Kapitel 1: Wo die Himmel endlos sind
Der Oberbefehlshaber über die Verteidigungsflotte schaute angespannt aus dem Cockpit seines einzigartigen Schlachtschiffes. Seit einigen Wochen liefen bereits die Vorbereitungen für die Evakuierung von Enlil Prime. Seit der Flucht der Lantianer wurden die Enlil immer wieder angegriffen und mit den Jahren, wurden die Angriffe immer heftiger. Anfangs hatte man noch Kolonien mit vielen Millionen Enlil. Aber diese wurden von den Wraith immer wieder dezimiert und irgendwann ganz ausgelöscht. Also zog man alle zusammen, um die Verteidigungskräfte konzentrieren zu können. Das war vor rund einem halben Enliljahr (ca. 2,5 Erdenjahre Anm. d. Autors) gewesen. Zu dem Zeitpunkt übertrug ihm der Rat der Enlil die Befehlsgewalt über alles Verbliebende. Zu seinen ersten Amtshandlungen gehörte es, dass er die Weiterentwicklung des in die Jahre gekommenen Designs der B186-Schlachtschiffe der Lantianer anordnete. Das Ergebnis war der B240-Prototyp. 4km lang. 2 Dimensionsenergieanker, mehrere Hochleistungsgeneratoren. 12 primäre, 24 sekundäre Drohnenstarter und 72 Doppellasergeschütze. Leider wurde er zu spät fertig. An eine Massenproduktion dieses Typs war nicht mehr zu denken, weil der Rat sehr laut über eine Flucht ähnlich den Lantianern nachdachte. Das größte Problem stellte die Größe der zu evakuierenden Bevölkerung dar. Enlil Prime zählte selbst in diesen Tagen noch mehr als 700 Millionen Männer, Frauen und Kinder. Zu Friedenszeiten lebten hier einmal fast 6 Milliarden. An eine Evakuierung war nicht zu denken. Dennoch willigte er ein, dass sich ein Team aus Spezialisten einen Plan ausdenken sollte, wie man möglichst viele evakuieren kann.Planet Enlil
Pegasus-Galaxie
ca. 7800 v.Chr.
Letztendlich war der Plan simpel. Man suchte sich den größten Asteroiden, den man im System fand, schaffte ihn in die Umlaufbahn von Enlil Prime und baute eine gigantische Raumstation hinein. Diese Arbeiten waren beinah fertig. In den nächsten Tagen, sollte die Evakuierung beginnen. Man hatte einen Planeten ausgesucht, der weitab von allen lag. In einer Galaxie in der Nähe der Lantianer-Galaxie.
Bis vor ein paar Wochen lief alles nach Zeitplan bis das Sensornetz um Enlil Prime eine gigantische Flotte aus Wraith Basisschiffen registrierte. Da man in der der geschätzten verbleibenden Zeit nicht alle evakuieren könnte, mussten Pläne her.
Zum Einen wurde der Ausbau des Fluchtasteroiden Exsulum massiv vorangetrieben. Als stationärer Antrieb wurde ein experimenteller Hyperraumsprungantrieb verwendet, der in der Lage war, ein Objekt augenblicklich zwischen zwei Punkten zu versetzen. Die Konstrukteure errechneten den Verbrauch von mehreren Dimensionsenergieankern nur für den Transport Exsulums zur neuen Heimatwelt. 10 Stück dieser mächtigen Energiequelle waren an Bord installiert worden. Zum Anderen hatte er persönlich einige Aufträge erteilt, für die er seine treuesten Gefolgsleute brauchte. Aber dies rückte für ihn vorerst in den Hintergrund. Er musste alle verbliebenden Schiffe koordinieren und das erforderte Gedankenspiele.
Die Ankunft der Wraith würde in ein paar Minuten erfolgen. Er gab den Befehl zur Evakuierung. Vom gesamten Planeten wurden Enlil auf die Asteroidenstation Exsulum teleportiert. Es wurde zum ersten Mal ein Freifeldtransporter genutzt, der die umgewandelte Materie über den Subraum transportierte. Er hatte nur einen massiven Nachteil, waren Ziel und Quelle nicht absolut synchron in ihrer Bewegung, konnte kein Transport initialisiert werden. Der Oberbefehlshaber war sich diesem Problem bewusst.
„Leutnant, stellen sie eine sichere Verbindung zu den Kommandanten der übrigen Schlachtschiffe her. Primärer Bildschirm.“ Er erhob sich und ging ein paar Schritte bis zum Rand der Plattform, auf dem sich sein Kommandostuhl als auch die Kommunikations- und Navigationsoffiziere befanden. Durch die schier überwältigende Zahl von Waffensystemen, zu denen auch eine stark aufgebohrte Ionenlaserwaffe zählte, waren auf der Brücke einer B240 5 Waffenoffiziere nötig, die sich in einem Halbkreis angeordnet an der Glaskuppel der Brücke dieses Schiffes befanden. Maschinen- und Umweltkontrollen waren hinter ihm angeordnet.
„Jawohl.“, kam die knappe Antwort. Kurz darauf erschienen die Köpfe von 20 Enlil in der vordersten Scheibe der Glaskuppel.
„Meine Herren, verzichten wir auf die Ränge.“, begann er. „Wie jeder weiß, werden uns die Wraith in wenigen Minuten angreifen und ich will ihnen nichts vormachen. Wir haben diesen Krieg verloren. Und nix und niemand kann noch etwas daran ändern können. Dabei haben wir die gleichen Fehler gemacht, wie die Lantianer vor 400 Jahren. Wir haben uns auf unseren technologischen Vorsprung verlassen und mussten verzweifelt gegen die deutliche zahlenmäßige Überlegenheit der Wraith ankämpfen.
„Und hier stehen wir nun.“ Er holte tief Luft und fuhr fort. „Den Wraith deutlich unterlegen. Aber wir haben eine Aufgabe. Wir müssen Exsulum schützen bis die Station 10 Millionen Enlil aufgenommen hat. Wenn dies erledigt ist, springt die Station weg und somit in Sicherheit. Oberste Priorität hat, dass Exsulum seine synchrone Umlaufbahn nicht verlässt. Jede minimale Abweichung könnte den Zeitplan ruinieren. Sie wissen was sie zu tun haben. Ich danke Ihnen.“
„Oberbefehlshaber, die Sensoren registrieren Hyperraumereignisse. Verdammt viele Ereignisse. Sie füllen fast den gesamten Raum vor uns aus.“, sagte der Navigationsoffizier.
„Sie haben es gehört meine Herren, halten sie so lange es geht die Stellung. Wir halten Funkkontakt.“ Er wandte sich an seinen Leutnant.
„Jawohl.“ Damit zufrieden setzte er sich wieder in seinen Kommandostuhl und erwartete die Wraith Flotte. Plötzlich wurde der Sternenhimmel vor ihnen zerrissen als sich unzählige Ereignishorizonte bildeten und jeder von ihnen ein Wraithschiff ausspuckte.
„Waffen klar. Schilde klar.“, rief er.
„Wir haben noch 50% auf beiden Ankern, ich glaube kaum, dass das für die gesamte Schlacht reicht.“, meldete der Chefingenieur.
„Braucht es auch nicht, es muss nur so lange reichen, bis Exsulum weg ist. Alles danach ist vollkommen egal.“
„Aye.“
„An alle Schiffe. Eröffnen sie das Feuer nach eigenem Ermessen.“ In diesem Augenblick wurden die Sensorenbilder überflutet von Signalen.
„Was ist das?“ fragte der zuständige Offizier. "Testen die Wraith hier einen neuen Sensorenstörer?“
„Nein.“, rief der Oberbefehlshaber. „Das sind Wraith Jäger und Kreuzer. An alle Schiffe, nutzen sie die Drohnen um die Kreuzer und Basisschiffe auf Abstand zu halten und nutzen sie die Lasergeschütze um die Jäger runterzuholen und feuern sie den Ionenlaser auf das nächstbeste Basisschiff ab.“
„Verstanden!“ In dem Augenblick wurde das Schiff auch schon von den ersten Einschlägen erschüttert. Aber die Schilde hielten. Mehrere Basisschiffe konzentrierten ihr Feuer sofort auf die Schlachtschiffe am Rande der Formation, aber die abgefeuerten Drohnen konnten einen Großteil vernichten. Er rief sich eine Übersicht von Exsulum auf einen Schirm an seinem Stuhl. 60% geschafft. Blieben 4 Millionen.
„Ionenlaser ohne Rückfrage bei mir abfeuern, wenn bereit. Schicken wir so viele Wraith in den Tod, wie geht.“, rief er in mehrere Einschläge von Wraith Plasma und Jägern auf die Schilde hinein.
„Schilde bei 56%.“
„Refresh.“ Man sah wie die Schilde kurz aufleuchteten. Sie waren die mit Abstand stärksten, die jemals entworfen wurden, aber man mussten sie manuell wieder aufladen, was zudem ineffizient war und eine Menge Energie erforderte und die Anker würden bald nicht mehr genug liefern.
„Anker beide runter auf 43%.“ Die Einschläge kamen plötzlich häufiger und waren heftiger.
„Die Wraith konzentrieren jetzt ihr Feuer auf uns. Schilde runter 80%.“
„Jägerabwehr abbrechen. Wir müssen uns aus dem Kreuzfeuer befreien. Konzentrieren sie ihr Feuer, pro Seite auf ein Basisschiff und zeigen den da drüben, was ein konzentrierter Ionenlaser alles mit deren Hülle anrichten kann. Es geht nur darum, die Wraith hinzuhalten.“
„Jawohl.“ Alle Waffenoffiziere hämmerten auf ihre Konsolen ein und änderten die Waffenausrichtungen.
"70%. Verdammt, was dauert das so lang?“, schrie er. In dem Augenblick erschütterte eine gewaltige Explosion die Brücke.
„Eine B186 ist explodiert. Und da wieder eine. Wir werden dezimiert.“ Wieder wurden die Offiziere durchgerüttelt.
„Schilde runter auf 50%.“
"Refresh, immer wenn wir um die 50% sind.“ Um sie herum detonierten die Basisschiffe. Endlich hatten sie sich aus dem Kreuzfeuer befreit. Der Oberbefehlshaber befahl eine augenblickliche Positionsänderung und versuchte somit die Wraith von Exsulum wegzulocken. Die übrigen Schiffe folgten unaufgefordert, auch die Wraith folgten, wenn auch verzögert. Sollten die Wraith registrieren, was im Inneren dieses Asteroiden vor sich ging und sie das Feuer auf ihn eröffnen würden. Er wagte nicht daran zu denken. Aber befasste sich kurzzeitig mit dem Problem. Er rief eine Energieübersicht auf, die alle verbliebenden Schiffe auflistete und deren Energiestand. Danach traf er eine Entscheidung.
„Die B186-Amobia und die B186-Gitako sollen sich zurückfallen lassen und zögernde Basisschiffe vernichten, die sich zu nah an Exsulum aufhalten. Wenn sie das erledigt haben, sollen sie wieder zu uns stoßen.“ Die Befehle wurden unverzüglich ausgeführt und man konnte erkennen, wie die Umkehrschubtriebwerke an diesen Schiffen zündeten und sich damit dem Strom an Basisschiffen entgegen stellten. Dabei feuerten sie unablässig Drohnen ab und verwandelten Jäger mit ihren Lasergeschützen in Raumstaub. Die Wraith hatten diesen Zug nicht kommen sehen und kommandierten ihrerseits Schiffe ab, die sich jetzt an das Heck beider Schiffe hefteten. Die Situation stand 3:1 für die Wraith, aber der Oberbefehlshaber wusste, dass er seinen Kommandanten vertrauen konnte, dass sie sich aus dieser Situation befreien können. Währenddessen hämmerten Plasmaentladungen der Wraith auf die Schilde der B240-Hegemona ein und senkten die Schilde immer weiter.
„Anker runter auf 36%.“
„Exsulum Status 85%. Auf dem Planeten ist Panik ausgebrochen. Viele versuchen verzweifelt in eine der Transporterkabinen zu kommen. Dabei werden viele einfach niedergetrampelt.“, gab der Kommunikationsoffizier bekannt.
„Die Offiziere unten sollen das in den Griff bekommen. Sie haben den Befehl in die Menge zu schießen, wenn das nicht anders beruhigt werden kann.“
„Verstanden. Ich gebe es weiter.“ Auf der Brücke kehrte ein Moment der Stille ein. Blankes Entsetzen folgte. Aber niemand stellte die Entscheidung infrage. Jeder wusste, eine Meuterei zum jetzigen Zeitpunkt würde alles Hoffen auf Entkommen zunichtemachen.
In der Zwischenzeit hatten sich die Amobia und die Gitako aus den Klauen ihrer Verfolger befreien können und hielten wieder direkt auf das Durcheinander von Basisschiffen, Kreuzern, Jägern und den Enlilschiffen zu. Dabei schienen die Wraith diese beiden herannahenden Schiffe komplett zu ignorieren. Der Oberbefehlshaber hob die Augenbraue, als er den Energiestatus der beiden Schiffe aufrief. Sie hatten alle ihre Drohnen verbraucht und deren Schilde standen kurz vor dem Zusammenbruch. Aber sie schienen entschlossen zu sein, sich noch am Kampf zu beteiligen.
„Oberbefehlshaber.“, sagten beide Kommandanten. „Es war uns eine Ehre.“ Bevor er was erwidern konnte, brachen sie die Verbindung ab und hielten weiterhin auf die Wraith zu und schienen sich auf regelrechte Ansammlungen zu konzentrieren. In dem Augenblick erkannte er, was sie vorhatten.
„An alle Schiffe. Formation aufbrechen und Abstand gewinnen!“, befahl er. Alle Schiffe der Enlil stoben auseinander und suchten für einen Moment das Weite. Schnell erkannten auch die anderen, was der Grund für diesen Befehl war. Die Amobia und die Gitako initiierten ihre Selbstzerstörung und rissen dabei mehrere Basisschiffe, viele Kreuzer und unzählige Jäger durch die Primärexplosion als auch durch folgende Sekundärexplosionen mit.
„Hoffen wir, dass das die Wraith vorübergehend irritiert, damit Exsulum seine Aufgabe abschließen kann. Je schneller, desto besser.“, rief der Oberbefehlshaber in eine kurze Gefechtspause hinein. Diese Pause war eine vollkommene Neuerung in diesem Krieg. Bisher hatte man sich rechtzeitig zurückgezogen und konnte dadurch eine Menge Schiffe noch nach Enlil retten. Dadurch gab es wenn sich Enlil und Wraith immer bisher gegenüber standen immer nur Gefechte gegeben, aber keine Pausen. Aber diesmal war das anders. Keins der Schiffe feuerte. Der Schock muss tief gesessen haben.
„Durch die Explosion beider Schiffe haben die Wraith insgesamt 12 Basisschiffe, 45 Kreuzer und Abertausende Jäger verloren. Dabei gingen viele nur durch die Explosion von eigenen Basisschiffen und Kreuzern drauf. Das war eine riesige Kettenreaktion.“, gab der Navigationsoffizier bekannt, der die Ruhe genutzt hat, um Informationen zu gewinnen.
„Feuern sie den Ionenlaser ab und zielen sie einfach auf irgendein Schiff. Wir sollten das Interesse wieder auf uns lenken, sonst könnten sie wirklich noch Wind von der Sache mit dem Asteroiden bekommen.“, sagte der Oberbefehlshaber noch bevor die Wraith unvermittelt wieder das Feuer eröffneten. Der Laser verließ den Bug, aber er streifte nur mehrere Basisschiffe, bevor er sich selbst auflöste. Der 1. Waffenoffizier war entsetzt über die schlechte Zielerfassung.
„Herr, die vielen Trümmer reduzieren die Effizienz unserer Zielerfassung drastisch. Wir müssen jetzt ab sofort manuell zielen und hoffen, dass wir treffen. Die Drohnen sind weiterhin einsatzbereit, aber die Lasergeschütze und der Ionenlaser arbeiten nur noch mit 14% Effizienz.“, rief er. Sein Kommandant war erschrocken. Das hatte er nicht vorausgesehen und konnte jetzt nicht sofort reagieren. Er war für den Moment vollkommen gelähmt und unfähig eine Entscheidung zu treffen. Der Effizienzverlust bedeutete eine enorme Einschränkung der Offensivkraft und würde das Schlachtgleichgewicht stark auf die Seiten der Wraith verlagern.
„Alles umstellen auf Drohnenfeuer. Auch auf die Gefahr hin, dass wir Probleme kriegen. Feuern sie den Ionenlaser immer nur dann ab, wenn sie sich absolut sicher sind, dass sie treffen. An alle. Nur noch Drohnenfeuer. Legen sie jetzt Matten von Drohnen aus. Alles was die Lager hergeben.“ Man konnte regelrecht erkennen, wie alle Enlilschiffe gleichzeitig ihre gesamten Drohnenstarter mit einem Mal hochfuhren und eine Welle nach der anderen an Drohnen in den Orbit von Enlil entließen. Dabei umrundeten die Drohnen mit ihrem intelligenten Gefechtskopf gekonnt die Trümmerteile von Basisschiffen, Kreuzern und B186ern und schlugen mit anhaltender Geschwindigkeit ungebremst in die Hülle der Wraithschiffe ein. Durch die Explosion dieser Schiffe wurden aber auch die Enlil in Mitleidenschaft gezogen und so war es kaum verwunderlich, wie 2 B186er von heranfliegenden Trümmern getroffen und dabei sehr stark beschädigt wurden und anschließend in mehrere Teile zerbrachen.
„90%. Exsulum ist gleich bereit. Unsere Aufgabe ist fast abgeschlossen.“„ rief er wieder in die Einschläge hinein. Zum wiederholten Male, war sein Schiff ins Kreuzfeuer geraten. Aber diesmal wussten die Wraith von der Waffe im Bug und hielten sich stets am Heck oder an den Seiten des Schiffes auf und veränderten ihre Position immer automatisch, wenn die B240 auch ihre Ausrichtung änderte. Dabei feuerte sie unablässig Drohnen ab, von denen über die Hälfte vom gegnerischen Feuer oder von Jägern abgefangen wurden.
„Die wissen von unserer Primärwaffe und haben uns fast komplett ausgehebelt.“, bemerkte der 1. Waffenoffizier. „Wenn uns nicht bald was einfällt, dann sitzen wir hier wie auf dem Präsentierteller. Drohnenvorräte auf 20%.“ Der Kommandant rief eine Hilfskonsole auf, die dazu da war, komplizierte Berechnungen für die Kapitäne der Schiffe zu unterstützen, die diese nicht selbst erledigen konnte. Im Grunde war diese Konsole ein direktes Interface zu einem Replikatorbewusstsein, das sich im Moment auf der Hegemona befand. Er gab die aktuelle Kampfsituation ein und machte einige Simulationen, mit denen er den Ionenlaser wieder auf ein oder mehrere Basisschiffe auszurichten erhoffte.
„Aktuelle Befehle beibehalten. Drohnenfeuer leicht reduzieren. Weisen sie notfalls die Replikatoren an, welche zu produzieren. Es sollte genug Material noch in den Lagern vorhanden sein, um eine 10%ige Lageraufstockung zu erreichen.“
„Verstanden.“
Er wandte sich wieder der Konsole zu, die inzwischen einige Simulationen abgeschlossen hat. Jedes Mal mit dem Ergebnis keinen Treffer gelandet zu haben. Er grübelte ein wenig in verdank schnell in einen tranceartigen Zustand. In diesem Augenblick traf ein großes Trümmerstück auf die Brücke der Hegemona und rüttelte die Crew blitzschnell wach. Niemand hatte den Trümmern Beachtung geschenkt. Zwar wurde das Bruchstück eines Wraith Kreuzers von den Schilden abgewehrt, aber dieses Ereignis rief ihn wieder wach und lenkte ihn darauf zu untersuchen, warum die bisherigen Simulationen bisher immer schief gelaufen waren. Er rief die Ergebnisberichte auf und musste voller Verblüffung feststellen, was dort als Versagensgrund angegeben wurde. Es lautete immer gleich. \textsl{Waffeneffizienz zu gering}. Da die Replikatorenintelligenz nach dem Scheitern der Versuche von Asura stark eingeschränkt wurde, konnte sie keine eigenständigen Entscheidungen mehr treffen, die es ihr erlauben würde, die Gründe für diese geringe Waffeneffizienz zu erforschen und anschließend dagegen anzugehen. Aber wusste auch so, was er jetzt zu tun hatte.
„Wie groß ist die Waffeneffizienz, wenn wir statt auf die Wraith auf die Trümmer in der direkten Umgebung zielen?“, fragte er seinen Waffenoffizier. Dieser tippte etwas auf seiner Konsole rum, anscheinend, macht er sich auch eine der Replikatoren zunutze.
„Sie würde bei 85% liegen.“, kam die Antwort. Die restliche Crew achtete nicht auf dieses Gespräch, sie konzentrierte sich darauf den Gegner auf Distanz zu halten. Er tippte wiederum andere Parameter in seine Schlachtsimulation ein. Räumung der Trümmer mit den Lasern mit 85% Waffeneffizienz und anschließendes Anvisieren der Basisschiffe mit der neu gewonnenen Freiheit. Erfolg bekam er zu lesen, das war alles was er lesen wollte.
„Achtung Waffenmannschaft. Zielen sie auf die Trümmer, mit Lasern und Drohnen. Räumen wir uns einen Weg frei.“
„Verstanden.“
Das Schiff verlagerte seine Achse um 90° backbord in Flugrichtung um so mehr Trümmer gleichzeitig erreichen zu können. Mit Erreichen der Position legte es einen Feuersturm an Drohnen und Laserfeuer an den Tag, wie er in den ersten Minuten der Schlacht normal gewesen war, aber mit der Zeit geringer wurde, weil zum Einen die Drohnen weniger wurden und zum anderen die Lasereffizienz durch die Trümmer weniger wurde. Hinter diesem Feuersturm, der für Wraithsensoren nahezu undurchdringlich war, drehte sich die Hegemona weiter und nahm ein Wraith Basisschiff ins Visier, das sich bisher nahe am Heck des Schiffes aufgehalten hat.
„Visuelle Zielerfassung bestätigt.“, sagte der 1. Waffenoffizier.
„Elektronische Zielerfassung zuschalten und auf meinen Befehl alle Basisschiffe wieder unter Beschuss nehmen. Ionenlaser mit 2-sekündiger Verzögerung abfeuern.“, war sein Befehl. Nach und nach bestätigten alle Waffenoffiziere auf der Brücke, dass die Zielerfassung abgeschlossen sei.
„Waffeneffizienz bei 86%, Herr.“ Mehr als von den Replikatoren berechnet. Gut.
„Feuer.“, sagte er ruhig.
Der Feuersturm versiegte und gab die Sicht auf eine vollkommen anders positionierte B240-Hegemona frei, die jetzt frei von umherfliegenden Trümmern sich wieder auf die Basisschiffe stürzte. Damit hatten die Wraith nicht gerechnet und versuchten verzweifelt mit ihren schwerfälligen Schiffen eine Positionsänderung durchzuführen. Doch da war es schon zu spät. Mehrere Salven Laserfeuer kombiniert mit einigen Drohnen zerfetzten die Hülle und Hangars der Wraith und setzten sie damit schachmatt. Zwei Sekunden später eröffnete der Ionenlaser das Feuer auf das bisher verschonte Basisschiff und riss auch dieses komplett auseinander.
"Anker auf 30%.“ kam es vom Maschinenstand.
"95% Exsulum. Statusbericht!“
„Wir haben 15 B186 verloren. Die restlichen 5 haben einen schlechten Stand.“
„Kommen wir Ihnen zu Hilfe.“ Sie nahmen Fahrt auf. Als sich plötzlich mehrere Basisschiffe in den Weg stellten.
„Perfekt aufgereiht, wie auf einer Perlenschnur.“, sagte er. „Nehmen sie das hinterste Schiff ins Visier des Ionenlasers. Feuern sie erst auf meinen Befehl.“ Der Waffenoffizier an der vordersten Scheibe tat wie geheißen. Die B240 raste förmlich den Wraith entgegen, die wiederum schon anfingen zu feuern. Plasma um Plasma schlug auf die Schilde ein, ohne dass das Schiff abdrehte. Immer näher und näher kam es den Basisschiffen. Der Kommandant der B240 lächelte sarkastisch.
„Feuer!“, schrie er förmlich. Der Laserstrahl löste sich aus dem Bug und schoss mit unglaublicher Geschwindigkeit auf das erste Basisschiff zu. Er durchschlug die Panzerung und bohrte sich seinen Weg durch das Schiff hindurch auf der anderen Seite wieder hinaus und durch die Panzerung des nächsten Schiffes. Bis 4 Basisschiffe gleichzeitig durchbohrt waren.
„Refresh der Schilde.“ Sie leuchteten kurz auf. Der Effekt war gerade vorbei als die 4 durchbohrten Schiffe explodierten.
„Anker runter auf 15%.“
„Weitere Schiffe im Anflug.“ Wieder und wieder schlugen Plasmaentladungen ein und zerschellten Jäger an den Schilden, als sich das mächtigste Schiff zu den eingekesselten bewegte.
„Schießt endlich unsere Verfolger ab.“ Eine riesige Menge an Drohnen verließen ihre Starter und jagten ihren Verfolgern entgegen. 4 Basisschiffe. Kurz darauf vergingen auch sie.
„Schilde bei 60%.“
„Letzter Refresh. Die Exsulum hat 100% erreicht. Sie springt jetzt.“, befahl er und im gleichen Augenblick war der Asteroid verschwunden. Da die Wraith sich nicht darum gekümmert haben, explodierten alle verbliebenden B186 fast gleichzeitig. Aber deren Explosion nahm auch die Basisschiffe und Kreuzer um sie herum mit. Diese wurden von der Detonationswelle wegfliegender Teile schwer beschädigt, so dass eine kleine Drohne ausreichte, um sie zu zerstören.
„Alle Maschinen stopp.“ Er tippte ein paar Befehle in eine Konsole an seinem Stuhl. Leider wollte man damals entgegen aller Vernunft keinen Interfacestuhl einsetzen. Ein Mann wurde im Display sichtbar.
„Exsulum ist weg. Befehl O5674.32.343 ausführen.“, sagte er.
„Ja.“, antwortete der Mann kurz und die Verbindung wurde unterbrochen. Seine Mannschaft sah ihn verwundert an. Sagten aber nichts. Eine Weile passierte nichts, aber dann schien die Atmosphäre von Enlil Prime förmlich zu explodieren. Überall, wo Städte waren, waren binnen Minuten nur noch Staubwolken zu sehen. Alles wurde in Schutt und Asche gelegt und die restliche Bevölkerung von fast 690 Millionen Enlil gleich mit. Auf allen Gesichtern war Fassungslosigkeit abzulesen. Das Volk der Enlil hatte Genozid begangen. Nach dem Verschwinden der Lantianer aus der Stadt Atlantis, waren die Enlil das letzte moderne Volk, was den Kampf gegen die Wraith aufnahm und nun ist auch dieses nur noch Geschichte.
Die Wraith hatten sich inzwischen neugruppiert. Von 100 Basisschiffen und 300 Kreuzern waren noch 30 Basisschiffe und rund 60 Kreuzer übrig. Fast alle Jäger waren schon verheizt, ohne dass sie etwas erreichen konnten. Auf der anderen Seite stand die B240 mit einem leeren Planeten im Hintergrund. Die Wraith zögerten.
„Stellen mich an die Crew durch.“
„Verbindung steht.“
„An alle, hier spricht ihr Kommandant. Viele werden es nicht mitbekommen haben, aber auf meinen Befehl hin wurde die Oberfläche von Enlil gesprengt und unser Volk damit praktisch ausgelöscht. Nur diejenigen, die es auf die Exsulum geschafft haben, werden leben können. Wir sind die letzten und stehen jetzt einer Übermacht von Wraith gegenüber. Ich möchte nur noch loswerden, dass jeder von Ihnen sein Bestes gegeben hat und dafür möchte jedem danken. Unsere Opfer, die wir heute gegeben haben und noch geben werden, werden nicht umsonst sein. Ende der Durchsage.“ Er wandte sich an seinen Navigationsoffizier.
„Bringen sie uns mittenrein. Maschinenkontrolle, bereiten sie eine Überladung der Dimensionsenergieanker vor. Auf das, dieser Angriff ihr letzter gewesen ist.“
„Das wird mit den Schilden aber eng.“
„Das klappt schon, sollten die Schilde versagen, bleiben uns noch gute 4 Sekunden die Überladung auszulösen.“, antwortete er.
„Die Überladung kann binnen 2 Sekunden initiiert werden.“, kam es von hinten. Die Wraithschiffe fingen wieder an, die B240 zu beschießen. Diese beschleunigte und hielt direkt auf das Zentrum zu.
„Noch 10 Sekunden bis zum Zentrum.“, gab der Navigationsoffizier bekannt.
„50% Schilde. Tendenz rasant fallend.“
„Noch 9, 8, 7, 6, 5, 4,…“
„Schilde zusammengebrochen.“
„2…“
„Überladung. Initiieren. Es war mir eine Ehre mit Ihnen zu dienen, meine Herren…“
„0. Angekommen.“ Im gleichen Augenblick überluden die beiden Dimensionsenergieanker um Inneren der B240 und tauchten den gesamten Orbit von Enlil Prime für einen Augenblick in das gleißende Licht einer Sonne. Bevor sie aber die endgültige Position erreicht hatte, hatten sich zwei Basisschiffe entfernt, vermutlich, weil deren Königinnen und Kommandanten ahnten, was die Enlil vor hatten. Als sich das Licht verblasste, sah man nur noch ein gigantisches Trümmerfeld, wo einmal die größte Flotte der Wraith war. 2 Basisschiffe hatten das Enlil Inferno überlebt. Schwer beschädigt und ohne Hyperraumantrieb, verließen sie die Umlaufbahn. Sie nahmen Kurs auf das Nachbarsystem, wo sich eine kleine mittelalterliche Zivilisation befand. Perfekt um sich zu nähren und den Hyperraumantrieb zu reparieren. Als die Wraith Schiffe schon lange den Orbit verlassen hatten und sich der Staub über den Trümmern von Enlil Prime zu legen begann, regte sich tief unter der Oberfläche des Planeten etwas. Anfangs waren es nur kleine Lichter an Stasiskapseln und Energieverteilern, aber mit der Zeit erwachte eine ganze unterirdische Stadt zum Leben. Der Oberbefehlshaber hatte einen Sekundärplan veranlasst, für den Fall, das Exsulum fehlschlagen sollte. In diesem Fall sollte diese unterirdische Stadt für sehr lange Zeit aushalten können, bis es wieder eine fortschrittliche Zivilisation in der Pegasus-Galaxie geben würde, die sie dann wieder an die Oberfläche holen und zusammen die Wraith endgültig vernichten würde. Da Exsulum ein Erfolg war, hatte er schlicht vergessen auch die Energieversorgung von Exsulum Beta einstellen zu lassen. Jetzt war ein Programm aktiv, was die Bürger durch die Jahrhunderte leiten würde. Weil wie lange dieser Zustand andauern würde ungewiss war und da Exsulum Beta keinen Zugang zu einem Sternentor hatte, erwartete die Überlebenden ein Exil in absoluter Isolation. Im Laufe der Jahrhunderte wagte man sich stellenweise wieder an die Oberfläche und siedelte wieder in den verfallenen Ruinen der Städte ohne jemals von den Wraith besucht zu werden. Für die Wraith wurde Enlil Prime ein Symbol für eine erschreckende Niederlage, die vielen das Leben gekostet hat und vielen Generationen noch in den Knochen stecken würde. Exsulum Beta hatte beim Erwachen eine Koloniestärke von 50000 Enlil, weit weniger als die 10 Millionen, die mit der Exsulum Station evakuiert wurden. Kurz vor Ende der Hegemona übermittelte das Schiff sämtliche Informationen über die Schlacht an eine unter dem Staub verborgene und unversehrte Relaisstation, die diese dann an Exsulum Beta weiterleitete, damit diese es bewahrten und die zurückkehrenden Generationen von Enlil darüber aufklären konnten, was hier vorgefallen war.
„Eine Höhle in dieser Höhe wäre selbst für die Neandertaler mehr als merkwürdig.“, sagte Professor Günther Hassel von der Uni Berlin zu seinem Kollegen Dr. Franz Meinich ebenfalls aus Berlin41° 55' N, 79° 7' O
3888m über NN
Kakshaal-Too Massiv, UdnSSR
15. Juli 2024, 12:23 Uhr Ortszeit
„Aber wenn ich es dir sage. Da oben habe ich eine verschüttete Höhle der Neandertaler entdeckt. So weit im Osten haben wir bis jetzt keine Lagerhöhle entdeckt. Das wäre eine Sensation für die Archäologie.“, erwiderte Meinich.
„Völlig unmöglich.“, meinte Hassel wieder.
„Das muss ich mit eigenen Augen gesehen haben, bevor ich es glauben kann. Hast du Fußspuren entdeckt?“
„Wann und wie denn? Die Höhle habe ich heute auf einem Rundgang um unser Lager entdeckt. Ich bin einem Pfad gefolgt, der genau vor der Höhle endete. Die Höhle selbst ist groß und bot sicherlich Platz für viele Artgenossen, aber der Eingang ist ziemlich klein. Da musste ich mich durchzwängen.“, sagte Meinich.
„OK. Aber warum bist du dir so sicher, dass es Neandertaler sind?“, wollte Prof. Hassel wissen.
„Na weil ich das gefunden habe!“, entgegnete Dr. Meinich und hielt ihm einen gut erhaltenen Neandertalerschädel hin. Hassel nahm ihn und musterte ihn aufmerksam.
„Der Schädel ist wirklich echt. Verblüffend. Du musst zugeben, dass der Schädel nicht so alt aussieht wie er sein müsste, oder?“ Beide waren bereits an der besagten Höhle angekommen. Hassel und Meinich waren Hobby-Abenteurer und erforschten als erste Menschen überhaupt nach dem 3. Weltkrieg diese gottverlassene Gegend an der Grenze zu China. Man wollte auf einer kleinen Ebene einen Tag Rast einlegen, um sich an die Höhenluft zu gewöhnen. Ihre Träger und relativ ortskundigen Führer wussten nichts von einer Höhle in dieser Gegend, was Dr. Meinich in seiner Meinung bestärkte, dass er als erster seit mindestens 35000 Jahren ist, der diese Höhle betritt. Gemeinsam betraten sie die Höhle. Die neuen LED-Lampen zeigten eine große Höhle ohne erkennbare Erosionserscheinungen. Das ehemalige Lagerfeuer in der Mitte der Höhle war etwas mit Sand bedeckt, aber man konnte Spuren von Asche noch erkennen. Am Höhleneingang fand man sogar Fußspuren, die aber nur hinein, aber nicht hinaus führten. Hassel wurde stutzig.
„Moment. Anhand der Fußspuren müssten hier mindestens 12 Personen liegen unter ihnen 3 Kinder, aber ich zähle nur fünf Skelette.“, sagte er.
„Ist mir auch schon aufgefallen, aber eine Erklärung habe ich nicht. Lass uns noch etwas graben, vielleicht haben wir Glück und finden die restlichen Skelette dann auch noch.“, sagte Meinich und machte sich an die Arbeit, den Boden zu untersuchen. Nach einer Pause im Camp und der Hilfe ihrer Träger und Führer konnten sie die Höhle von einer Menge Sand befreien, der im Laufe der Zeit in die Höhle hineingeweht wurde. Aber mehr Skelette fand man dennoch nicht. Nachdem der letzte Eimer Sand hinausgetragen wurde, standen Günther Hassel und Franz Meinich in der Höhle und blickten sich ratlos um. Sie hatten alles dokumentiert und hatten sogar einige nicht identifizierbare Zeichen entdeckt, die ebenfalls dokumentiert wurden
„Schrift kannten die Neandertaler aber nicht, oder? Weil sonst haben wir entweder hier die vermutlich die ersten und letzten Versuche für eine Schrift der Neandertaler entdeckt. Was ich mir aber nicht vorstellen kann.“, sagte Meinich und blickte seinen Freund an. Günther Hassel schaute angespannt auf diese Symbole in der Höhle. Er hatte sie gefunden, aber er konnte sie nicht den Neandertalern zuordnen.
„Schau mal, diese Schrift hat richtig rechte Winkel, wirkt fast symmetrisch und nahezu digital, dass kann keine Schrift der Neandertaler sein, die würden das vermutlich etwas mehr geschwungener gestalten, aber nicht so.“
„Vermutlich hast du Recht, aber wer hat dann diese Schrift in diese Wand gehauen haben?“ fragte Meinich, der sich währenddessen den Zeichen genähert hat, um sie ersten Mal aus der Nähe zu sehen. Ihre Begleiter waren wieder im Camp und die Höhle wurde inzwischen von Stablampen erhellt. Sie umfasste ein großes Rund von fast 30m Durchmesser und durchschnittlich 3m Höhe. Davon gingen in unregelmäßigen Abständen mehrere Gänge ab, die tiefer in den Berg hineinführten. In der Mitte dieses Runds gab es eine Kuhle, die die Überreste des Lagerfeuers beherbergte und nach der Beseitigung des Sandes auch noch andere Neandertalerwerkzeuge und Gebrauchsgegenstände zu Tage förderte. Diese waren aber bereits im Lager untergebracht und sicher für den weiteren Transport verpackt worden. Nachdem man diese Zeichen eingehend beobachtet hatte, sah man sich nochmal genau in der Höhle um.
„Ob diese Zeichen den Gang daneben markieren, damit man ihm weiter in den Berg folgt?“ mutmaßte Meinich.
„Das können wir ja ausprobieren.“ erwiderte Hassel, griff sich eine der Stablampen und ging in den besagten Gang hinein. Meinich folgte ihm hastig. Ihr Aufbruch war schnell und unvorbereitet gewesen und über Stunden passierte in diesem Gang nichts. Ab und zu stiegen beide über einen kleinen Geröllhaufen oder herabgestürzte Deckenteile, aber ansonsten gab es nichts Nennenswertes zu berichten. Der Gang war verwinkelt und wechselte immer wieder die Richtung. Beide hatten nach der sechsten Biegung aufgehört mitzuzählen und mit jeder weiteren Biegung sank die Bereitschaft weiter zugehen.
„Wenn nicht nach dieser Biegung etwas anders ist, kehren wir um.“ sagte Hassel mürrisch. Ihm war kalt und der Gang wurde immer feuchter. Meinich stimmte dem zu und gemeinsam umrundeten sie den inzwischen dreizehnten Knick im Gang. Beide leuchteten den Gang ab und Hassel wollte sich schon umdrehen, um zurückzugehen, als von Meinich am Ärmel seines Anoraks gezupft wurde. Er drehte sich um.
„Da hinten ist irgendwas anders. Der Gang scheint sich irgendwie zu verändern.“ sagte Meinich und zog seinen Freund hinter sich her. Dieser folgte, wenn auch widerstrebend. Anfangs konnte er keinen Unterschied erkennen, aber dann trat die unregelmäßige Höhlenwand zurück und wurde von einer regelmäßigen Wand abgelöst. Auch der Boden wurde eben und regelmäßig. Der ehemalige Höhlengang erinnerte jetzt mehr an jene Gänge, die beide von den Schutzbunkern kannte, in die beide sich beim Start der ersten Nuklearraketen im Jahr 2015 zurückgezogen hatten. Der ganze Krieg dauerte zwar nur 1 Jahr, war aber verheerend für die Welt gewesen und brachte eine neue Drei-Klassen-Gesellschaft hervor. Ganz oben stand TerraSol mit seinen Mitarbeitern und Handelsdiplomaten in allen Herren Länder, die den gesamten Außenhandel der neuen Staaten abwickelten. Dahinter gab es die Privilegierten der neuen Staaten, darunter Europa, CSA, AE, WCSA (unter TerraSol Verwaltung), China, Japan, Afrika, die Republik Mittelamerika und die Gebiete der Bruderschaft. Jene die in der Regierung saßen und angehörigen Institutionen, zu denen auch die Universität von Berlin mit seinen Professoren gehörte und damit auch Hassel und Meinich. Und als 3. Klasse eben jene Menschen, die weder Geld noch Güter besaßen, um sich in die höheren Klassen einzukaufen, jene die ein unwirtliches Dasein auf dem noch immer verstrahlten Lande fristeten und kaum Aussicht auf Besserung haben. Jene, die das Pech hatten nicht rechtzeitig in die Bunker zu finden, um den Bomben zu entgehen, dem Krieg zu entgehen und seitdem gezeichnet sind. Durch Strahlung, Krieg, Scharmützeln und Seuchen dahingerafft wurden und in denen so gut wie kaum ein Funke Menschlichkeit mehr enthalten war. Man nannte sie die Verlorenen Seelen. Niemand wagte es ohne Geleitschutz dort hinaus zu fahren. Hassel und Meinich fühlten sich frisch und waren richtig neugierig.
„Wer in aller Welt baut einen Gang so tief unten in eine Höhle?“ fragte Meinich verwundert. Dabei berührte er die Wände die sich trocken und beinahe warm anfühlten. Der absolute Gegensatz zu den feuchten, kalten Wänden des Höhlenganges zuvor.
„Finden wir es heraus.“, sagte Hassel, der neu motiviert voranging. Der Gang hatte einen quadratischen Querschnitt mit je 2,5m Kantenlänge und abgekanteten Ecken. Auch wurde das monotone Grauschwarz der Höhlenwand von einem Farbspiel zwischen einem kalten hellen Blau und einem warmen Ocker. Beide Abenteurer folgten dem Gang, der nach ca. 20m in einem Winkel von ca. 25° nach unten abfiel. Die Stablampen leuchteten den Weg weiter hinab und gingen so weitere 30m hinab als beide plötzlich vor einer Wasseroberfläche standen, die den weiteren Weg blockierte.
„Und nun?“ fragte Meinich. „Abtauchen und gucken, was auf der anderen Seite ist, wenn es denn eine gibt?“
„Das wäre keine gute Idee.“ erwiderte Hassel, der auf die Uhr geschaut hatte. Er ging in die Hocke und strich mit seiner rechten Hand durch das Wasser. „Das Wasser hier ist kalt, die Gänge sind kalt und nass zudem. Außerdem wird es Abend, die Temperatur fällt hier oben sehr schnell unter 0°C. Wenn wir dann nass rauskommen, haben wir keine Chance es auch noch gesund ins Camp zu schaffen. Ich schlage vor, dass wir uns die Höhle merken und später irgendwann mal wieder hier her zurückkehren. Dann mit passender Ausrüstung, um entweder zu tauchen oder das Wasser abzupumpen.“
„Okay, das ist eine Idee. Mich würde zu gerne interessieren was dahinter ist.“ sagte Meinich und wollte sich schon umdrehen als er Anlauf nahm, ins Wasser watete und untertauchte.
„Menschenskind, Franz! Was tust du da?“ rief Hassel aus, als er das bemerkt hatte, aber von seinem Freund Franz war nichts mehr zu sehen. Nur noch ein schmaler Lichtkegel unter Wasser war zu erkennen, der immer dunkler wurde. Er war sich unschlüssig, ob er hinterher springen oder doch lieber warten sollte bis sein Freund wieder auftaucht. Hassel entschloss sich zu warten und schaute dabei immer wieder nervös auf seine Uhr. Günther Hassel blickte wieder ins Wasser. Der Lichtkegel war inzwischen komplett verschwunden. Aber da war was anderes im Wasser. Ein Licht. Nicht das Licht der LED-Stablampe, von der auch ein Exemplar in der Hand hielt. Das fremde Licht hatte einen gelben Ton und wurde langsam heller, bis es fast die Wasserfläche mit seinem Schein erfüllte und damit seine eigene Stablampe was überflüssig machte. Hassel sah ins Wasser, um nach Meinich Ausschau zu halten, aber er konnte nirgendwo erkennen, ja noch nicht mal erahnen. Panik machte sich in ihm breit. Die war aber sofort verflogen, als das Licht von einer Sekunde zur nächsten erlosch und fast im gleichen Augenblick wieder einen fahlweißen Lichtkegel im Wasser erkennen konnte, der nach oben kam. Dann tauchte Meinich wieder auf. Hassel lief auf ihn zu, ging aber nicht ins Wasser.
„Mensch Franz, was du was getan hast?“ fragte Hassel ganz erschrocken.
„Ja, weiß ich.“ blubberte sein Freund und strich sich das Wasser aus dem Gesicht und watete aus dem Wasser. „Der Gang führt unter dem Wasser noch eine Weile weiter abwärts. Ich denke, ich hab noch erkennen können, wie der Gang ebenerdig wieder geradeaus fortführte. Ich wollte weitersuchen, als ein Licht mich blendete. Ich drehte um und versuchte wieder nach oben zu kommen. Es war grell und garantiert nicht natürlichen Ursprungs. Jemand will nicht, dass wir hier weiter vorstoßen. Für den Moment jedenfalls nicht.“ Er verließ das Wasser schließlich vollends und klammerte seine Arme um seinen Körper. „sch**** ist das kalt!“, rief er. Sein Freund Günther ist an seine Seite getreten und nahm ihm seine nasse Jacke ab. Anschließend zog er seine aus und half Meinich hinein.
„Hier, du wirst das jetzt dringender brauchen als ich und jetzt wollten wir schnellstens ins Lager zurück.“ sagte er und schaute auf seine Uhr. „Und meine Uhr sagt mir gerade, dass die Sonne so eben hinter den Bergen verschwunden ist. Jetzt wird es richtig kalt.“
„Einverstanden.“ erwiderte Franz. „Nichts wie weg.“ Auf dem Hinweg hatte Hassel bereits sorgfältig den Übergang von natürlichen Gestein zu den künstlichen Gängen hinreichend mit seiner Kamera festgehalten, so dass sie jetzt achtlos daran vorbei gingen und sich zielstrebig zum Höhlenausgang bewegten. In der großen Zentralhöhle angekommen, schalteten sie die übrigen Stablampen ab und gingen hinaus. Dieser Teil der Ausrüstung, so hatten sie kurzfristig beschlossen, sollte hier bleiben. Wieder im Lager, steckte Prof. Hassel seinen Freund sofort in seinen Schlafsack und ließ seine Sachen zum Trocknen aufhängen. Meinich zitterte am ganzen Körper und Hassel hatte Angst um ihn, die Temperaturen war nach Aussage seiner Träger und lokalen Bergführer binnen von Minuten auf unter -12°C gefallen. Franz musste sich mächtig unterkühlt haben, auch wegen der niedrigen Temperaturen in der Höhle selbst. Während also Dr. Franz Meinich in seinem Schlafsack mit dem einsetzenden Fieber rang, trotz Medikamenten, die man ihm schon verabreicht hat, schrieb Prof. Günther Hassel einen kleinen Tagesbericht an die Universität. Darin beschrieb er den Fund der Neandertalerhöhle und die Knochen, von den rechtwinkligen Zeichen und den künstlichen Gängen tief im Berg. Er erwähnte auch das Licht. Aber blieb sachlich und objektiv. Er versuchte nicht zu viel auf das was nicht sicher war zu spekulieren. Schon gar nicht und das schrieb er mit Nachdruck zum Ende hin, glaube er nicht daran, dass diese Gänge von Menschen erschaffen wurden. Die älter sein müssten als die Neandertalerskelette, weil diese hätte man mit Sicherheit entfernt. Oder woanders hingelegt, aber niemals an ihrem jetzigen Fundort gelassen. Als er mit dem Bericht fertig war, lud er ihn über einen EVA-Link, die einzige weltumspannende Kommunikationsmöglichkeit nach dem 3.Weltkrieg, direkt auf die EVA-Server der Universität. Gleichzeitig sendete er einen Antrag auf eine Forschungskampagne an seine Fakultät weiter, in der er höflich um Mittel bat, die Höhle und alle Gänge ausführlich zu erkunden. EVA verarbeitete beide Teile und leitete sie entsprechend weiter. Als ein KI-ähnliches Programm hatte sie die Inhalte verstanden und kopierte beide und schickte sie an ihre Haupteinheit in TerraSol City auf die Halbinsel Michigan. Aber bevor sie alles als abgehakt betrachten konnte, gab es einen Zugriff auf die beiden Berichte von einem von ihr nicht gern gesehenen Programm. Es kopierte den Bericht und verschwand im Netz. Die EVA-Einheit von Berlin benachrichtige die Haupteinheit, eine echte Intelligenz. Diese nahm die Verfolgung auf und konnte der Spur bis zu den riesigen Servermassenfarmen in der Stadt La Paz verfolgen, die aufgrund ihrer Höhenlage und ihrer modernen Infrastruktur heute fast nur noch aus Servern bestand, die von den unterschiedlichsten Personen, Institutionen und Staaten gemietet werden konnten. Unangenehme Fragen stellte hier niemand. Da verlor sie erst einmal die Spur. Von alle dem bekam der Verfasser des Berichtes nicht mit. Zufrieden klappte er seinen Laptop zusammen und ging schlafen. Am nächsten Morgen ging es Meinich etwas besser. Aber erst am späten Nachmittag setzte sich die Gruppe wieder in Bewegung. Sie wollten näher an die Grenze zu China und hatten auch vor diese des Öfteren zu überschreiten. Mit ihrem Ziel vor Augen verließen sie das Plateau unterhalb ihrer gefundenen Höhle und marschierten gen Nordosten davon.
Wem das Lesen hier zu anstrengend ist oder wer es unübersichtlich findet, dem sei die PDF-LaTeX-Versionen empfohlen: Wie immer sind Meinungen willkommen und spart nicht mit Kritik.