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S E L E N O I R A
und die Reise zum Mittelpunkt der Milchstraße
Eine Erzählung für Jugendliche zwischen neun und neunundneunzig.
von Helge T. Kautz
Debra Sept ist ein herrlich urwüchsiger Planet, der um die gelbe Zwergsonne Le Bened im Sternbild des Kraken kreist. In der kleinen Ortschaft Tamsa-sur-Mer lebt die zwölfjährige Selenoira Queldon mit ihren Eltern, ihrem jüngeren Bruder Donnie und Darelle, der älteren Schwester. Sela (so lautet Selenoiras Kosename) ist eine kleine Träumerin. Einst – dessen ist sie ganz gewiss – wird sie eine berühmte Forscherin werden, genau wie ihre Eltern! Jede nur entbehrliche Minute verbringt sie daher auf dem Kraterrand des Raumhafenbergs, von wo aus sie voller Faszination und Sehnsucht den startenden Weltenschiffen hinterher schaut, bis sie majestätisch hinter den Wolken entschwinden. Und meistens, zum Leidwesen ihrer Schwester, noch viel länger...
Doch bald schon sollen Selas kindliche Träumereien ein jähes Ende erfahren. Zu Beginn des kalten Monats Frimaire nehmen die Eltern an einem Symposium auf dem Nachbarplaneten teil. Nur eine Woche wollen sie dort verweilen – aber sie kehren schon viel früher zurück, nach drei Tagen nämlich: leblos, scheintot, eingefroren in medizinischen Tiefkühlbehältern! Sie haben sich mit einer schlimmen Krankheit angesteckt, für die es auf Debra Sept keine Heilung gibt.
In dieser verzweifelten Situation begegnet Sela einem skurrilen Geschöpf namens Fhasim Ulandir von Ilderaam. Es hat neun Augen, fünf Arme, sieben Beine und sieht einer Kreuzung aus knorrigem Zwergbaum und riesigem Retrovirus ähnlicher als allem anderen. Zunächst schreckt Sela vor Fhasim Ulandir zurück, aber sie bemerkt schnell, dass hinter dem Furcht erregenden Äußeren des Ilderaami ein großes Herz voller Güte schlägt. Unglaubliche zweihundertsiebzehn Millionen Jahre will Fhasim Ulandir alt sein; angesichts seiner schier unerschöpflichen Geduld und seines sämtliche Bibliotheken sprengenden Wissens glaubt Sela ihm dies aufs Wort. Fhasim Ulandir ist in eiliger Mission zum funkelnden Zentrum der Milchstraße unterwegs; dorthin also, wo die Sterne ganz besonders eng beieinander stehen und der Himmel niemals dunkel wird. Er möchte seine seit sechsundzwanzig Millionen Jahren im Hibernationsschlaf verharrende Gefährtin – Rirra Umandera vom Volk der Olpurth-Ilderaami – zu den Golmur zu bringen. Diese, so weiß Fhasim Ulandir zu berichten, nennt man auch die Herrscher über alles Lebende und den Tod; manche sagen ihnen gar eine Verbindung zu den Sieben Säulen des Universums nach!
Vielleicht, nur vielleicht, können die Golmur deshalb nicht nur Rirra Umandera wiedererwecken, sondern auch eine Heilung für Selenoiras Eltern finden!
Sela ist wie elektrisiert, als Fhasim Ulandir ihr vorschlägt, ihn auf seiner Suche nach den Golmur zu begleiten. Nur eine einzige Bedingung knüpft der Ilderaami an dieses Angebot: Bis zum Wiedererwecken Rirra Umanderas müsse sie, Sela, die Position der Rirra an Bord seines Weltenschiffes, der Sansnom, übernehmen. Sela sagt sofort zu – ohne auch nur das Geringste über die Aufgaben einer Rirra zu wissen. In der folgenden Nacht schleicht sie sich heimlich aus der Wohnung; nicht jedoch ohne eine Nachricht an Darelle und Donnie zu hinterlassen, in der sie um Verständnis und um ein Jahr Geduld bittet.
Bald darauf startet das gewaltige Weltenschiff Sansnom und verlässt den Boden Debra Septs. Sela wird es schwer ums Herz, als sie ihre wunderschöne Heimat geschwind kleiner werden sieht...
Auf Tulnapeen – der ersten Etappe auf dem Weg zum Mittelpunkt der Milchstraße - stößt ein Wesen namens Juntt zu Sela und Fhasim Ulandir. Juntt, vom Volk der Juntt, zu Hause auf einem Planeten desselben Namens, sieht aus wie ein unterarmlanger Zweig mit dürren Beinchen und ohne Kopf. Obwohl ungemein intelligent, kann er mit dieser Intelligenz nicht viel anfangen. Denn er, wie alle seines Volkes, lebt nur ein Jahr. Auch Juntt ist auf der Suche nach den Golmur, um diese um die Verlängerung der Lebensspanne der Juntt zu bitten: ganze vier Jahre erhofft er sich, mehr kann er sich – trotz all seiner Intelligenz – nicht vorstellen. Fhasim Ulandir, sichtlich bewegt, nimmt Juntt als Passagier an Bord der Sansnom auf...
Nun ist das denkwürdige Trio komplett: ein zweihundertsiebzehn Millionen Jahre alter Ilderaami, der das Wort "Eile" mit "innerhalb von ein paar Jahrtausenden" übersetzt; ein Juntt, dessen Hektik selbst Steine nervös werden lassen möchte; und zu guter Letzt ein zwölfjähriges Mädchen, das auf dieser unwahrscheinlichen Reise viel mehr finden wird als das, wonach es ursprünglich suchte...
Status: in Arbeit
