jedenfall Verschulden, warum ganz einfach wenn sie alles Ausgegeben haben bleibt für die Aufrechterhaltung des Körpers nichts mehr übrig, spätesten dann wenden sie sich an jemmanden der vom Tauschmittel Geld mehr hat als er für die Eigenen Bedürfnisse braucht.Um es zu leihen,woran nichts verwerfliches ist offiziel wird immer so getan als ob Schulden in Geldform moralisch verwerflich sind.Warum? Angenomen sie haben Ihr Geld in einen Kopieshop investiert.Der Laden läuft Gut aber jeder Eingenommene Euro muß wieder reinvestiert werden schlieslich muß das papier,Toner,Strom uew. bezahlt werden.Auch wenn sie Erfolg haben das Angebot von der Kopie steht ständig unter zwang.Entweder sie Investieren ständig in neu Kopietechnick oder die Konkurenz wird sie dazu zwingen den Preis zu Senken <Alter Hut> ja doch wenn sie noch nie einen pfenig Schulden machten wird sie der Zwang der Waren sich Anzubieten bringen den Preis zu Senken (was Eigenkapital schmälert)und letztendlich dazu zu bringen sich bei jemandem der von Geld(Kapital)mehr hat als er für die Aufrechterhaltung seines Körpers benötigt es zu Leihen.Durch die Überlegenheit des Geldes über Waren kommen sie als Warenbesitzer ganz schnell in Schwierikeiten.Während Geldbesitzer auf dem Gelde sitzen bleiben können, haben sie diese Möglichkeit als Warenbesitzer nicht .Egal wie man es dreht durch den Zins wächst die Geldmenge Exponetiell das heißt es Verdoppelt sich um den vorhergenden wert bsp: 1,2,4,8,16,32,64,128 usw. sowohl auf der Guthaben Seite als auch auf der Schulden Seite, wobei die Schuldenseite zum eigentlichen Problem wird.Verweigern sich Unternehmer und Privathaushalte Kredite Aufzunehmen beginnt der Zins (laut Volkswirtschaft der Knapheitspreis auf Geld) ist zu Sinken d.h die Rendite(zins) auf Sachwerte wird schmäler als die auf Kapital(geld durch Geld machen).Und an dieser Stelle steigt der Staat ein in exakt der gleichen Höhe wie sich Privat und Unternehmen verweigern nimmt der Staat zb. BRD: Schulden (in Form von Krediten)auf.Da er nichts Produziert bleibt dem Staat nichts anders übrig als von den Bürgern Steuern(Geld was nicht existiert) zu nehmen.Dazu kommt noch das alle Funktionen die an denZins gekoppelt sind Exponetiell wachsen und sich somit Automatisch die Steuerbelastung (Zinsanteil) erhöht.
Der Bund der Steuerzahler hat dazu ne nette Uhr http://www.steuerzahler.de/
Gruß
Dir
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Figurprobleme
Wenn das Geld aus dem Kreislauf verschwunden is
...
Das Garantiert beste Diätprogramm um Vollschlank
zu werden ;).
http://www.00zins.de/katze.htm
Gruß
Dir
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Verschuldung in Zahlen!
Dieter Meyer ist ein ausgewiesener Experte in Sachen Staatsverschuldung. Er war Ministerialrat im Finanzministerium eines Bundeslandes und hatte in dieser Position Mitte der 90er Jahre Einblicke in die Staatsverschuldung des öffentlichen Gesamthaushalts in Deutschland. Dabei gewann er die Erkenntnis, dass die Verschuldung sich selbst nährt und auf diese Weise eigendynamisch immer schneller wächst.
http://www.staatsverschuldung.de/
http://www.staatsverschuldung.de/meyer.htm
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Schule und der Wasserfarb Kasten
Wir sind eine Gruppe von etwa 20 jungen Menschen (14 bis 22 Jahre alt), die sich für die Gleichberechtigung zwischen Kindern und Erwachsenen einsetzen. Unsere Hauptthemen sind Wahlrecht, Schule und Familie.
http://kraetzae.de/home/
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Kevin allein zuhause
Von Region zu Region Geld brauchts schon.
Wenn, wenn Dollar und Euro als Geld,Tauschmittel versagen sind Alternative Währungen nicht nur von nutzen.
www.regiogeld.de
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Staatsverschuldung
Staatsverschuldung
- ein Zinseszins-Teufelskreis
Verfasser: Dieter Meyer
Neuverschuldung, Zinseszinswachstum, steigender Schuldenstand - das sind die Triebkräfte der Staatsverschuldung, ein ohne ihre Rückführung eigendynamisch bis zum Kollaps wachsendes gigantisches Schneeballsystem.
Die ausgeuferten Staatsschulden des öffentlichen Gesamthaushalts in Deutschland sind seit Jahrzehnten - abgesehen von der Verwendung der UMTS-Lizenzerlöse zur Schuldentilgung - wirtschaftlich nicht getilgt worden. Fällige Tilgungsausgaben wurden und werden mit neuen Krediten refinanziert. Darüber hinaus wurde und wird der Schuldenberg (Stand Ende 2002 rd. 1,28 Billionen EUR) zur vollen bzw. anteiligen Deckung der von ihm selbst verursachten wachsenden Zinseszinslasten um die jährliche Neuverschuldung erhöht. Diese erzeugt infolge gewachsener Zinslasten wieder neuen Kreditbedarf, dieser wieder neue Defizite infolge gewachsener Zinslasten usw. usw., und das mit steigender Tendenz in einer teufelskreisähnlichen Spirale. "Damit nährt sich die Verschuldung aus sich selbst heraus" (Deutsche Bundesbank, Monatsbericht März 1997, Zitat).
Von 1965 bis 2002 betrug auf der Ebene des öffentlichen Gesamthaushalts die Summe aller Neuverschuldungen bzw. Defizite 1.051,7 Mrd.EUR und die Summe aller Zinsausgaben 1.123,2Mrd.EUR. Die riesigen Blöcke Kreditaufnahmen und Schuldendienst halten sich also im langfristigen Mittel etwa die Waage.
Im Jahre 1990 betrugen die Zinsausgaben des öffentlichen Gesamthaushalts noch 33,1 Mrd. EUR. Im Jahre 2002 waren sie auf 66,0 Mrd.EUR angewachsen. Das jährliche zinseszinsbedingte Haushaltsloch hat sich also nach 12 Jahren etwa verdoppelt. Es wird weiter wachsen, solange es mit neuen Schulden finanziert wird. Die staatliche Kreditfinanzierung wird faktisch nicht mehr für Investitionen eingesetzt. Sie dient nur noch der Finanzierung des von ihr selbst verursachten wachsenden Schuldendienstes (Zins- und Tilgungsausgaben) und ist damit zum sinnlosen und gefährlichen Selbstzweck entartet.
Lesen Sie die nachfolgenden Ausführungen und folgen Sie dem großen Linkfeld am Ende dieser Seite, um sich umfassender über Hintergründe und Perspektiven der Staatsverschuldung zu informieren !
In Erkenntnis der großen Gefahren ihrer ausgeuferten öffentlichen Verschuldung haben sich die EU- Mitgliedstaaten zur Wahrung der Stabilität des EURO bereits 1997 in Amsterdam in einem Stabilitäts- und Wachstumspakt u. a. dazu verpflichtet, ihre Verschuldung nicht nur auf die Maastrichter Konvergenzkriterien (Schuldenstände maximal 60% und jährliche Defizite bzw. Neuverschuldung maximal 3% des nominalen Bruttoinlandsproduktes -BIP-) zu begrenzen, sondern ihre jährlichen Defizite auf null zurückzuführen und Haushaltsüberschüsse zu erwirtschaften, um diese in Zeiten einer Rezession ohne Neuverschuldung einsetzen zu können. Die Maastrichter Grenzwerte für die öffentliche Verschuldung in Höhe von 60% bzw. 3% des BIP sind auch nicht willkürlich gesetzt, wie manche meinen. Sie stellen eine notwendige Bremsmarke für die bis dahin auf ein bereits zu hohes Niveau angewachsenen Schuldenberge dar mit dem Gebot: bis hierher und nicht weiter !
Im Jahr 2001 hatten das Ziel, Haushaltsüberschüsse zu erwirtschaften, bereits 9 EU-Mitgliedstaaten erreicht (im Jahr 2002 allerdings nur 4). Deutschland dagegen ist 2001 - trotz aller Sparbekundungen und -bemühungen - wieder auf ein gesamtstaatliches Defizit von 2,8% des BIP (57,5 Mrd.EUR) zurückgefallen. Das hatte die EU-Kommission bereits zu Beginn des Jahres 2002 veranlaßt, Deutschland auch ohne einen formellen "blauen Brief" öffentlich zu verwarnen. Über die dadurch hervorgerufenen Turbulenzen und die zur Abwendung eines "blauen Briefes" eingegangene Selbstverpflichung der Bundesregierung, ab dem Jahre 2004 einen nahezu ausgeglichenen öffentlichen Gesamthaushalt anzustreben, hatten die öffentlichen Medien ausführlich berichtet.
Die Realisierbarkeit dieser Selbstverpflichtung wurde vielfach bezweifelt. Gemäß amtlicher Veröffentlichung des Statistischen Bundesamtes (Pressemitteilung vom 16.01.2002) und der EUROSTAT-Pressemitteilung Nr. 30/2003 v. 17.03.2003 ist es nun Gewißheit: Deutschland ist im Jahre 2002 auf eine Defizitquote von 3,6% des BIP (76,2 Mrd.EUR) zurückgefallen und muss damit ein Sanktionsverfahren aus Brüssel über sich ergehen lassen. Müsste ein solches Sanktionsverfahren bis zur letzten Konsequenz realisiert werden, weil - was zu befürchten ist - das öffentliche Defizit auch im Jahre 2003 den Grenzwert von 3% des BIP überschreitet, würde Deutschland einen Betrag bis zu 0,5% des BIP als nicht rückzahlbare Geldbuße an die EU zahlen müssen. Bezogen auf das BIP 2002 in Höhe von 2.108 Mrd.EUR würde dann ein weiteres zusätzliches Haushaltsloch in Höhe von rd. 10,5 Mrd.EUR entstehen.
Unter dem Eindruck der gegenwärtigen Konjunkturschwäche bei angespannten Haushaltslagen nicht nur in Deutschland, sondern auch in Frankreich, Italien und Portugal, mehren sich die Stimmen, die eine Lockerung der Defizitgrenze von 3% des BIP und eine vorübergehend kreditfinanzierte Ankurbelung der Konjunktur fordern. Die dadurch höhere Staatsverschuldung, so wird argumentiert, könnte dann mit den Steuermehreinnahmen abgebaut werden, die nach dem Anspringen der Konjunktur wieder fließen würden. Das sind Rezepte von vorgestern, die sich als untauglich erwiesen haben. Die Idee, in Zeiten einer Rezession zwecks Ankurbelung der Konjunktur Schulden zur Ausweitung der staatlichen Ausgaben aufzunehmen und diese dann bei (hoffentlich) auflebender Konjunktur mit Einnahmeüberschüssen wieder zurückzuzahlen (antizyklische Haushalts- und Finanzpolitik), hatte die Bundesrepublik Deutschland bereits mit der Haushaltsreform 1967 gem. Art. 109 Abs. 2 GG in das "Gesetz zur Förderung der Stabilität und des Wachstums der Wirtschaft" (StWG) vom 08.06.67 aufgenommen. Die Regeln sind auch folgerichtig, wenn sie nur befolgt worden wären. Im Jahre 1965 betrug der Schuldenstand des öffentlichen Gesamthaushalts 43,16 Mrd.EUR (18,4% des BIP, Zinssteuerquote bei 3,3%). Im Jahre 2002 war der Gesamtschuldenstand auf 1.282.8 Mrd.EUR angewachsen (60,8% des BIP, Zinssteuerquote 2002 bei 14,9%). In den letzten Jahrzehnten seit Einführung des Verfahrens der "antizyklischen Haushalts- und Finanzpolitik" wurde entgegen den Regelungen im StWG auch in konjunkturell guten Zeiten nicht eine einzige Mark vom angehäuften Schuldenstand getilgt (ausgenommen die Verwendung der UMTS-Lizenzeinnahmen zur Schuldentilgung). Im Gegenteil: die Neuverschuldung erhöhte sich von Jahr zu Jahr und diente - soweit sie nicht von den entsprechend angewachsenen und von ihr selbst verursachten Zinskosten aufgezehrt wurde - auch in konjunkturell besseren Zeiten zur Finanzierung staatlicher Aufgaben. Bereits seit Mitte der achtziger Jahre deckt die jährlich steigende Neuverschuldung nur noch einen Teil der von ihr selbst erzeugten immer weiter steigenden Zinslasten. Zur Finanzierung staatlicher Aufgaben blieb und bleibt davon nichts übrig.
In ihrer Einschätzung der Hauptursache für die immer wieder entstehenden neuen und größeren Haushaltslöcher und des Grundrezepts zu ihrer Beseitigung stimmen Regierungs- und Oppositionsparteien weitgehend überein: Schuld allein sei das zu niedrige Wirtschaftswachstum, das angekurbelt werden muss, damit alles wieder gut wird. Nur über Schuldzuweisungen und Detailrezepte zur Wachstumsförderung wird erbittert gestritten. Daß aber primär das verschuldungsbedingte jährliche Zinseszinswachstum und nur sekundär ein zu schwaches Wirtschaftswachstum für die immer größer werdenden Haushaltslöcher ursächlich ist, wird dabei übersehen. Es wurden Steuersenkungen realisiert und es werden weitere gefordert in der Hoffnung, Steuersenkungen würden Steuermehreinnahmen bewirken durch steigendes Wirtschaftswachstum. Das Prinzip Hoffnung soll den öffentlichen Gesamthaushalt aus der Schuldenkrise herausführen, was aber nicht gelingen kann, wenn sich die Hoffnungen nicht erfüllen und die Wirtschaft trotz vorangegangener Steuersenkungen nicht wächst. Dann führen die Steuersenkungen selbstverständlich zu Steuermindereinnahmen, die jetzt beklagt werden. Wirtschaftswachstum kann und muss unter anderem mit finanzpolitischen Maßnahmen gefördert werden, aber es läßt sich damit nicht erzwingen. Solche Maßnahmen erzeugen keinen Wachstumsautomatismus. Für eine Wachstumsschwäche können durchaus auch andere Gründe maßgeblich sein, wie z. B. ein gewisser Sättigungsgrad, politisch unsichere Verhältnisse, hohe Sparquoten. Wachstumszwang kann, darf und muss nicht Voraussetzung für den Bestand unserer Gesellschaft sein. In Deutschland betrug im Jahre 1999 das BIP je Einwohner 24.150 EUR und lag damit deutlich über dem EU-Durchschnitt von 21.140 EUR (Quelle: Stat. Bundesamt - Datenreport 2002). Es ist nur langsamer gewachsen. Das darf kein Rechtfertigungsgrund dafür sein, Steuermindereinnahmen wie seit Jahrzehnten weiterhin mit höherer Neuverschuldung auszugleichen, denn die Schulden von heute sind die Steuererhöhungen und Sparpakete von morgen. Angesichts des immer noch überdurchschnittlichen Bruttoinlandsproduktes je Einwohner in Deutschland muss es möglich sein, dieses im Rahmen ohnehin notwendiger tiefgreifender Reformen so umzuverteilen, dass ein ausgeglichener öffentlicher Gesamthaushalt ohne Neuverschuldung erzielt werden kann. Die Mehrzahl der EU-Mitgliedsstaaten hat dies trotz teilweise geringeren Bruttoinlandsproduktes geschafft und damit neue Spielräume für die Bewältigung von Wirtschaftskrisen gewonnen.
Die derzeit eskalierenden Diskussionen darüber, ob und seit wann Kenntnis über die Höhe der Defizite und der zu ihrer Beseitigung notwendigen Sparopfer besteht, sind grotesk und unglaubwürdig. Die dazu relevanten Zahlen werden jährlich veröffentlicht und stehen jedermann zur Verfügung. Man muss kein Fachmann sein und es genügen sogar Papier und Bleistift, um zumindest grob überschlägig die verschuldungsbedingten jährlichen Defizite und die jährlichen Belastungen jeden einzelnen Bürgers auszurechnen, die erforderlich werden, damit das gesamtstaatliche Defizit, wie es der EU-Stabilitätspakt fordert, auf null zurückgeführt werden kann. DasStatistische Amt der Europäischen Union (EUROSTAT)hat für 2001 für den öffentlichen Gesamthaushalt Deutschlands folgende verschuldungs- und konvergenzrelevante Daten veröffentlicht: nominales BIP = 2.071.200 Mio.EUR, Schuldenstand = 1.232.820 Mio.EUR, Defizit = 57.520 Mio.EUR, Zinsausgaben = 66.482 Mio.EUR. Ende 2000 hatte Deutschland 82.260.000 Einwohner (Quelle: Stat. Bundesamt - Datenreport 2002). Heruntergerechnet ergeben sich für 2001 folgende Jahresdaten je Durchschnittseinwohner: nominales BIP = 25.179 EUR, Schuldenstand = 14.987 EUR, Defizit = 699 EUR, Zinsausgaben = 808 EUR. Daraus folgt: auf den Schuldenstand von 14.987 EUR, den die öffentlichen Gesamthaushalte in den vergangenen Jahrzehnten für jeden einzelnen Einwohner aufgetürmt haben, müssen sie für jeden jährlich 808 EUR Zinsen zahlen. Damit der Durchschnittseinwohner die jährlichen Belastungen in Höhe der steigenden Zinsausgaben nicht in voller Höhe tragen muss und ihm die jährlichen BIP-Wachstumsraten weitgehend ungeschmälert zugute kommen, haben die öffentlichen Gesamthaushalte in den vorangegangenen Jahrzehnten jährlich neue Schulden für ihn aufgenommen. Für 2001 waren das 699 EUR. Aus Steuermitteln wurde 2001 für Zinsausgaben nur ein Bruchteil in Höhe von 109 EUR aufgebracht. Welche Belastungen ergeben sich nun für den Durchschnittseinwohner aus dem Zwang, gemäß EU-Stabilitätspakt das öffentliche Defizit bis 2006 auf null zurückzuführen ? Dazu ist es erforderlich, dass bis zum Jahre 2006 die jährliche Zinsbelastung für jeden Einzelnen (2001 = 808 EUR) nicht mehr mit neuen Krediten, sondern voll aus Eigenmitteln (Ausgabeeinsparungen und / oder Steuerermehreinnahmen) finanziert wird. Selbstverständlich wird diese Belastung durch steigendes BIP-Wachstum gemildert. Von dem bei wachsendem BIP steigenden Steuereinnahmen sollen aber schon Steuersenkungen und Mehrausgaben für Bildung, Forschung usw. finanziert werden. Eines steht jedoch fest: Die BIP-Wachstumsraten und die damit steigenden Steuermehreinnahmen, ob hoch oder niedrig ausfallend, werden nicht voll, sondern geschmälert um mindestens 808 EUR jährlich (das sind 67,30 EUR monatlich) dem Durchschnittseinwohner zugute kommen, wenn das Defizit auf null zurückgeführt wird. Die Belastung wird umso höher, je später mit der Rückführung der Neuverschuldung begonnen wird. Damit wird jedoch nicht ein einziger Euro vom aufgehäuften Schuldenberg getilgt. Dieser und die jährlich dafür anfallenden Zinslasten bleiben dann lediglich langfristig konstant und verringern sich nur relativ im Verhältnis zum steigenden BIP. Der Durchschnittseinwohner ist keine real existierende Person, sondern nur eine statistische Größe. Die Einwohnerschaft setzt sich aus mehr oder weniger verdienenden Erwerbstätigen, Kindern, Rentnern, Arbeitslosen, Millionären u. a. zusammen. So kann die Belastung z. B. alleinverdienende Erwerbstätige mit Kindern durchaus wesentlich härter treffen. Es ist Aufgabe der Politik, eine sozialverträgliche Umverteilung der Belastung auf alle Einwohner vorzunehmen. Opfer müssen jedoch alle bringen. Das wird sich nicht vermeiden lassen. Die politisch Verantwortlichen aller Parteien in diesem Lande müssen die Bevölkerung darüber uneingeschränkt aufklären, und zwar sowohl vor als auch nach Wahlen.
Der schnelle Rückfall Deutschlands in einen so hohen Defizitbereich trotz immer wieder bekundeten eisernen Sparwillens hat nicht nur die vorstehenden Ursachen, sondern ist auch auf eine nicht ausreichende Steuerung der Gesamtverschuldung aller öffentlichen Haushalte in Deutschland zurückzuführen. Wenn Bund, 16 Bundesländer und zehntausende von Kommunen im Rahmen ihrer Finanzhoheit die Höhe ihrer Verschuldung im Wesentlichen selbst bestimmen können bzw. müssen, ist eine Steuerung mit dem Ziel der Einhaltung der 3%-Defizitgrenze auf der Ebene des öffentlichen Gesamthaushalts allein aus praktischen Gründen schwierig. Hierzu bedarf es der Einschränkung der vielfältigen dezentral wahrgenommenen Finanzhoheiten mit dem Ziel einer zentralen Kontrolle der Verschuldung der öffentlichen Gebietskörperschaften in Deutschland. Bund, Länder und Gemeinden müssen sich deshalb zusammensetzen und im parteiübergreifenden Konsens Wege zur Befreiung aus der Schuldenfalle erarbeiten, wozu auch eine Reform der Finanzbeziehungen zwischen Bund, Ländern und Gemeinden unerläßlich ist.
Hochkarätige wirtschaftswissenschaftliche Lehrmeinungen pro und kontra Staatsverschuldung sind wenig hilfreich, solange sie so gegensätzlich sind wie bisher. Der Zwang zur Rückführung der öffentlichen Verschuldung ist unausweichlich, damit Deutschland nicht noch tiefer in die Schuldenfalle abgleitet und die Stabilität des EURO nicht gefährdet wird. Dabei geht es primär nicht um Schuldenabbau, sondern um eine Begrenzung der jährlichenNeuverschuldung auf 3% des BIP und bis 2006 um die Erzielung ausgeglichener Haushalte ohne Neuverschuldung bzw. um die Erwirtschaftung von Haushaltsüberschüssen, um sie in konjunkturell schlechteren Zeiten anstelle einer Neuverschuldung für zusätzliche staatliche Aufgaben einsetzen zu können (überschußorientierte und nicht defizitorientierte antizyklische Haushalts- und Finanzpolitik). Steuerentlastungen und Mehrausgaben für Bildung, öffentliche Sicherheit, Bundeswehr, Arbeitsbeschaffung, Verkehr usw. usw. - so wünschenswert und notwendig die Erreichung dieser von den Parteien propagierten Ziele auch ist - sie stehen im Zielkonflikt mit dem Zwang zur Rückführung der Neuverschuldung. Eine nachhaltige Finanzierung solcher Vorhaben ist nur möglich, wenn das jährliche Haushaltsdefizit als Hauptursache für die zinslastbedingt wachsenden Haushaltslöcher nachhaltig auf null zurückgeführt worden ist.
Der unausweichliche Zwang zur Rückführung der öffentlichen Verschuldung belastet uns alle in steigendem Maße - insbesondere die nachwachsenden Generationen.
Mit seiner gesellschafts- und parteipolitisch strikt neutralen Arbeit
Die Schuldenfalle
- eine Untersuchung der Staatsverschuldung ab 1965 bis 2025
hat es sich der Verfasser dieser Webseite bereits seit mehreren Jahren zur Aufgabe gemacht, die interessierte Öffentlichkeit und insbesondere die legislatorisch und exekutiv Verantwortlichen auf die Sinnlosigkeit und großen Gefahren der ausgeuferten Staatsverschuldung sowie die Notwendigkeit ihrer Rückführung aufmerksam zu machen und Lösungsansätze aufzuzeigen.
Das Problem berührt auch Sie, denn Staatsschulden sind auch Ihre Schulden !
Auch Sie werden dafür bezahlen müssen, und zwar umso mehr, je später die Verschuldungsrückführung vollzogen wird !
Überzeugen Sie sich davon, dass wir in der Schuldenfalle stecken und dass wir uns unter Aufbringung großer Opfer jetzt daraus befreien müssen, um in der Zukunft den sonst unvermeidlichen und folgenschweren Zusammenbruch der öffentlichen Finanzwirtschaft zu verhindern.
Klicken Sie sich ein:
Informieren Sie sich hier über
Entwicklung, Ausmaß, Ursachen und Folgen der
ausgeuferten Verschuldung von Bund, Ländern und Gemeinden,
die Auswirkungen verschiedener Handlungsalternativen unter Berücksichtigung der Maastrichter Konvergenzkriterien und
Lösungsansätze zur Befreiung aus der Schuldenfalle !
Lesen Sie die hierzu eingeholten Stellungnahmen kompetenter Entscheidungsträger !
Die Arbeit, die Sie mit dem vorstehenden Link bzw. unmittelbar mit der Original-Webadresse
http://www.staatsverschuldung-schuldenfalle.de
aufrufen können, wird zeitnah aktualisiert und fortgeschrieben. Sie ist die Kurzfassung eines Buches (kartoniert, DIN-A-5-Format), das der Verfasser mit dem Titel "Die Schuldenfalle - Staatsverschuldung ab 1965 - 2025" jetzt veröffentlicht hat. Der Text dieser Webseite deckt sich weitgehend mit dem Einleitungstext des Buches. Es kann unter der ISBN 3-932086-03-1 zum Preis von 18,50 EUR beim Buchhandel oder mit dem Anklicken des nachfolgenden Links unmittelbar bestellt werden beim
Pinkvoss Verlag Hannover
Anschrift: Landwehrstraße 85, 30519 Hannover, Tel. 0511-841198, Fax 837395,
eMail info@pinkvoss-verlag.de
Zeitgleich ist ebenfalls beim Pinkvoss-Verlag in Hannover eine Loseblattsammlung mit dem Titel "Modernes Management für die Verwaltung - Ein Handbuch -" (ISBN 3 -932086-04-X, ca. 550 Seiten, Bezugspreis 89,50 EUR) neu erschienen. Es wendet sich an Führungskräfte in der öffentlichen Verwaltung und solche, die es werden wollen. Das Werk enthält Beiträge von 22 Autoren, darunter auf 28 Seiten eine Kurzfassung meiner Webseiten zum Thema "Staatsverschuldung". Die Verlagspräsentation des Werkes mit der Online-Bestellmöglichkeit kann mit folgendem Link aufgerufen werden:
Modernes Management für die
Verwaltung - Ein Handbuch -
Kontaktangaben: Dieter Meyer, Ministerialrat a. D., Geveker Kamp 65, 30453 Hannover
Tel.: 0511-480626 / Fax: 0511-480664
eMail: = ...feedback-at-staatsverschuldung-online.de... (für-at-bitte @ einsetzen).
Ihre mail wird an meine Haupt-eMail-Adresse weitergeleitet und so bald wie möglich von mir beantwortet.
Adresse dieser Webseite: http://www.staatsverschuldung-online.de/ Stand: 22.11.2003
- ein Zinseszins-Teufelskreis
Verfasser: Dieter Meyer
Neuverschuldung, Zinseszinswachstum, steigender Schuldenstand - das sind die Triebkräfte der Staatsverschuldung, ein ohne ihre Rückführung eigendynamisch bis zum Kollaps wachsendes gigantisches Schneeballsystem.
Die ausgeuferten Staatsschulden des öffentlichen Gesamthaushalts in Deutschland sind seit Jahrzehnten - abgesehen von der Verwendung der UMTS-Lizenzerlöse zur Schuldentilgung - wirtschaftlich nicht getilgt worden. Fällige Tilgungsausgaben wurden und werden mit neuen Krediten refinanziert. Darüber hinaus wurde und wird der Schuldenberg (Stand Ende 2002 rd. 1,28 Billionen EUR) zur vollen bzw. anteiligen Deckung der von ihm selbst verursachten wachsenden Zinseszinslasten um die jährliche Neuverschuldung erhöht. Diese erzeugt infolge gewachsener Zinslasten wieder neuen Kreditbedarf, dieser wieder neue Defizite infolge gewachsener Zinslasten usw. usw., und das mit steigender Tendenz in einer teufelskreisähnlichen Spirale. "Damit nährt sich die Verschuldung aus sich selbst heraus" (Deutsche Bundesbank, Monatsbericht März 1997, Zitat).
Von 1965 bis 2002 betrug auf der Ebene des öffentlichen Gesamthaushalts die Summe aller Neuverschuldungen bzw. Defizite 1.051,7 Mrd.EUR und die Summe aller Zinsausgaben 1.123,2Mrd.EUR. Die riesigen Blöcke Kreditaufnahmen und Schuldendienst halten sich also im langfristigen Mittel etwa die Waage.
Im Jahre 1990 betrugen die Zinsausgaben des öffentlichen Gesamthaushalts noch 33,1 Mrd. EUR. Im Jahre 2002 waren sie auf 66,0 Mrd.EUR angewachsen. Das jährliche zinseszinsbedingte Haushaltsloch hat sich also nach 12 Jahren etwa verdoppelt. Es wird weiter wachsen, solange es mit neuen Schulden finanziert wird. Die staatliche Kreditfinanzierung wird faktisch nicht mehr für Investitionen eingesetzt. Sie dient nur noch der Finanzierung des von ihr selbst verursachten wachsenden Schuldendienstes (Zins- und Tilgungsausgaben) und ist damit zum sinnlosen und gefährlichen Selbstzweck entartet.
Lesen Sie die nachfolgenden Ausführungen und folgen Sie dem großen Linkfeld am Ende dieser Seite, um sich umfassender über Hintergründe und Perspektiven der Staatsverschuldung zu informieren !
In Erkenntnis der großen Gefahren ihrer ausgeuferten öffentlichen Verschuldung haben sich die EU- Mitgliedstaaten zur Wahrung der Stabilität des EURO bereits 1997 in Amsterdam in einem Stabilitäts- und Wachstumspakt u. a. dazu verpflichtet, ihre Verschuldung nicht nur auf die Maastrichter Konvergenzkriterien (Schuldenstände maximal 60% und jährliche Defizite bzw. Neuverschuldung maximal 3% des nominalen Bruttoinlandsproduktes -BIP-) zu begrenzen, sondern ihre jährlichen Defizite auf null zurückzuführen und Haushaltsüberschüsse zu erwirtschaften, um diese in Zeiten einer Rezession ohne Neuverschuldung einsetzen zu können. Die Maastrichter Grenzwerte für die öffentliche Verschuldung in Höhe von 60% bzw. 3% des BIP sind auch nicht willkürlich gesetzt, wie manche meinen. Sie stellen eine notwendige Bremsmarke für die bis dahin auf ein bereits zu hohes Niveau angewachsenen Schuldenberge dar mit dem Gebot: bis hierher und nicht weiter !
Im Jahr 2001 hatten das Ziel, Haushaltsüberschüsse zu erwirtschaften, bereits 9 EU-Mitgliedstaaten erreicht (im Jahr 2002 allerdings nur 4). Deutschland dagegen ist 2001 - trotz aller Sparbekundungen und -bemühungen - wieder auf ein gesamtstaatliches Defizit von 2,8% des BIP (57,5 Mrd.EUR) zurückgefallen. Das hatte die EU-Kommission bereits zu Beginn des Jahres 2002 veranlaßt, Deutschland auch ohne einen formellen "blauen Brief" öffentlich zu verwarnen. Über die dadurch hervorgerufenen Turbulenzen und die zur Abwendung eines "blauen Briefes" eingegangene Selbstverpflichung der Bundesregierung, ab dem Jahre 2004 einen nahezu ausgeglichenen öffentlichen Gesamthaushalt anzustreben, hatten die öffentlichen Medien ausführlich berichtet.
Die Realisierbarkeit dieser Selbstverpflichtung wurde vielfach bezweifelt. Gemäß amtlicher Veröffentlichung des Statistischen Bundesamtes (Pressemitteilung vom 16.01.2002) und der EUROSTAT-Pressemitteilung Nr. 30/2003 v. 17.03.2003 ist es nun Gewißheit: Deutschland ist im Jahre 2002 auf eine Defizitquote von 3,6% des BIP (76,2 Mrd.EUR) zurückgefallen und muss damit ein Sanktionsverfahren aus Brüssel über sich ergehen lassen. Müsste ein solches Sanktionsverfahren bis zur letzten Konsequenz realisiert werden, weil - was zu befürchten ist - das öffentliche Defizit auch im Jahre 2003 den Grenzwert von 3% des BIP überschreitet, würde Deutschland einen Betrag bis zu 0,5% des BIP als nicht rückzahlbare Geldbuße an die EU zahlen müssen. Bezogen auf das BIP 2002 in Höhe von 2.108 Mrd.EUR würde dann ein weiteres zusätzliches Haushaltsloch in Höhe von rd. 10,5 Mrd.EUR entstehen.
Unter dem Eindruck der gegenwärtigen Konjunkturschwäche bei angespannten Haushaltslagen nicht nur in Deutschland, sondern auch in Frankreich, Italien und Portugal, mehren sich die Stimmen, die eine Lockerung der Defizitgrenze von 3% des BIP und eine vorübergehend kreditfinanzierte Ankurbelung der Konjunktur fordern. Die dadurch höhere Staatsverschuldung, so wird argumentiert, könnte dann mit den Steuermehreinnahmen abgebaut werden, die nach dem Anspringen der Konjunktur wieder fließen würden. Das sind Rezepte von vorgestern, die sich als untauglich erwiesen haben. Die Idee, in Zeiten einer Rezession zwecks Ankurbelung der Konjunktur Schulden zur Ausweitung der staatlichen Ausgaben aufzunehmen und diese dann bei (hoffentlich) auflebender Konjunktur mit Einnahmeüberschüssen wieder zurückzuzahlen (antizyklische Haushalts- und Finanzpolitik), hatte die Bundesrepublik Deutschland bereits mit der Haushaltsreform 1967 gem. Art. 109 Abs. 2 GG in das "Gesetz zur Förderung der Stabilität und des Wachstums der Wirtschaft" (StWG) vom 08.06.67 aufgenommen. Die Regeln sind auch folgerichtig, wenn sie nur befolgt worden wären. Im Jahre 1965 betrug der Schuldenstand des öffentlichen Gesamthaushalts 43,16 Mrd.EUR (18,4% des BIP, Zinssteuerquote bei 3,3%). Im Jahre 2002 war der Gesamtschuldenstand auf 1.282.8 Mrd.EUR angewachsen (60,8% des BIP, Zinssteuerquote 2002 bei 14,9%). In den letzten Jahrzehnten seit Einführung des Verfahrens der "antizyklischen Haushalts- und Finanzpolitik" wurde entgegen den Regelungen im StWG auch in konjunkturell guten Zeiten nicht eine einzige Mark vom angehäuften Schuldenstand getilgt (ausgenommen die Verwendung der UMTS-Lizenzeinnahmen zur Schuldentilgung). Im Gegenteil: die Neuverschuldung erhöhte sich von Jahr zu Jahr und diente - soweit sie nicht von den entsprechend angewachsenen und von ihr selbst verursachten Zinskosten aufgezehrt wurde - auch in konjunkturell besseren Zeiten zur Finanzierung staatlicher Aufgaben. Bereits seit Mitte der achtziger Jahre deckt die jährlich steigende Neuverschuldung nur noch einen Teil der von ihr selbst erzeugten immer weiter steigenden Zinslasten. Zur Finanzierung staatlicher Aufgaben blieb und bleibt davon nichts übrig.
In ihrer Einschätzung der Hauptursache für die immer wieder entstehenden neuen und größeren Haushaltslöcher und des Grundrezepts zu ihrer Beseitigung stimmen Regierungs- und Oppositionsparteien weitgehend überein: Schuld allein sei das zu niedrige Wirtschaftswachstum, das angekurbelt werden muss, damit alles wieder gut wird. Nur über Schuldzuweisungen und Detailrezepte zur Wachstumsförderung wird erbittert gestritten. Daß aber primär das verschuldungsbedingte jährliche Zinseszinswachstum und nur sekundär ein zu schwaches Wirtschaftswachstum für die immer größer werdenden Haushaltslöcher ursächlich ist, wird dabei übersehen. Es wurden Steuersenkungen realisiert und es werden weitere gefordert in der Hoffnung, Steuersenkungen würden Steuermehreinnahmen bewirken durch steigendes Wirtschaftswachstum. Das Prinzip Hoffnung soll den öffentlichen Gesamthaushalt aus der Schuldenkrise herausführen, was aber nicht gelingen kann, wenn sich die Hoffnungen nicht erfüllen und die Wirtschaft trotz vorangegangener Steuersenkungen nicht wächst. Dann führen die Steuersenkungen selbstverständlich zu Steuermindereinnahmen, die jetzt beklagt werden. Wirtschaftswachstum kann und muss unter anderem mit finanzpolitischen Maßnahmen gefördert werden, aber es läßt sich damit nicht erzwingen. Solche Maßnahmen erzeugen keinen Wachstumsautomatismus. Für eine Wachstumsschwäche können durchaus auch andere Gründe maßgeblich sein, wie z. B. ein gewisser Sättigungsgrad, politisch unsichere Verhältnisse, hohe Sparquoten. Wachstumszwang kann, darf und muss nicht Voraussetzung für den Bestand unserer Gesellschaft sein. In Deutschland betrug im Jahre 1999 das BIP je Einwohner 24.150 EUR und lag damit deutlich über dem EU-Durchschnitt von 21.140 EUR (Quelle: Stat. Bundesamt - Datenreport 2002). Es ist nur langsamer gewachsen. Das darf kein Rechtfertigungsgrund dafür sein, Steuermindereinnahmen wie seit Jahrzehnten weiterhin mit höherer Neuverschuldung auszugleichen, denn die Schulden von heute sind die Steuererhöhungen und Sparpakete von morgen. Angesichts des immer noch überdurchschnittlichen Bruttoinlandsproduktes je Einwohner in Deutschland muss es möglich sein, dieses im Rahmen ohnehin notwendiger tiefgreifender Reformen so umzuverteilen, dass ein ausgeglichener öffentlicher Gesamthaushalt ohne Neuverschuldung erzielt werden kann. Die Mehrzahl der EU-Mitgliedsstaaten hat dies trotz teilweise geringeren Bruttoinlandsproduktes geschafft und damit neue Spielräume für die Bewältigung von Wirtschaftskrisen gewonnen.
Die derzeit eskalierenden Diskussionen darüber, ob und seit wann Kenntnis über die Höhe der Defizite und der zu ihrer Beseitigung notwendigen Sparopfer besteht, sind grotesk und unglaubwürdig. Die dazu relevanten Zahlen werden jährlich veröffentlicht und stehen jedermann zur Verfügung. Man muss kein Fachmann sein und es genügen sogar Papier und Bleistift, um zumindest grob überschlägig die verschuldungsbedingten jährlichen Defizite und die jährlichen Belastungen jeden einzelnen Bürgers auszurechnen, die erforderlich werden, damit das gesamtstaatliche Defizit, wie es der EU-Stabilitätspakt fordert, auf null zurückgeführt werden kann. DasStatistische Amt der Europäischen Union (EUROSTAT)hat für 2001 für den öffentlichen Gesamthaushalt Deutschlands folgende verschuldungs- und konvergenzrelevante Daten veröffentlicht: nominales BIP = 2.071.200 Mio.EUR, Schuldenstand = 1.232.820 Mio.EUR, Defizit = 57.520 Mio.EUR, Zinsausgaben = 66.482 Mio.EUR. Ende 2000 hatte Deutschland 82.260.000 Einwohner (Quelle: Stat. Bundesamt - Datenreport 2002). Heruntergerechnet ergeben sich für 2001 folgende Jahresdaten je Durchschnittseinwohner: nominales BIP = 25.179 EUR, Schuldenstand = 14.987 EUR, Defizit = 699 EUR, Zinsausgaben = 808 EUR. Daraus folgt: auf den Schuldenstand von 14.987 EUR, den die öffentlichen Gesamthaushalte in den vergangenen Jahrzehnten für jeden einzelnen Einwohner aufgetürmt haben, müssen sie für jeden jährlich 808 EUR Zinsen zahlen. Damit der Durchschnittseinwohner die jährlichen Belastungen in Höhe der steigenden Zinsausgaben nicht in voller Höhe tragen muss und ihm die jährlichen BIP-Wachstumsraten weitgehend ungeschmälert zugute kommen, haben die öffentlichen Gesamthaushalte in den vorangegangenen Jahrzehnten jährlich neue Schulden für ihn aufgenommen. Für 2001 waren das 699 EUR. Aus Steuermitteln wurde 2001 für Zinsausgaben nur ein Bruchteil in Höhe von 109 EUR aufgebracht. Welche Belastungen ergeben sich nun für den Durchschnittseinwohner aus dem Zwang, gemäß EU-Stabilitätspakt das öffentliche Defizit bis 2006 auf null zurückzuführen ? Dazu ist es erforderlich, dass bis zum Jahre 2006 die jährliche Zinsbelastung für jeden Einzelnen (2001 = 808 EUR) nicht mehr mit neuen Krediten, sondern voll aus Eigenmitteln (Ausgabeeinsparungen und / oder Steuerermehreinnahmen) finanziert wird. Selbstverständlich wird diese Belastung durch steigendes BIP-Wachstum gemildert. Von dem bei wachsendem BIP steigenden Steuereinnahmen sollen aber schon Steuersenkungen und Mehrausgaben für Bildung, Forschung usw. finanziert werden. Eines steht jedoch fest: Die BIP-Wachstumsraten und die damit steigenden Steuermehreinnahmen, ob hoch oder niedrig ausfallend, werden nicht voll, sondern geschmälert um mindestens 808 EUR jährlich (das sind 67,30 EUR monatlich) dem Durchschnittseinwohner zugute kommen, wenn das Defizit auf null zurückgeführt wird. Die Belastung wird umso höher, je später mit der Rückführung der Neuverschuldung begonnen wird. Damit wird jedoch nicht ein einziger Euro vom aufgehäuften Schuldenberg getilgt. Dieser und die jährlich dafür anfallenden Zinslasten bleiben dann lediglich langfristig konstant und verringern sich nur relativ im Verhältnis zum steigenden BIP. Der Durchschnittseinwohner ist keine real existierende Person, sondern nur eine statistische Größe. Die Einwohnerschaft setzt sich aus mehr oder weniger verdienenden Erwerbstätigen, Kindern, Rentnern, Arbeitslosen, Millionären u. a. zusammen. So kann die Belastung z. B. alleinverdienende Erwerbstätige mit Kindern durchaus wesentlich härter treffen. Es ist Aufgabe der Politik, eine sozialverträgliche Umverteilung der Belastung auf alle Einwohner vorzunehmen. Opfer müssen jedoch alle bringen. Das wird sich nicht vermeiden lassen. Die politisch Verantwortlichen aller Parteien in diesem Lande müssen die Bevölkerung darüber uneingeschränkt aufklären, und zwar sowohl vor als auch nach Wahlen.
Der schnelle Rückfall Deutschlands in einen so hohen Defizitbereich trotz immer wieder bekundeten eisernen Sparwillens hat nicht nur die vorstehenden Ursachen, sondern ist auch auf eine nicht ausreichende Steuerung der Gesamtverschuldung aller öffentlichen Haushalte in Deutschland zurückzuführen. Wenn Bund, 16 Bundesländer und zehntausende von Kommunen im Rahmen ihrer Finanzhoheit die Höhe ihrer Verschuldung im Wesentlichen selbst bestimmen können bzw. müssen, ist eine Steuerung mit dem Ziel der Einhaltung der 3%-Defizitgrenze auf der Ebene des öffentlichen Gesamthaushalts allein aus praktischen Gründen schwierig. Hierzu bedarf es der Einschränkung der vielfältigen dezentral wahrgenommenen Finanzhoheiten mit dem Ziel einer zentralen Kontrolle der Verschuldung der öffentlichen Gebietskörperschaften in Deutschland. Bund, Länder und Gemeinden müssen sich deshalb zusammensetzen und im parteiübergreifenden Konsens Wege zur Befreiung aus der Schuldenfalle erarbeiten, wozu auch eine Reform der Finanzbeziehungen zwischen Bund, Ländern und Gemeinden unerläßlich ist.
Hochkarätige wirtschaftswissenschaftliche Lehrmeinungen pro und kontra Staatsverschuldung sind wenig hilfreich, solange sie so gegensätzlich sind wie bisher. Der Zwang zur Rückführung der öffentlichen Verschuldung ist unausweichlich, damit Deutschland nicht noch tiefer in die Schuldenfalle abgleitet und die Stabilität des EURO nicht gefährdet wird. Dabei geht es primär nicht um Schuldenabbau, sondern um eine Begrenzung der jährlichenNeuverschuldung auf 3% des BIP und bis 2006 um die Erzielung ausgeglichener Haushalte ohne Neuverschuldung bzw. um die Erwirtschaftung von Haushaltsüberschüssen, um sie in konjunkturell schlechteren Zeiten anstelle einer Neuverschuldung für zusätzliche staatliche Aufgaben einsetzen zu können (überschußorientierte und nicht defizitorientierte antizyklische Haushalts- und Finanzpolitik). Steuerentlastungen und Mehrausgaben für Bildung, öffentliche Sicherheit, Bundeswehr, Arbeitsbeschaffung, Verkehr usw. usw. - so wünschenswert und notwendig die Erreichung dieser von den Parteien propagierten Ziele auch ist - sie stehen im Zielkonflikt mit dem Zwang zur Rückführung der Neuverschuldung. Eine nachhaltige Finanzierung solcher Vorhaben ist nur möglich, wenn das jährliche Haushaltsdefizit als Hauptursache für die zinslastbedingt wachsenden Haushaltslöcher nachhaltig auf null zurückgeführt worden ist.
Der unausweichliche Zwang zur Rückführung der öffentlichen Verschuldung belastet uns alle in steigendem Maße - insbesondere die nachwachsenden Generationen.
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hat es sich der Verfasser dieser Webseite bereits seit mehreren Jahren zur Aufgabe gemacht, die interessierte Öffentlichkeit und insbesondere die legislatorisch und exekutiv Verantwortlichen auf die Sinnlosigkeit und großen Gefahren der ausgeuferten Staatsverschuldung sowie die Notwendigkeit ihrer Rückführung aufmerksam zu machen und Lösungsansätze aufzuzeigen.
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Auch Sie werden dafür bezahlen müssen, und zwar umso mehr, je später die Verschuldungsrückführung vollzogen wird !
Überzeugen Sie sich davon, dass wir in der Schuldenfalle stecken und dass wir uns unter Aufbringung großer Opfer jetzt daraus befreien müssen, um in der Zukunft den sonst unvermeidlichen und folgenschweren Zusammenbruch der öffentlichen Finanzwirtschaft zu verhindern.
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ausgeuferten Verschuldung von Bund, Ländern und Gemeinden,
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Anschrift: Landwehrstraße 85, 30519 Hannover, Tel. 0511-841198, Fax 837395,
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Modernes Management für die
Verwaltung - Ein Handbuch -
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Adresse dieser Webseite: http://www.staatsverschuldung-online.de/ Stand: 22.11.2003
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Warum funktioniert der Kapitalismus nicht?
Michel erwache
Wirtschaften ohne Katastrophen
Die einhundert Milliarden Mark für die neuen Mobilfunklizenzen (UMTS) sind aus dem Nichts enstanden und ins Nichts sind sie entschwunden (zur Tilgung eines sehr sehr kleinen Teils der Staatsschulden). Die Staatsverschuldung ist als Belastung und Bedrohung allgegenwärtig. Dass sie dieses Verständnis geweckt hat, dafür sei der rot-grünen Bundesregierung gedankt.
weiter gehts hier http://www.kapitalismusfehler.de
Wirtschaften ohne Katastrophen
Die einhundert Milliarden Mark für die neuen Mobilfunklizenzen (UMTS) sind aus dem Nichts enstanden und ins Nichts sind sie entschwunden (zur Tilgung eines sehr sehr kleinen Teils der Staatsschulden). Die Staatsverschuldung ist als Belastung und Bedrohung allgegenwärtig. Dass sie dieses Verständnis geweckt hat, dafür sei der rot-grünen Bundesregierung gedankt.
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Die Herren des Geldes
Es ist die Frage, ob es die überhaupt noch gibt und ob das nicht Getriebene sind, die nicht mehr wissen, was zu tun, welche heute noch große Geldvermögen haben. Nennen wir deshalb gar keine Namen, denn ihr Geld hat ja in Wirklichkeit keinen Wert mehr. Sie können nur minimale Bruchteile davon verwenden und müssen Schuldner finden, welche fähig und willig sind ihnen dafür Zinsen zu zahlen.
weiter gehts hier http://www.sunshinecable.com/~eisehan/G ... Seite5.htm
http://www.sunshinecable.com/~eisehan/
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http://www.sunshinecable.com/~eisehan/
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Geld aus Geld
Den Nutzen der Weltraumforschung sehen alle vor allem in den gewonnen Erkenntnissen, eine zivilisierte Gesellschaft sollte sich Grundlagenforschung genauso leisten wollen, wie zum Beispiel die Kulturförderung. Für den Satz: "Wissenschaft, um aus viel Geld noch mehr Geld zu machen, ist in meinen Augen ein hohles Programm", bekam Ulf Merbold kräftigen Applaus aus dem Publikum.
älterer Artikel bei TP http://www.heise.de/tp/deutsch/special/ ... 106/1.html
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Lustig die Medien verweisen immer auf Aktien die Allgemein bekannt sind wie Auto,Halbleiter usw.Angebot und Nachfrage regeln aber den Preis.Je mehr Leute bei Infineon z.b zeichnen(servus) desto höher der Nominelle Wert der Reale Wert scheint nicht von Interesse zu sein.Dagegen gibts ja spätesten seit dem Artz Honorar ein Gewicht was zeigt das viele immer noch der Pharmazie hörig sind .Komisch ist nur das Pharmazeutische Unternehmen nie als Aktie des Tages ausgewiesen werden.Regelt Angebot und Nachfrage doch nicht den Preisß ? hm oder hatte gar der Alte Aristoteles recht in dem er sagte Geld durch Geld sei die Naturwidrigste seiner Art.
Gruß
dir
älterer Artikel bei TP http://www.heise.de/tp/deutsch/special/ ... 106/1.html
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Lustig die Medien verweisen immer auf Aktien die Allgemein bekannt sind wie Auto,Halbleiter usw.Angebot und Nachfrage regeln aber den Preis.Je mehr Leute bei Infineon z.b zeichnen(servus) desto höher der Nominelle Wert der Reale Wert scheint nicht von Interesse zu sein.Dagegen gibts ja spätesten seit dem Artz Honorar ein Gewicht was zeigt das viele immer noch der Pharmazie hörig sind .Komisch ist nur das Pharmazeutische Unternehmen nie als Aktie des Tages ausgewiesen werden.Regelt Angebot und Nachfrage doch nicht den Preisß ? hm oder hatte gar der Alte Aristoteles recht in dem er sagte Geld durch Geld sei die Naturwidrigste seiner Art.
Gruß
dir
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Alice im Wunderland
System fehler
http://www.systemfehler.de/index1.htm
Das mag Verrückt klingen aber wenn mann sich darauf Einläßt was das Geld ist.Wird man Erkenen das das alles andere als Verückt ist, es ist Real,nur wie definiert man das.
Menschen die sich betrügen,neid,mißgunst,habgier Menschen im Amazonas die Gold suchen den Fluß und letzlich sich selbst Vergiften,
Drei Schicht Betriebe obwohl der Organismus auf Tag,Nacht zyklen Ausgelegt ist.
Der Kunde ist König heißt es und keiner fragt Warum, nun er ist Geldbesitzer.Da aber Geld in seiner fehlerhaften Konstruktion grundsätzlich den Waren überlegen ist.Jemannd mit 3000 tausen Euro geht in ein Elektronikgeschäft will einen PC die Angeboten sagen nicht zu .Nachhause mit dem Geld und in die Schublade für zb: ein halbes Jahr(es begann nicht zu Stinken zu rosten verursachte keinen Lagerplatz usw.)zurück beim Händler bekommt man jetzt einen noch besseren PC als ein halbes Jahr zuvor.Während der selbe Händler der nicht Verkaufte PC mit Verlust abschreiben muß.Aus dieser kleinen überlegenheit resultiert egal ob bei einem Elektronic Händler oder zb: Supermarkt der Spruch Der Kunde ist König.
Gruß
Dir
PS Millionen Leben einfach vor sich hin und
HABEN keine Ahnung
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Das mag Verrückt klingen aber wenn mann sich darauf Einläßt was das Geld ist.Wird man Erkenen das das alles andere als Verückt ist, es ist Real,nur wie definiert man das.
Menschen die sich betrügen,neid,mißgunst,habgier Menschen im Amazonas die Gold suchen den Fluß und letzlich sich selbst Vergiften,
Drei Schicht Betriebe obwohl der Organismus auf Tag,Nacht zyklen Ausgelegt ist.
Der Kunde ist König heißt es und keiner fragt Warum, nun er ist Geldbesitzer.Da aber Geld in seiner fehlerhaften Konstruktion grundsätzlich den Waren überlegen ist.Jemannd mit 3000 tausen Euro geht in ein Elektronikgeschäft will einen PC die Angeboten sagen nicht zu .Nachhause mit dem Geld und in die Schublade für zb: ein halbes Jahr(es begann nicht zu Stinken zu rosten verursachte keinen Lagerplatz usw.)zurück beim Händler bekommt man jetzt einen noch besseren PC als ein halbes Jahr zuvor.Während der selbe Händler der nicht Verkaufte PC mit Verlust abschreiben muß.Aus dieser kleinen überlegenheit resultiert egal ob bei einem Elektronic Händler oder zb: Supermarkt der Spruch Der Kunde ist König.
Gruß
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HABEN keine Ahnung
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Arbeitslose
42 Stunden Woche und die Gröbsten Dinge sind passe.ha ha und die Erde Ist eine scheibe stimmts.Eher wahrscheinlich ist wohl die Feststellung der Arbeitgeber,zu sehen das man mit mehr Zeit die gleiche Arbeit verrichtet,daür aber weniger Arbeitnehmer benötigt.
Eine Liste nach ofieziellen Zeitungsberichten"Arbeits
lose
gibts hier
http://home.knuut.de/EWKberater/Meinung ... anach.html
Gruß
dir
Eine Liste nach ofieziellen Zeitungsberichten"Arbeits
lose
gibts hier
http://home.knuut.de/EWKberater/Meinung ... anach.html
Gruß
dir
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Da Stimmt was nicht
Ich find es nicht "was"
"Dagoberts Badewanne"
"WAS"
"es ist zu laut hier"
Re: Macht die Zinserkenntnis depressiv ?
Systemfehler-forum
Geschrieben von HanfDampf am 22. Januar 2004 12:48:30:
Als Antwort auf: Macht die Zinserkenntnis depressiv ? geschrieben von Frank Thom am 22. Januar 2004 12:17:27:
>Wie hat sich die Zinserkenntnis auf euch und euer Leben ausgewirkt ?
>Habt ihr seitdem verstärkte Schlafstörungen ? Erscheint euch auf einmal alles so sinnlos ? Und seid ihr schon mehrfach von Bekannten angesprochen worden, ob irgendetwas nicht mit euch stimmt ?
>Brauchen wir gar eine Selbsthilfegruppe für "Anonyme Zinsgeschädigte" ?
>Aus eigener Erfahrung weiss ich, wie brutal die Zinserkenntnis auf das eigene Wohlbefinden durchschlagen und einen monatelang ausser Gefecht setzen kann. Zudem kann sie einen Abschied von vielen liebgewonnenen Vorstellungen bedeuten, wie z.B. dass Geld wichtig ist oder dass man ist, was man arbeitet...
>Ich glaube, dass die Zinserkenntnis schlimme Auswirkungen auf das seelische Befinden der so "Erleuchteten" haben kann - und dass es hilfreich sein kann, sich mit Anderen darüber auszutauschen.
Schön (oder nicht schön), daß ich mit dieser Erfahrung nicht alleine stehe. Es kann durchauch depressiv machen, wenn man anderen die "Erkenntnis" nahebringen will und man nur angeschaut wird als käme man vom Mars. Aber ich denk, da müssen wir durch. ;-)
Leute zu treffen, die das Problem bereits kennen und mit denen man gemeinsam nach Lösungsmöglichkeiten suchen kann war mir dabei auch ein ganz wichtiges Anliegen.
Letztlich hats mich auch dazugebracht nicht mehr im Trott Aller mitzugehen, sondern einen geeigneten Moment zu finden um neue Wege zu gehen und rechtzeitig noch eine nette Abfindung mitzunehmen bevor der Stellenabbau weiter um sich greift und kein Geld mehr dafür vorhanden wäre.
Leben ist Veränderung ...
Bisherige Antworten:
"Dagoberts Badewanne"
"WAS"
"es ist zu laut hier"
Re: Macht die Zinserkenntnis depressiv ?
Systemfehler-forum
Geschrieben von HanfDampf am 22. Januar 2004 12:48:30:
Als Antwort auf: Macht die Zinserkenntnis depressiv ? geschrieben von Frank Thom am 22. Januar 2004 12:17:27:
>Wie hat sich die Zinserkenntnis auf euch und euer Leben ausgewirkt ?
>Habt ihr seitdem verstärkte Schlafstörungen ? Erscheint euch auf einmal alles so sinnlos ? Und seid ihr schon mehrfach von Bekannten angesprochen worden, ob irgendetwas nicht mit euch stimmt ?
>Brauchen wir gar eine Selbsthilfegruppe für "Anonyme Zinsgeschädigte" ?
>Aus eigener Erfahrung weiss ich, wie brutal die Zinserkenntnis auf das eigene Wohlbefinden durchschlagen und einen monatelang ausser Gefecht setzen kann. Zudem kann sie einen Abschied von vielen liebgewonnenen Vorstellungen bedeuten, wie z.B. dass Geld wichtig ist oder dass man ist, was man arbeitet...
>Ich glaube, dass die Zinserkenntnis schlimme Auswirkungen auf das seelische Befinden der so "Erleuchteten" haben kann - und dass es hilfreich sein kann, sich mit Anderen darüber auszutauschen.
Schön (oder nicht schön), daß ich mit dieser Erfahrung nicht alleine stehe. Es kann durchauch depressiv machen, wenn man anderen die "Erkenntnis" nahebringen will und man nur angeschaut wird als käme man vom Mars. Aber ich denk, da müssen wir durch. ;-)
Leute zu treffen, die das Problem bereits kennen und mit denen man gemeinsam nach Lösungsmöglichkeiten suchen kann war mir dabei auch ein ganz wichtiges Anliegen.
Letztlich hats mich auch dazugebracht nicht mehr im Trott Aller mitzugehen, sondern einen geeigneten Moment zu finden um neue Wege zu gehen und rechtzeitig noch eine nette Abfindung mitzunehmen bevor der Stellenabbau weiter um sich greift und kein Geld mehr dafür vorhanden wäre.
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na ja ob die zins Erkenntnis erleuchtet.
Fakt ist durch den den ZINS wächst die Geldmenge Exponentiell.
Nach der einfachen Zahlereihe=1,2,4,8,16,32,64,128,256,512,1024 usw.
Dort wo jemmand einen Geldbetrag zb:10000 Euro als Guthaben anlegt
muß es und zwar explizit jemmanden geben der genau den selben Betrag als Kredit(Schuld)nachfrägt.Bleibt die Nachfrage nach Krediten aus oder geht zurück bekommt die Volkswirtschaft sofort ein Problem das sich immer weiter verstärkt.(Arbeitlosigkeit,Firmenpleiten)sind die ganz logischen folgen davon.Um dem Totalkollaps des Systems zu entgehen bleibt dem Staat bzw den Volksvertretern (Finanzminister)nichts anderes übrig als sich zu Verschulden indem er genau wie Unternehmer oder Privatleute bei Banken einen Kredit aufnimt (gegen Zinsen).Im Gegensatz zu Privathaushalten und Unternehmen hat der Staat jetzt noch ein anderes Problem,während die anderen beiden Teilnehmer der Volkswirtschaft Privathaushalt und Unternehmen sparen können zb:Material,Werkzeuge zu Reparieren oder eine Urlaubsreise auslassen,Fahrrad statt Auto usw..hat der Staat (und das sind letzlich ja alle die darin Leben)diese Möglichkeit nicht er muß sich Verschulden(Verschuldungszwang)ansonsten steht dem Markt das Tauschmittel Geld nicht mehr zur Verfügung und es kommt zum zusammenbruch der Volkswirtschaft.Kredite werden aber im heutigen System nur gegen Zinsen vergeben(es geht auch anders;-))und so steigen die Staatschulden exponentiell immer schneller an.Der Einzige weg das aufzuhalten sind die Neuverschuldung obwohl die bestehende noch gar nicht bezahlt ist und die Liebe SteuerDie Steuern werden durch den exponentiell Mechanismus der durch den Zins in Gang kommt immer mehrausgeweitetÖkosteuer,Kraftfahrzeugsteuer,Lohnsteuer,Mineralölsteuer usw... in Wahrheit gehts darum dem Bürger 100% zu nehmen.Real geht das allerdings schlecht weil dann die Kaufkraft gleich null ist.Und so kommt zur Ausweitung der Steuergesetze die Deutschen haben es hier (dank Ordnung muß sein und Sprichwörtliche gründlichkeit)zur wahren
Meisterschaft mit 70% Gesetzanteil gebracht,liegt hier vielleicht doch ein Genetischer Defekt im Menschlichen Erbmaterial vor ;-).
Gruß
dir
Fakt ist durch den den ZINS wächst die Geldmenge Exponentiell.
Nach der einfachen Zahlereihe=1,2,4,8,16,32,64,128,256,512,1024 usw.
Dort wo jemmand einen Geldbetrag zb:10000 Euro als Guthaben anlegt
muß es und zwar explizit jemmanden geben der genau den selben Betrag als Kredit(Schuld)nachfrägt.Bleibt die Nachfrage nach Krediten aus oder geht zurück bekommt die Volkswirtschaft sofort ein Problem das sich immer weiter verstärkt.(Arbeitlosigkeit,Firmenpleiten)sind die ganz logischen folgen davon.Um dem Totalkollaps des Systems zu entgehen bleibt dem Staat bzw den Volksvertretern (Finanzminister)nichts anderes übrig als sich zu Verschulden indem er genau wie Unternehmer oder Privatleute bei Banken einen Kredit aufnimt (gegen Zinsen).Im Gegensatz zu Privathaushalten und Unternehmen hat der Staat jetzt noch ein anderes Problem,während die anderen beiden Teilnehmer der Volkswirtschaft Privathaushalt und Unternehmen sparen können zb:Material,Werkzeuge zu Reparieren oder eine Urlaubsreise auslassen,Fahrrad statt Auto usw..hat der Staat (und das sind letzlich ja alle die darin Leben)diese Möglichkeit nicht er muß sich Verschulden(Verschuldungszwang)ansonsten steht dem Markt das Tauschmittel Geld nicht mehr zur Verfügung und es kommt zum zusammenbruch der Volkswirtschaft.Kredite werden aber im heutigen System nur gegen Zinsen vergeben(es geht auch anders;-))und so steigen die Staatschulden exponentiell immer schneller an.Der Einzige weg das aufzuhalten sind die Neuverschuldung obwohl die bestehende noch gar nicht bezahlt ist und die Liebe SteuerDie Steuern werden durch den exponentiell Mechanismus der durch den Zins in Gang kommt immer mehrausgeweitetÖkosteuer,Kraftfahrzeugsteuer,Lohnsteuer,Mineralölsteuer usw... in Wahrheit gehts darum dem Bürger 100% zu nehmen.Real geht das allerdings schlecht weil dann die Kaufkraft gleich null ist.Und so kommt zur Ausweitung der Steuergesetze die Deutschen haben es hier (dank Ordnung muß sein und Sprichwörtliche gründlichkeit)zur wahren
Meisterschaft mit 70% Gesetzanteil gebracht,liegt hier vielleicht doch ein Genetischer Defekt im Menschlichen Erbmaterial vor ;-).
Gruß
dir