Kapitel 13
"Sieht relativ ungefährlich aus.", meldete der Sensor-Offizier an Bord der 'USC Young's Landing'. "Relativ, Lieutenant ?", brüllte Captain Scott den jungen Offizier an. "Nun ja...", antwortete der junge Offizier eingeschüchtert. "Sieht aus wie ein Frachtschiff, schwer beschädigt. Unbekannte Bauart. Es sendet ein Notsignal auf USC-Frequenz." "Möglicherweise Terraformer ?" "Negativ, Sir.", antwortete der Sensoroffizier, worauf der Captain ihn fragend ansah. "Sir, das Notsignal identifiziert das Schiff als 'AP Cayenne', ich glaube kaum, dass die Terraformer in der Lage sind, sich solche Namen auszudenken."
Der Captain brummelte etwas unverständliches in seinen Bart. "Enter-Kommando 1 und 2 los.", befahl er nach einer kurzen Bedenkpause.
Truc wartete geduldig während die Klammern des Bergungsschiffes sich um den Rumpf der Cayenne schlossen. Er leistete keinerlei Widerstand, weder als die Marines ein Loch in den Rumpf der Cayenne sprengten, noch als sie ihn gefesselt an Bord ihres Schiffes schleppten.
Etwa zwei Stunden später befand sich die 'Cayenne' sicher im Hangar der 'Youngs's Landing' und Truc saß in einer Arrestzelle. Doch er machte sich keine Sorgen. Die Männer, die ihn gefangen genommen hatten, folgten nur ihren Vorschriften. Das wusste er von seinen eigenen Einsätzen bei den Marines. Das Schiff, auf welches sie ihn gebracht hatten musste von einer neuen Bauart sein. Diese Schiffsklasse war ihm jedenfalls nicht bekannt. Aber es trug den Namen der Stadt, in welcher er geboren worden war. Truc neigte eigentlich nicht zu Aberglauben, aber das kam ihm doch irgendwie wie ein Omen vor.
"Nun, Lieutenant, wen haben wir denn da gefangen ?", wollte Cpt. Scott vom Kontaktoffizier der Marines wissen. "Menschlich, Sir.", antwortete der Marine. "Vielleicht schauen sie sich ihn besser selbst an."
"Ich hab' zu tun. Schicken Sie den Neuen runter, der Geheimdienst wird es sowieso wissen wollen.", wehrte Scott ab und verschwand in seinem Büro. Damit meinte er den jungen Lieutenant vom Geheimdienst des USC, den sie erst bei ihrem letzten Aufenthalt im Marsorbit an Bord genommen hatten. Er war frisch von der Akademie, und Scott war gespannt, wie er sich machen würde.
Der Captain der Marines, der vor Trucs Zelle stand, fragte ihm regelrecht Löcher in den Bauch. Es war kein Verhör, denn man hatte seine Identität bereits bestätigt. Es war pure Neugier. Der Captain schien richtig begeistert zu sein, fehlte nur noch, dass er ihn nach einem Autogramm fragen würde.
Da glitt plötzlich die Tür zum Zellentrakt zur Seite und ein junger Lieutenant in Marine-Uniform betrat den Raum mit einem Datenpad in der Hand. "Captain, warum ist die Zelle nicht verschlossen ?", fragte er sofort in etwas rüdem Ton. "Lieutenant, dazu besteht kein Anlass. Wir haben ihn bereits durch einen Gentest identifiziert, und unsere Testergebnisse decken sich mit seiner Aussage.", rechtfertigte der Marine sich. Mit etwas Stolz in der Stimme fuhr fort: "Lieutenant, dies ist Marine-Sergeant Jacques Vaylen, 101. Union Rangers, letztes Kommando an Bord der USC Odessa, vermisst im Einsatz seit..." Der Captain stockte plötzlich, als er sah, wie der junge Lieutenant kreidebleich wurde, während er die Worte sprach. Der junge Mann begann zu zittern und lehnte sich gegen die Wand. Schließlich ließ er sein Datenpad fallen und rannte zur Tür hinaus. Brechgeräusche waren zu hören, bevor die Tür sich wieder schloss.
Verwundert schaute der Captain einige Sekunden lang die verschlossene Tür an, bevor sich wieder fasste und sich mit der flachen Hand gegen die Stirn schlug. "Ich Idiot ! Wie konnte ich nur !", rief er aus und wandte sich zu Truc. "Sergeant, ich muss ihnen etwas sagen. Der junge Offizier gerade eben, das war... Lieutenant Frank Vaylen.", brachte er schließlich heraus. "Sind sie mit ihm verwandt ?" Truc hatte die ganze Szene mit stoischer Ruhe verfolgt. "Er ist mein Sohn.", sagte er jetzt leise. "Ihr Sohn, aber woher wissen sie... ?", wunderte sich der Captain. "Nennen Sie es Intuition."
Die 'Young's Landing' bekam den Befehl, ihre Patrouille zu unterbrechen, um ihren Gast zu Erde zu bringen. Truc wurde von Captain Scott persönlich begrüßt und bekam ein provisorisches Quartier zugewiesen. Niemand stellte ihm weitere Fragen, wahrscheinlich wollten sie das dem Geheimdienst auf der Erde überlassen.
Truc machte sich Sorgen um Frank. Er hatte einen Schock erlitten und verbrachte die ersten beiden Tage der Reise auf der Krankenstation. Auch in den folgenden Tagen wollte Frank ihn nicht sehen, doch Truc erhielt in seinem Träumen immer wieder positive Bilder. Also beschloss er, die Reise zu genießen, so gut es an Bord eines Militärkreuzers eben ging, und sich keine weiteren Sorgen zu machen.
Am Montag der zweiten Woche saß Truc in dem kleinen Freizeitbereich des Kreuzers und genoss einen echten Capuccino. Er hatte am Abend zuvor wieder meditiert, um sich über seine Träume klar zu werden und hatte dann sehr lange geschlafen. Er hatte sich noch nicht ganz an den irdischen Tagesablauf gewöhnt. Er setzte sich gerade mit seiner zweiten Tasse Capuccino wieder hin, als Frank sich wortlos zu ihm an den Tisch setzte. Truc war irgendwie erleichtert, obwohl sie beide nur schweigend da saßen. Die übrigen Mannschaftsmitglieder schienen Bescheid zu wissen und umgingen den Tisch weiträumig. Über eine halbe Stunde saßen sie sich schweigend gegenüber. Sie betrachten das leere All, dass man durch kleine Fenster an Steuerbord sehen konnte, und dann und wann musterten sie sich auch gegenseitig.
Frank war ca. 1,80 groß, schlank, und hatte dunkle Haare wie sein Vater. Seine Haut war blasser, denn er hielt sich vorwiegend auf Raumschiffen auf. Truc erkannte Ähnlichkeiten mit Monica an ihm, aber auch Ähnlichkeiten mit sich selbst. Natürlich war er nicht so groß wie er, denn er war ja auf der Erde aufgewachsen.
"Mom ist tot.", sagte Frank unvermittelt. Truc nickte langsam. "Ich weiß.", antwortete er. "Du weißt ?" "Ja, ich habe von ihr geträumt." Wieder vergingen lange Minuten das Schweigens. "Sie liegt in Montreal begraben.", meinte Frank schließlich und schob seinem Vater eine Chipkarte über den Tisch zu. Dann stand er auf und verschwand.
Die Chipkarte enthielt einen Brief von Monica. Truc brachte es die nächsten paar Tage nicht fertig, ihn zu öffnen. Frank hatte seinen Dienst wieder aufgenommen und Truc sah ihn kaum noch. Er wollte ihn auch nicht bedrängen, daher verbrachte er viel Zeit mit Meditation vor dem Bild der näherkommenden Erde auf dem Schirm in seinem Quartier.
Er bewunderte den blauen Planeten. Keine Welt würde ihm jemals das selbe Gefühl von Heimat geben können, nicht einmal der Mars. Und je näher er kam, desto schöner wurde er.
Dann konnte Truc den Mond sehen. Nur vage waren die Lichter der Siedlungen zu erkennen. Näher an der Erde waren reger Schiffsverkehr und zahlreiche Raumstationen zu beobachten. Die 'Young's Landing' hielt Kurs auf Port Wang und machte sich bereit zum andocken. Als der Kreuzer auf den riesigen Ausleger zuschwebte, war Truc bereits auf dem Weg zur Schleuse, wo er von zwei Militärpolizisten empfangen wurde. Frank war zu seinem Bedauern nicht gekommen.
*Anmerkung*
Den Ring um die Erde habe ich weggelassen. Ich habe schon zu X2-Zeiten mit dem Schreiben dieser Geschichte angefangen. Ich habe die Geschichte später an die Geschichte von X3 angepasst. Da ich nicht weiß, wozu dieser Ring gut sein soll, habe ich beschlossen, ihn wegzulassen. Wer möchte, kann ihn sich ja dazudenken
